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Kinder halten Videoplattformen für die risikoreichsten Angebote im Internet

Auf die Frage, welche Angebote im Internet mit besonderen Risiken verbunden sind, nennen Kinder und Jugendliche in Europa am häufigsten Videoplattformen, zum Beispiel YouTube. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse eines neuen Berichts des Forschungsnetzwerks des Forschungsnetzwerks EU Kids Online, das in Österreich von Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink geleitet wird.

Der am Safer Internet Day 2013 (5. Februar) veröffentlichte Bericht wertet Antworten von fast 10.000 Kindern aus 25 europäischen Ländern aus, die gebeten wurden, in ihren eigenen Worten zu sagen, was sie am Internet für belastend oder beunruhigend halten.

Videoplattformen. Es folgten allgemeine Webseiten (29%), Social Networking, Sites wie Facebook (13%) und Online-Spiele (10%). Auf den Videoplattformen sind es vor allem gewalthaltige und pornographische Inhalte, die die Kinder als verstörend empfinden. Offenbar werden die Angebote auf YouTube deshalb oft als besonders belastend empfunden, weil sie real sind oder zumindest so erscheinen, weil sie oft eindrucksvolle Bilder enthalten und zudem leicht innerhalb der eigenen Peer Group geteilt werden können. Als schockierend nennen sie vor allem grausame Bilder, Tötungsszenen und Tierquälerei, aber auch Filmbeiträge aus den Nachrichten.

In den Augen der Kinder sind solche risikobehafteten Inhalte vor allem auf Videoplattformen anzutreffen: 32 Prozent der Antworten, die auf konkrete Anbieter Bezug nahmen, entfielen auf Videoplattformen. Es folgten allgemeine Webseiten (29%), Social Networking, Sites wie Facebook (13%) und Online-Spiele (10%). Auf den Videoplattformen sind es vor allem gewalthaltige und pornographische Inhalte, die die Kinder als verstörend empfinden. Offenbar werden die Angebote auf YouTube deshalb oft als besonders belastend empfunden, weil sie real sind oder zumindest so erscheinen, weil sie oft eindrucksvolle Bilder enthalten und zudem leicht innerhalb der eigenen Peer Group geteilt werden können. Als schockierend nennen sie vor allem grausame Bilder, Tötungsszenen und Tierquälerei, aber auch Filmbeiträge aus den Nachrichten.

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, die verantwortliche Leiterin des Projekts in Österreich erklärt hierzu:  „Immerhin 55% der Neun- bis 16-Jährigen sind davon überzeugt, dass es im Internet Inhalte gibt, die Heranwachsende ihres Alters belasten können. Der nun vorliegende neue Bericht konkretisiert dies; er zeigt auf, was genau den Kindern im Internet zu schaffen macht. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, dass sich politische und pädagogische Prioritätensetzungen an den Sichtweisen der Kinder orientieren und dort ansetzen, wo diese sich besonders gefährdet sehen.“

 Einige Beispielantworten:

Junge, 11 Jahre: „Grausliche Sachen; Tote mit viel Blut; Fotos mit Verbrechen und Leuten, die blutig tot sind; Kriegssachen, die auch bei uns sein können; arme Menschen, die nichts haben.“

Mädchen, 12 Jahre: „Als ich 10 Jahre alt war hatte ich im Internet ein Spiel gespielt. Auf einmal kam eine nackte Frau. Ich war sehr geschockt. Ich wollte nie wieder dieses Spiel spielen und ich habs auchgemacht. Viele Monate vergingen, sogar Jahre und ich hab kein einziges Spiel gespielt, auch wenn ich es noch so gerne wollte. Ich hatte Angst, dass ich nochmal so in dieser Art was sehe. Aber jetzt stört esmich nicht.”

Kinder empfinden Angst und Abscheu

Die Kinder wurden zwar nicht explizit nach ihren emotionalen Reaktionen auf die genannten Onlinerisiken gefragt. Aber immerhin 12% derjenigen, die mindestens ein Beispiel für Angebote nannten, die sie als belastend empfinden, gaben auch an, wie sie selbst darauf reagiert haben. Am häufigsten war dies Ekel und Abscheu (5%), gefolgt von Angst (4%) und Ärger (3%). Unheimliche und gewalthaltige Inhalte waren am häufigsten mit Angst verbunden, pornografische Inhalten mit Abscheu und Ekel, Werbung und kostenbezogene Risiken mit Ärger.

Dazu Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink fest: „Kinder sind nicht alle gleich. Die Risikowahrnehmung fällt in Bezug auf Alter, Geschlecht und Herkunftsland unterschiedlich aus, und was von einem Kind als risikobehaftet bezeichnet wird, das muss nicht automatisch auch von einem anderen als problematisch angesehen werden. Die wichtigste Empfehlung ist daher, Kinder selbst zu fragen, was sie online belästigt. Man muss ihnen aufmerksam zuzuhören, um zu erfahren, was sie bewegt. Dies muss die Basis sein für entsprechende Hilfestellung.“ Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei den Risiken im Internet zum Teil um die bereits seit langem aus anderen Medien bekannten Phänomene handelt: Auch im Internet können Bilder mit Gewaltdarstellungen Kinder sehr belasten und ängstliche Reaktionen hervorrufen. Generell ist die Unterscheidung zwischen „Online-“ und „Offline-Risiken“ wenig hilfreich; die Ergebnisse der EU Kids Online-Studie unterstreichen, dass diese eng miteinander zusammenhängen. Versuche, Kinder vor belastenden Erfahrungen zu schützen und sie dabei zu unterstützen, negative Erlebnisse zu bewältigen, sollten sich deshalb nicht allein auf die Internetnutzung richten, sondern auch die anderen Erfahrungsräume der Kinder einbeziehen.

 Weitere Ergebnisse

– Neben den von anderen Medien bekannten inhaltsbezogenen Risiken spielen auch die internetspezifischen Risiken eine große Rolle. 19% der Kinder, die Beispiele für belastende Angebote nennen, beziehen sich dabei auf Situationen, in denen sich Mitglieder der eigenen Peer Group respektlos und beleidigend verhalten. Die verschiedenen Formen des Cyberbullying und Sexting werden durch die zunehmende Verbreitung von Tablets und Smartphones noch weiter befördert. Das Motto des diesjährigen Safer Internet Day („Connect with respect“) macht auf diese Quelle für belastende Erfahrungen aufmerksam.

– Ein wichtiges Ergebnis auf der Basis der Antworten der Kinder ist die, dass eine Fülle ganz unterschiedlicher Risiken genannt wird. Gerade die Vielfalt von Online-Risiken macht es für die Kinder und ihre Eltern schwer, sich davor zu schützen und angemessen zu reagieren. • Einige der Risiken, die bei vielen Erwachsenen ein Anlass zur Sorge sind und es oft in die Schlagzeilen schaffen, wurden von den Kindern nur sehr selten genannt. Weniger als 1% der Kinder nannte beispielsweise Inhalte mit Selbstverletzungen, die Weitergabe von persönlichen Informationen, kommerzielle Inhalte, die Gefahr zu viel Zeit online zu verbringen, den Zugriff Anderer auf persönliche Daten oder Glücksspiele.

– Auch „stranger danger“, also die Gefahren, die sich aus Treffen mit Fremden ergeben, die die Kinder im Internet kennen gelernt haben, wird trotz der häufigen Thematisierung des Risikos in den Massenmedien von den Kindern nur selten genannt.

– Insgesamt scheinen sich Jungen eher durch Gewalt, Mädchen dagegen durch Kontakt-Risiken gestört zu fühlen.

Über diesen Bericht

– Der Bericht “In their own words: What really bothers children online?” wurde von Sonia Livingstone (UK), Lucyna Kirwil (Polen), Cristina Ponte (Portugal) und Elisabeth Staksrud (Norwegen) gemeinsam mit den Mitgliedern des EU Kids Online Netzwerks verfasst. Er bietet qualitative Ergebnisse zu folgenden Fragen: Was halten Kinder für beunruhigende Online-Risiken und wie beschreiben sie diese? Umfasst dies auch Risiken, die bisher von der Politik vernachlässigt wurden? Lassen sich Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Erfahrungen festmachen? Für den Bericht wurden die Antworten von 9.904 Kindern ausgewertet. Die Gesamtstudie basiert auf 25.142 Interviews in 25 europäischen Ländern. In jedem Land wurde im Sommer 2010 eine repräsentative Stichprobe von Neun- bis 16-Jährigen Internetnutzern und je einem Elternteil befragt; die Befragung fand zu Hause statt; heikle Passagen des Fragebogens konnten die Kinder und Jugendlichen mit Hilfe eines selbst auszufüllenden Fragebogens beantworten.

Weitere Ergebnisse, Berichte und Informationen zu EU Kids Online 

Informationen zu EU Kids Online und zu der europaweiten Befragung

– Der Forschungsverbund EU Kids Online verfolgt das Ziel, das Wissen über positive und negative Erfahrungen von Kindern und Eltern mit dem Internet zu erweitern und damit eine empirische Grundlage für Maßnahmen zur Förderung des sicheren Umgangs mit dem Internet zu bieten. Das Verbundprojekt wird im Rahmen des EU Safer Internet Programms gefördert (SI-2010-TN-4201001).

–  Folgende Ländern waren an der Erhebung beteiligt: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ungarn und Zypern. Zusätzlich sind Kroatien, Island, Lettland, Luxemburg, Malta, Russland, die Slowakei und die Schweiz mit Forschungsteams am Netzwerk beteiligt.

– Der Safer Internet Day wird jährlich von Insafe organisiert, um einen sicheren und verantwortlicheren Umgang mit dem Internet und mit Mobiltelefonen durch Kinder und Jugendliche weltweit zu fördern. Das Motto des Safer Internet Day 2013 lautet: „Connect with respect“. http://www.saferinternet.org/web/guest/safer-internet-day

 

Kontakt:

Philip Sinner, Bakk.Komm.

+43/662/8044 4195

Universität Salzburg

Fachbereich Kommunikationswissenschaft

Abteilung für Audiovisuelle und Online-Kommunikation EU Kids Online Österreich