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Armenische Pferdemedizin im Orient und Okzident

Presseinformation der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) vom 6. Mai 2021

Wie hat in der Pferdemedizin der Wissenstransfer zwischen Orient und Okzident an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit funktioniert? Das wird Österreichs einzige habilitierte Armenologin Jasmine Dum-Tragut von der Universität Salzburg mit einem internationalen und interdisziplinären Team in den nächsten vier Jahren anhand mittelalterlicher armenischer Pferdebücher, die in andere Sprachen übersetzt wurden, untersuchen. Dum-Tragut ist auch ausgebildete Pferdewissenschaftlerin. Das Projekt wird vom Wissenschaftsfonds FWF mit über einer halben Million Euro gefördert.

Im Zentrum des Projekts stehen zwei armenische Pferdeschriften. Die eine ist zwar verloren gegangen, aber ihre Existenz ist durch eine Notiz in einem anderen Manuskript bekannt. Die andere ist Teil eines medizinischen Manuskripts aus dem 16. Jahrhundert, das 2008 wiederentdeckt wurde. „Ausgehend von diesem völlig unerforschten medizinischen Manuskript verzweigt sich das Projekt, um die Wissensübertragung zwischen dem christlichen Westen und dem muslimischen Osten an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit zu erfassen“, sagt Jasmine Dum-Tragut, Leiterin des Zentrums zur Erforschung des Christlichen Ostens (ZECO) an der Paris Lodron Universität Salzburg, und ergänzt „Der Vergleich des armenischen Pferdebuchs mit seinem Input – den antiken europäischen und muslimischen arabisch-persischen Quellen – und seinem Output – die Übersetzungen ins Arabische und Georgische und die späteren armenischen Abhandlungen – ermöglicht es, Wissenstransfer als Ergebnis intensiven kulturellen Kontakts in einer geographisch begrenzten Region nachzuvollziehen.“

Das armenische Manuskript biete die einzigartige Möglichkeit die Reise eines materiellen Kulturerbes von Kilikien (1298), über Sivas im Osmanischen Reich (1504), Tiflis im Georgischen Königreich (1791), Isfahan im Iranischen Reich (19. Jahrhundert) bis zu seinem endgültigen Bestimmungsort, der armenischen Hauptstadt Jerevan (2008), zu verfolgen. Und dabei seine Rolle als immaterielles Kulturerbe zu beleuchten.

„Das Projekt ist nicht zuletzt auch eine umfassende Studie zu einem spezifischen Kulturerbe, das den bisher wenig untersuchten geographischen Raum am Schnittpunkt von Ost und West, von Islam und Christentum, von Mittelalter und Früher Neuzeit erschließt“, so Dum-Tragut. Dafür werden u.a. projektspezifische Handschriften aus aller Welt analysiert und digitalisiert. Die Arbeit mit digitalisierten Handschriften soll wesentlich zu den Digital Humanities an der Universität Salzburg beitragen.

„Meeting in the Body of the Horse. Cultural transfer and knowledge transmission between Christian West and Muslim East in late medieval Armenian horse books“ – so der Name des Projekts – bringt   außergewöhnlich viele Wissenschaftsdisziplinen zusammen, sowohl aus den Geistes- als auch aus den Naturwissenschaften. Im Team von Dum-Tragut, die auch in Person als Armenologin, Pferdewissenschaftlerin  (Vetuni Wien) und Linguistin die Verbindung mehrerer Wissenschaftsdisziplinen verkörpert, werden Forschende aus den Fächern Arabistik, Kaukasologie, Kodikologie (Handschriftenkunde), Geschichte der Veterinärmedizin und Cultural Heritage Studies vertreten sein.

Mit dem Projekt werden die Armenischen Studien in Salzburg (die einzigen offiziellen in Österreich) zusätzlich gefestigt.

Foto von der ZECO Gruppe in Armenien vor 10 Jahren, kurz nach der Entdeckung der Handschrift. v.li.n.r.: Aho Shemunkasho, Diliana Atanassova, Jasmine Dum-Tragut, Dietmar Winkler | © privat
Foto von der ZECO Gruppe in Armenien vor 10 Jahren, kurz nach der Entdeckung der Handschrift. v.li.n.r.: Aho Shemunkasho, Diliana Atanassova, Jasmine Dum-Tragut, Dietmar Winkler | © privat
Foto: Jasmine Dum-Tragut in ihrer Pferdebox | © privat
Foto: Jasmine Dum-Tragut in ihrer Pferdebox | © privat

Kontakt

Univ.-Doz. Dr. Dr. h.c. Jasmine Dum-Tragut Bakk. rer. nat. | ZECO Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens – Leiterin
Armenische Studien | Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS)
Mönchsberg 2A | A-5020 Salzburg
t: +43 662 8044 2691 | FAX +43 662 8044 2690 | E-Mail:

Bild aus der zentralen armenischen Pferdehandschrift aus dem Beginn des 16. Jh. (Matenadaran Codex M11197) | © privat

Foto: Bild aus der zentralen armenischen Pferdehandschrift aus dem Beginn des 16. Jh. (Matenadaran Codex M11197) | © privat