FWF-Forschungsprojekt „Die Tagesgebete der Adventszeit im Missale Romanum 1970“

Grant-DOI: 10.55776/PAT6503224

Projektlaufzeit: 01.05.2025 bis 30.04.2028

Projektmitarbeiter: Florian Mayr

Zu den aufgrund ihrer Kürze häufig wenig beachteten, jedoch sehr charakteristischen Texten der römischen Liturgie zählen die Tagesgebete, mit denen der Eröffnungsteil der Messe schließt. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Prägnanz und Verdichtung theologischer Inhalte, zugleich auch durch weitreichende rhetorische Stilisierung aus. Das Repertoire an Tagesgebeten im derzeit aktuellen, im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erneuerten, lateinischen Messbuch (1970; 3. Ausgabe 2002/2008) schöpft weithin aus den ältesten liturgischen Handschriften, die im frühen Mittelalter abgeschrieben wurden. Im Zentrum des Projekts stehen die 29 lateinischen Tagesgebete des Advent, in denen sich das Profil dieser Kirchenjahreszeit abzeichnet. Die einzelnen, überwiegend in der Spätantike entstandenen Gebete werden zunächst eingehend philologisch-theologisch kommentiert. Auf dieser Basis wird im Rahmen einer Orationen-Synopse unter Einbeziehung der für die jeweiligen Tage vorgesehenen Schriftlesungen die inhaltliche Struktur des Advent erarbeitet. Da erst seit der jüngsten Liturgiereform jeder Wochentag des Advent über ein eigenes Messformular verfügt, wurde die Zahl der im Missale Romanum enthaltenen Adventsorationen gegenüber der seit dem Hochmittelalter maßgeblichen Tradition erheblich vermehrt. In einem dritten Arbeitsschritt soll daher anhand der Akten der Liturgiereform erhoben werden, nach welchen Kriterien die Tagesgebete aus den Quellen ausgewählt, allfälligen Bearbeitungen unterzogen und über die Adventszeit verteilt wurden. Damit soll auch erforscht werden, wie ein bestimmter Abschnitt des Kirchenjahres – konkret: der Advent – (neu-)konzipiert wurde. Derartige Detailuntersuchungen zu den Hintergründen der erneuerten Liturgie des Kirchenjahres fehlen bislang ganz.

Über die bisher beschriebenen philologisch-theologischen und liturgiehistorischen Aspekte hinaus adressiert das Projekt ein Thema von hoher Aktualität: Am Beispiel der Adventsorationen soll auch die Frage nach Merkmalen und Funktionsweisen sakraler Sprache erörtert werden. Dabei bleibt der Blick nicht auf die lateinischen Texte beschränkt; vielmehr geht es auch um ihre Übersetzung im deutschsprachigen Messbuch. Die übersetzungstheoretischen Grundlagen der volkssprachigen Ausgaben liturgischer Bücher wurden seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil seitens der zuständigen vatikanischen Instanzen mehrfach revidiert. Im Sommer 2024 haben nun die Arbeiten an einer neuen Ausgabe des deutschen Messbuchs begonnen. Vor diesem Hintergrund rückt die Kriteriologie liturgischer Gebetssprache neu in den Fokus der Aufmerksamkeit.