Pressemeldungen

„Geographie-Werkstatt Österreich“ – Von neuen Gletscherseen und Permafrostforschungen

Noch bis Freitag, 26. Februar findet an der Universität Salzburg die „Geographie-Werkstatt Österreich 2016“ statt. Dieses neue Forum, das von der Universität Salzburg und dem Verband der wissenschaftlichen Geographie Österreichs organisiert wird, lädt zum wissenschaftlichen Austausch von österreichischen Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforschern.

Fünfzehn Jungwissenschaftler aus dem Bereich Geographie und benachbarter Disziplinen präsentieren ihre Arbeiten und diskutieren mit renommierten Forschern aus dem deutschsprachigen Raum in Workshops und Keynote-Vorträgen.

Die   Tagung, die am Fachbereich Geographie und Geologie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg stattfindet, steht unter dem Motto „Gesellschaft und Natur – Interdependenzen und Herausforderungen für geographische Forschung“. Die inhaltliche Bandbreite reicht von  den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt,  im Besonderen der Klimawandel, über Naturgefahren bis zur europäischen Krisenpolitik und zu den Immobilienmärkten. Neueste Permafrostforschungen auf dem Kitzsteinhorn sind ebenso ein Thema wie neue Frühwarnsysteme für Hangrutschungen, die Entstehung neuer Gletscherseen in Österreich oder ein neues Modell für eine gerechtere Verteilung des Reichtums in der EU.

Mitorganisator Christian Zeller, Professor für Wirtschaftsgeographie an der Universität Salzburg betont wie wichtig der Austausch mit KollegInnen für die wissenschaftliche Praxis ist: „Den DoktorandInnen und HabilitandInnen bietet sich mit der Geographie-Werkstatt die Möglichkeit zum Austausch mit erfahrenen GeographInnen aller österreichischer Forschungsinstitute. Die TeilnehmerInnen erhalten auf Ihre Präsentationen Feedback zur theoretischen Konzeption, zu verwendeten Methoden und thematische Hinweise. Aber auch Beratungen hinsichtlich Publikationsstrategien und Drittmitteleinwerbung sind möglich.

Bohren am Kitz‘ – Permafrostforschung in den Alpen

Im Rahmen der Geographie-Werkstatt stellt der Salzburger Ingo Hartmeyer (am Freitag, 26. Februar um 9 Uhr) sein Dissertationsvorhaben vor: Gemeinsam mit Projektpartnern aus Wirtschaft und Wissenschaft untersucht er im Forschungsprojekt MOREXPERT den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Permafrostdynamik und dem Auftreten hochalpiner Steinschläge und Felsstürze.

Die durchschnittliche Jahrestemperatur ist in Österreich seit dem 19. Jahrhundert um rund 2 °C gestiegen – weit stärker als global. Bis 2100 sind sogar bis zu 4 °C möglich. Eine Folge: das Auftauen des Permafrostes, also der Bereiche im Fels oder Schutt der Berge, die das ganze Jahr über gefroren sind. Permafrostbereiche haben großen Einfluss auf die Stabilität von Felswänden. Erwärmen sich die Klufteistemperaturen auf ‑1 Grad, nimmt die Stabilität rapide ab. Grund ist das durch den Schmelzvorgang freiwerdende Wasser, das wie eine Gleitschicht wirkt. Resultat sind vermehrte Steinschläge und Felsstürze. Besonders die Hitzesommer der letzten Jahre haben gezeigt, dass Permafrostbereiche sehr sensibel auf anhaltend hohe Lufttemperaturen reagieren.

Zur Anpassung an solche Risiken ist das Verständnis der kurz- und mittelfristigen Reaktionen von Felswänden auf klimatische Veränderungen daher von entscheidender Bedeutung. Diese Reaktionen untersucht Hartmeyer mit seinen Kollegen am Kitzsteinhorn (3.203 m) in den Hohen Tauern, Salzburg. Basierend auf einem innovativen Monitoring bestehend aus Bohrlochtemperaturen, Geoelektrikmessungen und terrestrischem Laserscanning werden die Oberflächen- und Untergrundbedingungen überwacht. Dabei werden die für die Stabilität hochalpiner Felswände relevanten Prozesse (z.B. Permafrostdynamik), erfasst und hinsichtlich ihrer zukünftigen Entwicklung (Klimawandel) analysiert. Hauptziel von MOREXPERT ist die Entwicklung eines Decision-Support-Systems zur Stabilitätsbeurteilung permafrostbeeinflusster Felswände.

Der klimawandel-bedingte Gletscherschwund und die damit verbundene Entstehung von Gletscherseen ist das Forschungsthema von Johannes Buckel von der Universität Salzburg. Diese Seen können wichtige ökologische und sozio-ökonomische Auswirkungen  auf die Hochgebirgslandschaft haben. Buckel hat im Projekt FUTURELAKES zunächst ein Inventar aller Seen oberhalb von 1700 m ü. NN. Seit 1850 sind  in Österreich 264 neue Seen mit einer Gesamtfläche von 3,8 km2  durch das Abschmelzen der Gletscher entstanden. Das Projekt liefert wichtige Daten zu möglichen Reaktions- und Anpassungsstrategien auf den künftigen Landschaftswandel.

Veranstaltung: Geographie-Werkstatt Österreich 2016. Gesellschaft und Natur – Interdependenzen und Herausforderungen für geographische Forschung. 25. und 26. Februar 2016. Universität Salzburg, Fachbereich Geographie und Geologie, Naturwissenschaftliche Fakultät, 3.OG. Hellbrunnerstraße 34, 5020 Salzburg,   http://geographieverband.at/index.php/de/

Foto: Abteufen einer 30m-Tiefbohrung zur Messung von Permafrosttemperaturen in der Westflanke des Kitzsteinhorns.

Univ.-Prof. Dr. Christian Zeller

Wirtschaftsgeographie

Universität Salzburg

Hellbrunnerstraße 34

Tel: 0662-8044-5284

Kitzbohrung