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Veröffentlicht am
Dezember 1, 2025
Letzte Aktualisierung: Dezember 4, 2025

Street Art als Aufgabe und Chance für die Public History

Interdisziplinäre Tagung an der Universität Salzburg in Kooperation mit der Universität Mozarteum Salzburg

Donnerstag, 8. Januar und Freitag, 9. Januar 2026 | UNIPARK | Erzabt-Klotz-Straße 1 | 5020 Salzburg | Austria
Anmeldung zur Teilnahme bis zum 15. Dezember 2025 per Mail an .

Wie aktuell am russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine ersichtlich wird, manifestieren sich lokale, nationale und globale Geschichtsbilder auch in Form von Street Art, also selbstautorisiert angebrachten Zeichen im öffentlichen Raum wie etwa Wandbilder, Sticker, Poster, Tags etc. – ein Phänomen, das keineswegs neu ist. Die Ursprünge der modernen Street Art (Graffiti lassen sich archäologisch bereits im Alten Ägypten nachweisen) liegen in den USA und hier insbesondere in New York City ab den 1960er-Jahren. Insofern überrascht es, dass Untersuchungen zur Street Art im Feld der Public History bislang ein weitgehendes Forschungsdesiderat geblieben sind.

Akteur*innen der Street-Art nehmen in ihren Werken häufig auf die Vergangenheit Bezug. Die Formen, die Geschichtsdarstellungen dabei annehmen, sind so vielfältig wie die Street Art selbst. Sie reichen von riesigen Wandgemälden an den Fassaden besetzter Häuser, an denen etwa die Geschichte der Repression des türkischen Staates gegen die kurdische Autonomiebewegung dargestellt wird, bis hin zu wenige Quadratzentimeter großen Stickern der „Identitären Bewegung“ mit geschichtsikonischen Darstellungen und der Aufschrift: „Prinz Eugen, Leonidas, Karl Martell – Do it again!“ (also dem Versuch, eine historische Kontinuität der europäischen Abwehr gegen die arabische, persische und osmanische Expansion und heutiger Anti-Migrationspolitik zu argumentieren). Street Art wird in diesem Kontext daher als gezielt gesetzte geschichtskulturelle Manifestation in der Öffentlichkeit verstanden. Sie spiegelt Vergangenheit nicht rein passiv wider, sondern prägt durch die Art und Inhalte ihrer Geschichtsdarstellung auch aktuelle Deutungen und Wahrnehmungen von Vergangenem mit und zeugt damit von agency im öffentlichen Raum.

Wie und inwiefern die Geschichte(n), die Street Art verhandelt, auch als solche für die Öffentlichkeit erfahrbar, lesbar und damit kritisierbar sind, ist eine Frage, die nicht nur aus Sicht der politischen Bildung und der Geschichtsdidaktik, sondern auch für die Kunstpädagogik und die Visual Culture Studies von Interesse sind. Street Art stellt eine Ausdrucksform dar, die nicht nur ästhetisch, sondern auch mit Blick auf die Kommunikations-, Wirkungs- und Aussagekraft von Bildern Spannungsfelder eröffnet.

Als gesellschaftlich Handelnde nehmen Akteur*innen der Street Art in der Öffentlichkeit spezifische Perspektiven auf historische Ereignisse ein und formulieren durch ihre visuellen (und teilweise auch textuellen oder multimodalen) Äußerungen Kommentare zu diesen. Sie tragen damit Interpretationen der Vergangenheit als ästhetisch ausgestaltete Geschichte an die Öffentlichkeit heran, die nicht vorrangig kognitiv verhandelt wird, wie etwa in Geschichtsbüchern oder Ausstellungen. Zudem spielt nicht nur die jeweilige Perspektive auf die Vergangenheit eine Rolle, sondern auch die Art und Weise der Darstellung und ihre sozialräumliche Positionierung. Stile und Ästhetiken unterscheiden sich teilweise sehr stark. Auch differieren die Orte der Begegnung, die durch die Platzierung der Murals, Stencils, Throw Ups etc. geschaffen werden. Stellungnahmen zu historischen Ereignissen in der Form von Street Art können groß, bunt und schreiend und damit für viele sehr offensichtlich sein; sie können aber auch klein, subtil und damit eher unscheinbar, vielleicht sogar schwer auffindbar sein. Insofern ist es für die Frage nach der Wirkung, aber auch der Vermittlung von Perspektiven auf historische Ereignisse sowohl aus geschichtsdidaktischer als auch aus kunstpädagogischer Sicht von Interesse zu fragen, wie sich diese Stile, Ästhetiken und Orte der Begegnung einordnen und verstehen lassen.


Programm

Ort: UNIPARK Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 1, 5020 Salzburg, Raum 2.138 (2. OG)

Donnerstag, 8. Januar 2026

  • 13:00–13:30 Willkommen
  • 13:30–14:00 Begrüßung und Inhaltliche Einführung durch das Organisationsteam
  • 14:00–15:20 Panel 1 – Fallbeispiele 1

Moderation: Iris Laner

    • Cord Arendes: Vom Roten Tor zum Stricktor. Eine Plastik im öffentlichen Raum zwischen Kunst und Street Art
    • Gabriella Cianciolo Cosentino: Die Leichtigkeit der Street Art und das Gewicht der Geschichte: WASTA als Experiment
  • 15:20–16:00 Pause
  • 16:00–17:20 Panel 2 – Fallbeispiele 2

Moderation: Christoph Kühberger

    • Robert Obermair: Regenbögen an der Wand: Überraschende Erinnerungszeichen an die Befreiung 1945
    • Laura Szentivanyi: Rewriting Monuments: Murals als postkoloniale Erinnerungspraxis in Namibia
  • 17:30–19:00 Rundgang Street Art
  • 19:15 Gemeinsames Abendessen für Referent*innen

Freitag, 9. Januar 2026

  • 9:00–11:00 Panel 3 – Archiv und Dokumentation

Moderation: Robert Obermair

    • Elena Korowin/Burkhard Krüger: Zwischen Street Art und „Feed Art“ – Glokale Bildstrategien seit der russischen Invasion in der Ukraine
    • Carola Ureta Marin/Nicole Garretón: Die Stadt als Archiv. Ein virtueller Spaziergang durch die Erinnerung an eine soziopolitische Krise in Chile
    • Veronica Bremer: Durch die Wände hindurchsehen: Co-Kuration, Erinnerung und der Campus als Leinwand in der Street-Art-Pädagogik
  • 11:00–11:30 Pause
  • 11:30–13:30 Panel 4 – Historische und ästhetische Perspektiven

Moderation: Matthias Weiß

    • Ulrich Blanché: Der verschärfte Ort – erste Public History-Ansätze in früher Street Art in Frankreich
    • Anton Polsky/MAKE: Die Ästhetik der Gosse: Street Art als kritische Intervention in postsozialistischen Städten
    • Julia Brunner: Rest in Power – Memorial Graffitis und ihre politische Dimension
  • 13:30–14:30 Mittagspause
  • 14:30–16:00 Poster Session mit Studierenden des Fachbereich Geschichte und des Mozarteum Salzburg
  • 16:00–17:00 Informelles Abschlussgespräch

Organisationsteam:

Univ.-Prof. Dr. Christoph Kühberger
Univ.-Prof.in Dr.in Iris Laner
Univ.-Ass. Mag. Dr. Robert Obermair
Univ.-Prof. Dr. Matthias Weiß

Plakat Streetart Zuschnitt

Dr. Robert Obermair

Universität Salzburg | Geschichte

Rudolfskai 42 | 5020 Salzburg | Austria

Tel: +43 662 8044-4740

E-Mail an Dr. Robert Obermair

Fotoquelle: © Robert Obermair