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Angst- und Stressforschung

Psychologen der Universität Salzburg gewinnen neue Erkenntnisse bei der Angst- und Stressforschung. Sie wollen Menschen helfen, belastende Erinnerungen leichter zu bewältigen.

Ein Verkehrsunfall. Gewalterfahrungen. Der plötzliche Tod eines geliebten Menschen. Belastende Erinnerungen an traumatische Situationen kennt fast jeder. Bei den meisten Menschen klingen diese negativen Erinnerungen nach einiger Zeit ab. Manche Menschen quälen sie aber langanhaltend.  

Der jungen Salzburger Psychologin Dr. Melanie Wegerer aus der Arbeitsgruppe des Angst- und Stressforschers Univ. Prof. Dr. Frank Wilhelm vom Fachbereich Psychologie der Universität Salzburg ist es nun gelungen, eine wichtige Komponente in der Entstehung der posttraumatischen Belastungsstörung näher aufzuklären. Hierzu entwickelte sie eine neue Methode, um Vorgänge, die bei einer Traumatisierung  eine Rolle spielen, im Labor modellhaft zu untersuchen. Sie zeigte 100 Testpersonen Ausschnitte aus Hollywood-Horrorfilmen und untersuchte deren physiologische  Angstreaktionen. Die Filmsequenzen wurden mit neutralen Umgebungsreizen, wie dem Ticken einer Uhr, gekoppelt. Fazit: Probanden, die die angsterregenden Szenen im Gedächtnis besonders stark mit den Umgebungsreizen verknüpften, hatten wenige Tage danach noch häufiger negative Erinnerungen an die Filmausschnitte. Die Forscher haben damit einen experimentellen Nachweis dafür erbracht, dass eine überstarke Reaktion auf solcherart ‚konditionierte‘ Erinnerungsreize, wie beispielsweise Geräusche, dazu beiträgt, dass manche Menschen nach einem negativen Ereignis verstärkt unter anhaltenden belastenden Erinnerungen leiden.  

Das Ziel der Salzburger Angst- und Stressforscher ist es, genauer zu verstehen, was bei traumatischen Erinnerungen im Gehirn passiert. So wollen sie Menschen besser helfen können, diese Erinnerungen unter Kontrolle zu bekommen. Dazu könnte zum Beispiel das Stresshormon Cortisol beitragen, wie Professor Frank Wilhelm in Untersuchungen festgestellt hat. Cortisol schwächt alte Gedächtnisinhalte und stärkt neue. Auch das Geschlechtshormon Östrogen scheint eine Rolle für das Angstlernen zu spielen. Dr. Melanie Wegerer hat herausgefunden, dass Frauen mit höheren Östrogenwerten nach einem belastenden Erlebnis weniger negative Erinnerungen haben. Die Forscherin vermutet, dass ein förderlicher Effekt von Östrogen auf die Unterdrückung von Angstreaktionen im Gehirn hierfür eine Erklärung darstellen könnte. Eine bewährte Therapie bei posttraumatischen Belastungsstörungen ist die kognitive Verhaltenstherapie.  

Melanie Wegerer wurde 1984 in Linz geboren.  In Wien studierte sie zunächst ein Jahr Biologie und wechselte dann zum Fach Psychologie. Im Laufe ihres Studiums spezialisierte sie sich insbesondere auf psychische Störungen wie Angststörungen und Depressionen sowie die biologischen Grundlagen psychischer Prozesse bei gesunden Menschen sowie im Störungsbereich. Verschiedene Praktika im neurowissenschaftlichen Bereich führten sie mitunter an die Medizinische Universität Wien sowie das Max Planck Institut für Psychiatrie in München. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit untersuchte sie am Max Planck Institut für Psychiatrie (Abteilung Molekulare Psychologie) Zusammenhänge zwischen genetischen Merkmalen und Hirnstrommessungen (EEG) in Familien mit depressiven Störungen. Melanie

Wegerer ist seit 2011 Mitarbeiterin im Klinischen Stress- und Emotionslabor von Univ. Prof. Dr. Frank H. Wilhelm an der Universität Salzburg. Sie absolvierte ihr Doktoratsstudium im Rahmen des internationalen Doktoratskollegs „Imaging the Mind“ und schloss im Jänner 2015 erfolgreich ihre Promotion ab. Im Zuge ihrer Doktorarbeit, die auch einen mehrmonatigen Forschungsaufenthalt am renommierten „Oxford Centre for Anxiety Disorders and Trauma“ an der Oxford University beinhaltete, untersuchte sie Zusammenhänge zwischen Prozessen des Angstlernens und negativen Erinnerungen. Einen Forschungsschwerpunkt stellte hierbei auch die Untersuchung von Einflüssen von Geschlechtshormonen bei Frauen dar.  

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Foto: Prof. Frank Wilhelm und Dr. Melanie Wegerer arbeiten im Rahmen der Stressforschung | © LEO/Kolarik

 

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