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Genschalter für Übergewicht entdeckt

Wiener Forscher haben gemeinsam mit einem Salzburger Wissenschaftsteam unter der Leitung von Universitätsprofessor Fritz Aberger neue molekulargenetische Erkenntnisse über die Entstehung von Übergewicht beim Menschen vorgestellt. Die Forscher fanden einen molekularen „Schalter“ für Übergewicht.

„Gene, die wir im Zuge unserer Krebsforschungen untersuchen, spielen eine zentrale Rolle bei Übergewicht. In diesem internationalen Kooperationsprojekt haben wir  entdeckt, dass bestimmte Krebsgene auch als Schlankmacher fungieren“, sagt Fritz Aberger, Leiter des Salzburger Forschungsteams im Fachbereich Molekulare Biologie der Universität Salzburg.

Foto: Universitätsprofessor Fritz Aberger | © PLUS/Kolarik

Federführend beteiligt sind an diesem Projekt sind die beiden Genetiker Josef Penninger und Andrew Pospisilik vom Institut für Molekulare Biotechnologie in Wien sowie Harald Eserbauer, Mediziner am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Universität Wien.

Die Arbeit erscheint jetzt in dem renommierten amerikanischen Fachmagazin „Cell“. Ziel der Studie war, durch Analysen des Erbgutes der Taufliege Gene zu finden, die mit Übergewicht und Fettstoffwechsel in Verbindung zu bringen sind. Es sollten also jene Gene identifiziert werden, die den Fettstoffwechsel beeinflussen. „500 Gene wurden entdeckt, zwei Drittel davon gibt es vermutlich auch beim Menschen“, erklärt Fritz Aberger. Allein an der Anzahl ist erkennbar, wie komplex dieser Stoffwechselvorgang ist. Stört man etliche dieser Gene, so führt das dazu, dass der Körper Gewicht in Form von Fett verliert. Das hat die Evolution, die auf Speicherung „bedacht“ ist, so festgelegt. Grundsätzlich „weiß“ jede Zelle, was sie in dem jeweiligen Organismus zu tun hat. Informationen werden über Signale weitergegeben. „Ein Schalter des Fettstoffwechsels war das sogenannte Hedgehog-Signal. Wenn man dieses Signal hemmt, also die Produktion bestimmter Moleküle verhindert, dann steigen die Triglycerid-Werte und die Bildung von Übergewicht wird begünstigt“, sagt Fritz Aberger. Um auch zu zeigen, dass dieses Signal auch bei Säugetieren eine Rolle spielt, nahmen die Wiener Wissenschafter genveränderte Mäuse, in denen das Hedgehog-Signal ausschließlich in den Fettzellen überaktiv war. Aufgabe der Salzburger Forscher war es, jene molekularen Mechanismen aufzudecken, die dann passieren, wenn der Schalter überaktiviert wird.

Foto: Dicke Maus und dünne Maus: bei der dünnen ist der Genschalter überaktiviert. Sie hat kein weißes Fett | © Universität Salzburg

Was die Wissenschafter verblüfft hat: Die Überaktivierung hat die Bildung von Fettzellen unterdrückt. Genauer gesagt von weißem Fettgewebe. Der Schalter aktiviert Gene, die verhindern, dass weiße Fettzellen entstehen können.

Mäuse wie Menschen haben braunes wie weißes Fettgewebe. Braunes spielt etwa bei Neugeborenen eine wichtige Rolle, weil es ein Regulator für die Körpertemperatur ist. Es sitzt im Nackenbereich, verbrennt Fett und schafft Wärme. Das weiße Fettgewebe befindet sich überall im Körper, in Maßen ist es wichtig als Nahrungsspeicher, als Energiespeicher, als „Polster“. Im Übermaß macht es krank. Etwa, wenn es sich als viszerales Fett im Bauchbereich ansiedelt und Diabetes auslöst. Das entdeckte Signal reduziert, d.h. überaktiviert weißes Fett.

Die weitere Aufgabe dieser Grundlagenforschung wird es nun sein, die gefundenen Mechanismen genauer zu entschlüsseln. „Von einer möglichen Entwicklung von Medikamenten sind wir entfernt“, sagt Aberger. Der „Markt“ wartet natürlich darauf: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit eine Milliarde Menschen übergewichtig. Mehr als 300 Millionen Frauen, Männer und Kinder sind adipös. Das bedeutet, sie sind krankhaft übergewichtig und haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes vom Typ2.