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Trotz Trockenheit zu guten Ernteerträgen. 400.000 Euro für Salzburger Pflanzenforscher

Der Salzburger Biologe Gerhard Obermeyer hat vom FWF Wissenschaftsfonds knapp 400.000 Euro für ein Pollenforschungs-Projekt erhalten, das einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Sicherung der Ernteerträge von Nahrungspflanzen leistet.

Obermeyer untersucht, wie der Pollen während der hochsensiblen Phase der Befruchtung mit Trockenstress umgeht. Auf der Basis dieser Erkenntnisse will das Team um Prof. Obermeyer Marker für eine gezieltere Züchtung von trocken-resistenten Pflanzen identifizieren. Wegen des Klimawandels wächst die Bedeutung von trocken-resistenten Pflanzen kontinuierlich.

Neueste Erkenntnisse zur Pollenforschung sind auch in dem vor kurzem von Gerhard Obermeyer und José Feijó herausgegebenen Buch „Pollen Tip Growth“ (Verlag Springer Nature) zusammengefasst. International führende Pflanzenforscher zeigen darin außerdem Perspektiven auf, wie aktuelle Forschungsergebnisse in der Pflanzenproduktion angewendet werden können.

Der Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung bedrohen die globale Nahrungsproduktion. Mehr Hitzeperioden bedeuten weniger Ernteerträge. Für einige der weltweit wichtigsten Getreidesorten wie Mais und Weizen befürchten Experten einen Rückgang von rund 15 Prozent. Dabei ist nicht unbedingt die Hitze das größte Problem, sondern die damit verbundene Trockenheit. Setzt der Trockenstress den Pflanzen besonders während der kurzen Phase der Befruchtung zu, sind Ernteeinbußen vorprogrammiert, erklärt der Pflanzenforscher Gerhard Obermeyer vom Fachbereich Molekulare Biologie der Universität Salzburg.

„Man kann oft folgendes beobachten: Obwohl viele Pflanzen Trockenperioden während ihres Wachstums gut überstehen und gesund ausschauen, bilden sie viel weniger Früchte und Samen. Der Grund dafür liegt im Pollen bzw. im Befruchtungsvorgang durch den Pollen. Dieser Prozess dauert nur zwei bis drei Tage. Aber während dieser Zeit reagiert der Pollen extrem empfindlich auf Trockenstress. Noch ist nicht genau erforscht, welche molekularen Prozesse dabei ablaufen. Wir wollen sie in unserem neuen Projekt aufklären.“

Bei der Befruchtung muss ein Pollenkorn einen Pollenschlauch bilden, der durch das Gewebe des Stempels zur Eizelle wächst und dort die Spermien für die Befruchtung freisetzt. Auf dem Weg zu den Eizellen nimmt der Pollenschlauch ständig Wasser auf, um in die Länge zu wachsen, bei großen Blüten sind das über 10 cm. „Physikalisch kann der Pollenschlauch aber nur Wasser aufnehmen, wenn er ein kleineres Wasserpotential hat als das umliegende Stempelgewebe. Ist die Pflanze nun einem Trockenstress ausgesetzt, dann wird das Wasserpotential der Mutterpflanze immer kleiner, sodass bald kein Wasser mehr in den Pollenschlauch fließen kann. Dann gibt es kein Pollenschlauchwachstum, keine Befruchtung und keine Ernte.“

Im April 2017 hat Obermeyer mit seiner Arbeitsgruppe „Molekulare Pflanzenbiophysik und Biochemie“ die Erforschung der molekularen Prozesse im Pollen mit einem Projekt vom Wissenschaftsfonds FWF in der Höhe von 371.000 Euro begonnen. Das Projekt, das den Titel „Metabolische Osmoregulation im Pollen während Trockenstress“ trägt, ist auf drei Jahre angelegt.

„Wir wollen herausfinden, welche Möglichkeiten zur Adaption an Trockenstress der Pollenschlauch doch noch hat. Unser Ziel ist es, diejenigen Marker im Pollen zu finden, die man für eine gezielte Züchtung von trocken-resistenten Nutzpflanzen einsetzen kann. Mit solchen Markern könnten wir den klassischen, gentechnikfreien Züchtungsprozess um drei bis fünf Jahre verkürzen. Ohne Marker dauert er zehn bis 12 Jahre.“

Die Forschungen in Obermeyers Labor werden an den Modellsystemen Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) und Große Osterlilie (Lilium longiflorum) durchgeführt. Mit “Live Cell Imaging“ messen die Wissenschaftler bestimmte Stoffwechselprodukte (wie Glukose) in lebenden Zellen, die Marker für den Umgang der Zelle mit Trockenstress sind. Zur Anwendung kommt dabei die sogenannte Förster Resonanzenergietransfer-Methode, kurz FRET. Die Messungen der Stoffwechselprodukte erfolgen in Zusammenarbeit mit Wolfram Weckwerth vom Vienna Metabolomics Center.

Der Prozess des Wassertransports im Pollen wird von Obermeyer auch in dem eben erschienenen Buch „Pollen Tip Growth. From Biophysical Aspects to Systems Biology“ („Pollenschlauchwachstum. Von biophysikalischen Aspekten zur Systembiologie“) ausführlich beschrieben. In dem Buch, das der Salzburger Forscher zusammen mit dem portugiesischen Pflanzenforscher José Feijó von der Universität Maryland/USA herausgegeben hat und das im Juli 2017 im Verlag Springer Nature erschienen ist, präsentieren international führende Pflanzenforscher die neuesten Forschungsergebnisse über grundlegende molekulare Prozesse des Pollenschlauchwachstums. Ein Kapitel ist dem neuen Forschungsfeld „Tipomics“ gewidmet. Der Begriff ist in Analogie zu anderen „-omics“ Forschungsfeldern wie Genomics zu verstehen. Tipomics meint die Gesamtheit der molekularen Vorgänge, die das Wachstum an der Pollenspitze betreffen.

„Für den Fortbestand einer friedlichen Welt ist es von enormer Bedeutung, dass wir mithilfe von viel Forschung das pflanzliche Nahrungsangebot erweitern, und zwar so, dass dabei der Verbrauch von Ressourcen wie Wasser nicht steigt“, resümiert Obermeyer die Bedeutung der Pflanzenforschung.

Gerhard Obermeyer, geb. 1961 in Hannover, hat in Konstanz/Deutschland Biologie mit Schwerpunkt Membranbiophysik studiert und am Karlsruhe Institute of Technology über Pollenphysiologie promoviert. Von seiner Stelle als Postdoc in London am Wye College (heute Teil des Imperial College, London) wechselte er vor 25 Jahren an das Institut für Pflanzenphysiologie der Universität Salzburg mit zwischenzeitlichen Forschungsaufenthalten in Adelaide (Australien), Cuernavaca (Mexiko) und Oxford (UK). In Salzburg hat Gerhard Obermeyer mit seinem Team neben der Biophysik auch den Forschungsbereich molekulare Pflanzenphysiologie eingeführt und bis heute erfolgreich ausgebaut.

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Foto: © Kolarik