Mein Auslandssemester in den Niederlanden


Mein Auslandssemester in den Niederlanden

In meinem vorherigen Beitrag habe ich euch über das „Buddy-sein“ erzählt und wie es ist, internationalen Studierenden zu helfen, sich in Salzburg zurecht zu finden. Ein Erasmus-Buddy zu sein machte mir Lust auf mehr Internationales – daher musste mein eigenes Auslandssemester her. Wohin es gehen sollte? In die Niederlande. Die richtigen Kurse finden, sich von einer fremden Stadt verzaubern lassen, aber auch Familie und Freunde daheim zurücklassen: das sind alles Problematiken, denen man sich stellen muss. Ob mein „perfect-English Buddy“ und ich diesen Herausforderungen gewachsen waren und ob wir sie meistern konnten, möchte ich euch hier berichten. Wie würdet ihr diese Challenge angehen?

Herausforderung 1: Finde die Stadt, die dich in ihren Bann zieht.

Knapp einen Monat nachdem meine lettischen Freundinnen Salzburg verließen, ging ich mit meinem „perfect-English Buddy“ Philippa zu Frau Loibichler (Sekretariat Prof. Rainer), um mich über diverse Auslandsmöglichkeiten zu informieren.
Wenn ich jetzt an meine Schulzeit zurückdenke, so war ich damals über die Maßen aufgeregt, als eine Klassenkollegin für ein halbes Jahr nach Costa Rica ging. Obwohl ich bereits zu dieser Zeit an einem Schüleraustausch teilnehmen wollte, zögerte ich der Liebe wegen. Immerhin scheint man mit 16 noch zu glauben, dass die Welt untergeht, wenn man nur ein paar Wochen von seinem festen Freund und seinem Freundeskreis getrennt ist. Aber meine Klassenkollegin, die nach Costa Rica ging, hat mich eines Besseren belehrt. Selbst in der Schule hatte sie nicht viel verpasst, als sie zurückkam. Ich war derart neidisch, als sie mir von all ihren Erlebnissen erzählte, dass ich beschloss, mir diese Chance im Studium auf keinen Fall entgehen zu lassen.

Besondere Anforderungen an die Traumstadt im Ausland

Philippa und mir war schnell klar, dass unser Auslandssemester in Mittel- oder Nordeuropa sein müsse. Spanien, Italien oder Frankreich kam für uns nicht in Frage:

  1. Erstens wegen unserer Abneigung gegenüber Französisch bzw. Spanisch (noch aus Schulzeiten).
  2. Zweitens weil wir beide mit unserer sehr hellen Haut nicht für die mediterrane Sonne geschaffen sind. Es macht einfach keinen Spaß, wenn man die Wahl zwischen krebsroter Haut und permanentem Sonnencremegeruch (Sonnenschutzfaktor 1.000 – naja etwas übertrieben, aber ehrlich unter Faktor 50+ geht’s nicht…) hat. Wir wollten nicht ein Semester lang als Vampire von Schatten zu Schatten springen.

Daraufhin hat uns Frau Loibichler die Städte Groningen in den Niederlanden und Antwerpen in Belgien empfohlen. Als wir uns abends dann online Fotos von Groningen anschauten, waren Philippa und ich wie verzaubert! Diese Stadt MUSSTE es werden. Schnell verliebten wir uns in die kleinen Kanäle, weitläufigen Parks und alten Gebäude der Hansestadt. Kurze Zeit später standen wir auch schon mit unseren Bewerbungen, Anträgen und all den nötigen Dokumenten im Internationalen Büro. Wenige Monate vor Reisebeginn erfuhren wir dann, dass wir insgesamt drei Studentinnen von unserer Fakultät sein würden, die im gleichen Semester ein Auslandssemester in den Niederlanden an der Hanze University of Applied Science in Groningen absolvieren.

Im Februar 2017 war es dann so weit: Endlich begann unser Auslandssemester in der neuzeitlichen Studentenstadt im Norden der Niederlande!

Mein Auslandssemester in den Niederlanden

Herausforderung 2: Lerne deine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner sowie deine Studienkolleginnen und -kollegen kennen.

In Groningen lebten wir uns schnell ein. Wir wohnten alle drei im selben Studentenheim, dass wie eine WG aufgebaut war: 15 Einzelzimmer, eine geteilte Küche sowie ein geteiltes Badezimmer und Toiletten. Wunderschön oder neu war das Studentenheim zwar nicht, aber sowohl die Lage als auch die Mitbewohner und Mitbewohnerinnen waren (großteils) einfach fabelhaft.  Bereits in der ersten Woche entwickelten sich die ersten Freundschaften. Unsere niederländischen Studienkolleginnen und -kollegen brauchten scheinbar etwas länger, um aufzutauen, doch nach dem dritten und vierten gemeinsamen Koffie lernten auch wir uns kennen.

Jede*r kochfreudige WG-Bewohner*in brachte sich im Laufe des Semesters kulinarisch ein. Zu den Veranstaltungen, die allein unser Korridor hervorbrachte, zählten

  • ein Greek dinner, mit irgendeinem Eintopf nach dem Rezept der Großmutter und mit VIEL Olivenöl und Tzaziki,
  • ein großes Asian dinner, wo ich ausnahmslos kein einziges der vorgestellten Gerichte vorher je gegessen hatte sowie
  • die Einführung des „Schnitzel-Thursdays“ – jeder zweite Donnerstag im Monat ist Schnitzeltag!

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Herausforderung 3: Lerne den Charme deiner Stadt lieben oder lerne zumindest damit zu leben.

Bereits nach zwei Monaten verzehrten wir uns innerlich nach einem Leberkässemmerl, Früchtetee und heimischen Brot. Obwohl die nette Flughafen-Security meinen Freund kritisch beäugte, als dieser mit einem riesigen Sackerl voll Tee das Flugzeug nach Amsterdam besteigen wollte, schaffte es der Früchtetee schlussendlich doch noch zu mir. Der Leberkäse musste leider in Salzburg bleiben.

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Etwas wehmütig über die fehlenden heimischen Gerichte probierten wir das Loch in unserem Herzen mit örtlichen Spezialitäten zu füllen:

Kibbeling – frittierter Kabeljau mit Knoblauchsauce. Unser Lieblingssnack am Markt.

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Stroopwafel – zwei dünne Waffeln mit Karamell-Sirup in der Mitte

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Die Fahrrad-Hauptstadt

In der „Fahrrad-Hauptstadt“ Groningen ist ein gutes Fahrrad das „Non-Plus-Ultra“. Hier habe ich für euch die Top 3 der kuriosesten Erlebnisse mit Fahrrädern während meines Auslandssemesters in den Niederlanden:

  1. Fahrrad = Packesel: Täglich sahen wir unzählige Einheimische mit unvorstellbar zugepackten Rädern. Neben Beifahrer*in samt hinten nachziehenden Rollkoffer oder Möbeleinkäufen, sahen wir sogar einmal einen Radfahrer mit einem Kühlschrank am Gepäckträger. Zugegebenermaßen hatte ich jedoch selbst nach ein paar Wochen damit angefangen, meinen Wocheneinkauf auf dem Gepäcksträger hinter mir zu stapeln.
  2. Fahrrad-Highways: Wenn man selbst auf dem Rad unterwegs ist, fällt einem schnell die große Zahl an Fahrradwegen auf. Es scheint, als ob in dieser Stadt mehr Verkehrsfläche für Fahrräder verwendet wird als für Autos. Begibt man sich jedoch zu Fuß von A nach B, erlebt man beim Überqueren von Radwegen wahre Angstszenarien. In der Straßen-Hierarchie ist man als Fußgänger*in nämlich ganz unten – noch hinter Rädern, Autos, Booten und jedem anderen Fortbewegungsmittel.
  3. Fahrrad – Diebstahl: Bei so einer Vielzahl an Drahteseln ist es leider kein Wunder, dass etliche davon gestohlen werden. Daher lernten wir und unsere WG-Kolleginnen und Kollegen schnell, dass man sein Fahrrad immer doppelt absperren muss. Bereits am Welcome Day unserer Universität erzählte ein kanadischer Professor einen Witz darüber, dass man nach sieben Fahrrädern, die einem gestohlen wurden, auf Grund von ausreichender Integration die niederländische Staatsbürgerschaft angeboten bekommt.

Hierzu noch ein letzter Tipp: Vergiss auf keinen Fall, wo das Fahrrad geparkt ist. Die Nacht in den Bars und Clubs der Studentenstadt endet sonst tragisch in einer endlosen Suche nach deinem Rad.

Herausforderung 4: Finde spannende Kurse an der Universität!

Genauso wichtig wie die richtige Stadt, sind auch die richtigen Kurse an der Universität. An der Hanze UAS gab es ein kompaktes Programm („International Law, a practical approach“) zu europäischen und internationalem Recht, welches wir uns komplett anrechnen lassen konnten. Am Programm nahmen zur einen Hälfte internationale, zur anderen Hälfte niederländische Studierende teil. In kleinen Projektgruppen mussten wir die Theorie der Kurse an Hand von Fällen praxisbezogen anwenden. Beispielsweise mussten wir eine Entscheidung über Staatsbeihilfen aus Sicht der Europäischen Kommission schreiben oder einen Gesetzesentwurf vorbereiten. Im Rahmen des Programms waren wir zudem auf Exkursion in Den Haag beim Jugoslawien Tribunal der Vereinten Nationen sowie in Straßburg/Frankreich beim Europäischen Parlament. Mein persönliches Highlight war der Besuch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Schon in den Wochen vor unserer Reise befassten wir uns sehr intensiv mit einem komplexen Fall, zu welchem wir vor Ort in Straßburg das „Grand Chamber Hearing“ dazu verfolgen durften.

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Herausforderung 5: Komm heim und lebe damit, dass das Semester vorbei ist!

Meine fünf Monate in den Niederlanden vergingen wie im Flug. Ende Juni ging es für uns zurück nach Hause. Dort angekommen stellte sich das Gefühl ein, meine vergangenen Erasmus-Buddys nun besser verstehen zu können, auch wenn es sehr schwer zu beschreiben ist. Denn während unseres Auslandssemesters in den Niederlanden wurde Groningen für uns zu einer zweiten Heimat. Nicht überraschend, dass ich mir den gesamten Sommer über schwer tat, von meinem Erasmus-Höhenflug wieder zurück in den Alltag zu finden. Ein Phänomen, das ich, wie sich während Gesprächen zeigte, mit vielen anderen Studierenden teilte. Somit werde ich auch heute noch nostalgisch, wenn ich „Shape of You“ oder „Despacito“ höre (niederländische Songs wie „Drank & Drugs“ werden wohl nie im Radio gespielt), Tzaziki nach dem Rezept meines WG-Kollegen zubereite oder mit dem Fahrrad zur Universität fahre.

Kleine Aufmunterung: Kopf hoch, die Welt dreht sich weiter!

Ein Satz, der bei den vielen Verabschiedungen in Groningen fiel und sich für mich definitiv bewahrheitet hat: Es handelt sich nicht um ein „Auf Wiedersehen“, sondern um ein „Bis bald“! 😉

Mein Auslandssemester in den Niederlanden

Wenn ihr nun Lust auf euer eigenes Auslandsabenteuer bekommen habt, informiert euch am besten über die Möglichkeiten an  euerem Fachbereich.

Wenn ihr euch darüber hinaus fragt, wie dass alles mit eurem Liebsten oder eurer Liebsten funktionieren soll, hat Anna K. ein paar Tipps  für euch. 

Eure Fabia

 

Bilder: Redakteurin

 

P.S.: Um euer Auslandssemester eurer Familie und Freundeskreis näher zu bringen, ist es nett, ein Fotobuch zu gestalten oder eine YouTube-Playlist zu erstellen.

YouToube-Video Credits: uploaded by Ashley Joseph, produced by STREETFILMS.