Salzburger Forschung im Kampf gegen Krebs: Wie Furin-Hemmstoffe Krebszellen stoppen könnten
Viele Tumorzellen und Krankheitserreger nutzen die molekulare Schere Furin, um Eiweiße nach Bedarf zu aktivieren. Eine gezielte Hemmung von Furin gilt daher als vielversprechender Ansatz gegen Krebs und Infektionskrankheiten. Im menschlichen Körper existieren über 700 molekulare Scheren, die für lebenswichtige Zellfunktionen notwendig sind und Furin teilweise stark ähneln.
Wie kann es gelingen unter der Vielzahl ähnlicher Proteinscheren ausschließlich Furin zu blockieren? Wissenschaftler*innen der Universitäten Salzburg und Marburg haben den Aktivierungsmechanismus von Furin auf atomarer Ebene studiert. Furin muss selbst erst aktiviert werden, bevor seine Klingen scharf sind. Durch Protein-Engineering ist es gelungen gezielt einen Hemmstoff zu entwickeln, der wie eine hochpräzise Schutzkappe ausschließlich auf Furin passt.
Diese Studie wurde im Fachjournal Nature Communications (DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-63479-y) veröffentlicht.
In unseren Zellen werden viele Eiweiße auf Vorrat in inaktiver Form als „Proproteine“ produziert und können dann bei Bedarf rasch aktiviert werden. Die Aktivierung wird durch spezielle „Scheren-Proteine“ bewerkstelligt, den sogenannten Proprotein-Convertasen. Diese molekularen Scheren wirken wie Schalter, die andere Eiweiße zur richtigen Zeit und am richtigen Ort einschalten – eine Grundvoraussetzung für geordnete Zellfunktionen.
In Tumorzellen findet sich die Proprotein-Convertase Furin häufig in erhöhter Menge. Dadurch kann die Aktivität bestimmter Eiweiße außer Kontrolle geraten und so unkontrolliertes Wachstum und Metastasierung fördern. Auch zahlreiche gefährliche Viren kapern Furin für die Reifung ihrer eigenen Eiweiße.
„Mit spezifischen Hemmstoffen ließen sich die Aktivität von Furin drosseln und damit viele Krebs- und Infektionserkrankungen besser behandeln“, erklärt Sven Dahms, Projektleiter an der Universität Salzburg, und ergänzt: „Um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, dürfen Furin-Hemmstoffe jedoch keine anderen Proprotein-Convertasen beeinträchtigen – eine enorme Herausforderung aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit.“
Das Team entwickelte eine neue Strategie, um Hemmstoffe selektiv zwischen den Scheren-Eiweißen unterscheiden zu können. Furin wird in der Zelle zusammen mit einer Pro-Domäne gebildet – einer Art natürlicher Verriegelung der Schere, die im Zuge der Aktivierung entfernt wird. Dieser Prozess wurde mithilfe von Röntgenkristallographie im atomaren Detail untersucht. Auf Basis dieser Erkenntnisse formten die Forschenden die natürliche Verriegelung zu einem effektiven Hemmprotein um und erweiterten es um ein zusätzliches Erkennungselement, das nur auf Furin passt. Das Resultat wirkt wie eine Sicherungskappe mit exakter Passform exklusiv für die Schneide der Furin-Schere – aber nicht für verwandte Scheren-Proteine.
Dass die neuen Hemmstoffe im Labor fähig sind, die Vermehrung eines Vogelgrippevirus in Lungenzellen effektiv zu blockieren, konnte bereits gezeigt werden. Rupert Klaushofer, Erstautor der Studie erläutert: „Wir erwarten insbesondere auch, dass unsere maßgeschneiderten molekularen Hemmstoffe eine deutlich verbesserte Sicherheit für therapeutische Anwendungen bieten könnten.“ „Aufgrund unserer Erkenntnisse ist es zudem möglich, Furin in biologischen und klinischen Proben hochsensitiv nachzuweisen“, ergänzt Hans Brandstetter, Leiter der AG Strukturbiologie an der Universität Salzburg.
Die Studie „Structural insights into proprotein convertase activation facilitate the engineering of highly specific furin inhibitors” ist in der Zeitschrift Nature Communications am 2. September 2025. DOI: 10.1038/s41467-025-63479-y erschienen und wurde vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert.
Autor*innen: Rupert Klaushofer, Konstantin Bloch, Luisa Susanna Eder, Simone Marzaro, Mario Schubert, Eva Böttcher-Friebertshäuser, Hans Brandstetter und Sven O. Dahms

Kontakt:
Dr. Sven O. Dahms
Fachbereich Biowissenschaften und Medizinische Biologie | Hellbrunner Straße 34 | 5020 Salzburg
Tel.: +43 662 8044-7277
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