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Katastrophenhilfe: Salzburger Forscher werten Satellitenbilder von Haiti aus

Das Zentrum für Geoinformatik (Z_GIS) der Universität Salzburg ist zusammen mit weiteren europäischen Organisationen auf Anfrage der UN und des Roten Kreuzes an Auswertungen der Passierbarkeit von Straßen und ersten Schadensanalysen nach dem Erdbeben in Haiti beteiligt.

Die Karte zeigt Gebäudeschäden in Carrefour. Rot bedeutet mehr als 40 % Zerstörung | © gmosaic/Universität Salzbug

Die Einsatzkräfte im Katastrophengebiet sind darauf angewiesen, aktuelle Informationen über befahrbare Straßen zu erhalten und auch darüber, wo die Menschen Güter, Lebensmittel und Medikamente am dringendsten benötigen. Nur so kann effizient Hilfe geleistet werden.

Diese Informationen werden von einem internationalen Wissenschaftler-Netzwerk (Projekt G-MOSAIC), an dem auch Geoinformatiker der Universität Salzburg beteiligt sind, erhoben. „Wir bereiten höchstauflösende Satellitenbilder so auf, dass wir wichtige Informationen über die Zerstörungen analysieren und weitergeben können“, erklärt der Geoinformatiker Dirk Tiede von der Universität Salzburg. Diese Analysen werden an die Einsatzkräfte vor Ort geschickt.

Dafür werden Satellitenbilder vor dem Erdbeben mit jenen danach abgeglichen, um die Gebiete mit den größten Zerstörungen ausfindig zu machen. Die vorher-nachher-Bilder müssen genau aufeinander passen, die Wissenschafter bezeichnen das als „co-registrieren“. Erste Ergebnisse – detaillierte Bilder von dem Ort Carrefour, ein westlich von Port au Prince gelegener Vorort – liegen vor. „Der Ort ist sehr dicht, von einer eher ärmeren Bevölkerungsschichte besiedelt. Es gibt viele kleine Hütten“, sagt Tiede. „Wir wissen jetzt, wo das Erdbeben dort am meisten zerstört hat und haben unsere Ergebnisse bereits weitergeleitet.“ Neue Anfragen werden derzeit bearbeitet. Als nächstes analysieren die Wissenschaftler Satellitenbilder der Orte Leogane und Jacmel, südwestlich von Port au Prince.

Auch wenn es in Haiti nach wie vor Probleme bei der Verteilung der Lebens- und Hilfsmittel gibt: „Die Datenlage ist deutlich besser, als sie etwa bei Erdbeben in Pakistan oder China war“, so Tiede, denn die Qualität der Satellitenbilder wächst. „Sie sind so hoch aufgelöst wie noch nie, es kann bis auf einen halben Meter hineingezoomt werden. Außerdem werden sie von den kommerziellen Satellitenbetreibern zum Teil kostenlos zur Verfügung gestellt.“

„Rapid mapping“

Je schneller die Bilddaten zur Verfügung stehen, desto gezielter kann Hilfe geleistet werden.  Deshalb arbeiten die Forscher an Methoden, um noch rascher als bisher aus den Satellitenbildern die entscheidenden Informationen zu gewinnen: „Im Gegensatz zum herkömmlichen manuellen Abgleich der vorher-nachher-Aufnahmen extrahieren die Salzburger Geoinformatiker die Informationen automatisiert mittels Computerberechnungen. Dafür werden so genannte Regelsätze entwickelt. „Wenn unser System einmal ausgereift ist, werden wir erste Informationen noch schneller liefern können.“ An der Weiterentwicklung des so genannten Rapid mappings wird im Rahmen der internatonalen Projekte G-Mosaic und SAFER laufend geforscht.“

Stefan Lang, Forschungskoordinator am Z_GIS, ist überzeugt, dass auch in Österreich ein „Rapid mapping Zentrum“ eingerichtet werden könnte, wie etwa das ZKI der Deutschen Luft- und Raumfahrt Behörde in Oberpfaffenhofen bei München. Ein Großteil der dafür notwendigen Voraussetzungen und Erfahrungen sind in Österreich allerdings verteilt vorhanden. Es wäre also nötig, ein funktionierendes Adhoc- Netzwerk zwischen teilnehmenden Einrichtungen zu bilden und einen 24-Stunden Dienst einzurichten. So ein „Virtual Crisis Response Center“ mit einer Koordinationsstelle in Salzburg wäre einzigartig in Österreich. Es bedarf dafür noch des politischen Willens und entsprechender Unterstützung“, so Lang.

Stefan Lang ist auch Mitarbeiter einer internationalen Validierungsgruppe. Die Gruppe aus europäischen Experten bewertet Produkte, die im Kontext von Katastrophen aus Satellitenbildern abgeleitet werden. „Die Karten müssen hohen Anforderungskriterien entsprechen. Die besondere Herausforderung dabei ist, dass sie einerseits so schnell wie möglich und andererseits aber mit größter Treffsicherheit und Genauigkeit erstellt sein sollen“, so Lang.

Zentrum für Geoinformatik Z_GIS

Die Geoinformatik beschäftigt sich mit der Zusammenführung und Visualisierung verschiedenster geografischer Informationen  – von Erdbeobachtungsdaten bis hin zu sozioökonomischen Daten – für bestimmte praktische Anwendungen. Mit Angeboten wie Google Earth sind computergestützte Geoinformationssysteme auch alltagstauglich geworden.

Das Zentrum für Geoinformatik (Z_GIS) der Universität Salzburg forscht insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Ressourcen-Monitoring, Katastrophenmanagement sowie Sicherheit und Stabilität. Finanziert wird das Z_GIS durch das Forschungsrahmenprogramm der EU sowie durch nationale Förderprogramme des Infrastrukturministeriums wie z.B. das Weltraumprogramm ASAP.

Im Rahmen von G-Mosaic (GMES Services for Management of Operations, Situation Awareness and Intelligence for regional Crisis) werden Frühwarnsysteme sowie Modelle für Krisenprävention und -management zur Unterstützung der Sicherheitspolitik der EU erarbeitet. Speziell für Naturkatastrophen wurde das internationale Projekt „SAFER“ geschaffen, an dem das Salzburger Z_GIS ebenfalls beteiligt ist.

Weitere Informationen:

http://www.gmes-gmosaic.eu

Z_GIS

Kontakt:

Dipl.Geogr. Dirk Tiede

Zentrum f. Geoinformatik der UniversitätSalzburg

Tel: +43 662-8044-5265 | mobil: +43 699 12293666

Dr. Stefan Lang

Zentrum f. Geoinformatik der Universität Salzburg

Tel: +43 662-8044-5262

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