Pressemeldungen

Marie Andeßner-Stipendien 09 für ausgezeichnete Nachwuchswissenschafterinnen

Bereits zum fünften Mal verlieh Rektor Heinrich Schmidinger am 10. März 2009 Stipendien und Preise an begabte und hoch qualifizierte Nachwuchswissenschafterinnen der Universität Salzburg.

In diesem Jahr erhielten die Kommunikationswissenschafterin Margit Böck und die Romanistin Monika Neuhofer hoch dotierte Habilitations-, Christine Schurz, Fachbereich Philosophie, ein Dissertationsstipendium. Die Geoinformatikerin Petra Füreder und die Mathematikerin Stefanie Kritzinger wurden mit den begehrten Preisen für Abschlussarbeiten aus den Naturwissenschaften gewürdigt. Benannt sind die Würdigungen nach der Salzburgerin, Marie Andeßner, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reiseschriftstellerin alle fünf Kontinente bereiste und ihre Erfahrungen in Salzburger Medien publizierte. Mit den Stipendien und Preisen werden finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Wissenschafterinnen ermöglichen, sich ganz auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren. „Das Besondere am Marie Andeßner Förderprogramm ist, dass es an so vielen Qualifikationsebenen ansetzt und Wissenschafterinnen immer wieder bestärkt, ihre Karriere in Forschung und Wissenschaft zu beschreiten “, so Rektor Heinrich Schmidinger. Die Marie Andeßner Stipendien sind Teil eines vielfältigen Förderprogramms für Frauen an der Universität Salzburg. Die von „gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung“ entwickelten Angebote reichen von der Vergabe der Marie Andeßner Stipendien und Preise, Workshops für Studentinnen bis zu einem Lehrgang für Dissertantinnen und einer Workshopreihe für Habilitandinnen.

Dr. Margit Böck (Kommunikationswissenschaft)Frau Dr. Margit Böck erhält ein hoch dotiertes Stipendium für ihr Habilitationsprojekt „Kommunikative Alltagspraxis in einer brüchigen Gesellschaft. Anforderungen an die kommunikationswissenschaftliche Forschung.“In diesem wird ein transdisziplinärer theoretischer Rahmen formuliert, der Veränderungsprozesse auf gesellschaftlicher Ebene und das sinn- und identitätsstiftende Handeln der AkteurInnen in ihren Lebenswelten einbindet. Dabei geht es um die Verknüpfung von gegensätzlichen Prozessen: dem sozialen Wandel, der zu einer Auflösung von als stabil gedachten Systemen und Beziehungen führt, und dessen Effekten einerseits und der Alltagspraxis, deren Ziel es unter anderem ist, Stabilität zu schaffen, andererseits. Der Umgang mit Information, verstanden als „Lernen“, steht im Fokus des Interesses.Kommunikation und Information sind zentrale Ressourcen in unserer Gesellschaft.

Prozesse des sozialen Wandels, die mit der internationalen Finanzkrise an zusätzlicher Brisanz gewonnen haben, führen dazu, dass die Potentiale, Wissen zu schaffen, von ausschlaggebender Bedeutung dafür sind, um mit veränderten Situationen und Anforderungen zurechtzukommen. Forderungen nach lebensbegleitendem Lernen sind Indikatoren für diese sowohl gesellschaftliche als individuelle Herausforderung. Kommunikations- und medientechnologische Entwicklungen, die im Kontext des allgemeinen sozialen Wandels stattfinden und diesen wesentlich mit bedingen, haben den kommunikativen Alltag vieler grundlegend verändert, und sie vereinfachen auch den Zugang zu „Information“ im weiteren Sinn. Einstiegspunkte sind zunehmend omnipräsent, die medienvermittelten Ressourcen, sich zu informieren, sowohl in Bezug auf ihre Quantität als auch Qualität nicht mehr überschaubar.

Was bedeuten diese Veränderungen und Herausforderungen für konkrete Alltagsbewältigung? Wer kann die gesamte Bandbreite an medialen und nicht-medialen, an traditionellen und neuen Informationsquellen wie und wo integrieren, um eigene Bedürfnisse und Interessen umzusetzen? Wie können speziell bildungsferne Gruppen unterstützt werden, Information als „Lernressourcen“ für sich zu nutzen und so ihren Horizont zu erweitern und „beweglich“ zu bleiben?Die zentrale empirische Basis des Projekts ist eine ethnographische Studie, die Margit Böck im Rahmen eines Hertha Firnberg-Stipendiums des FWF in einer entlegenen Region im Mühlviertel durchführte. Der in dieser Untersuchung entwickelte theoretische Ansatz des „Informationshabitus“ sowie das daraus abgeleitete anwendungsorientierte Konzept der „Pädagogik der sozialen Inklusion“ werden systematisch ausgearbeitet.

Die Fortsetzung der ethnographischen Studie ermöglicht eine sehr selten realisierbare Langzeitperspektive auf Entwicklungen subjektiver Lebensentwürfe und Alltage in spezifischen Lebenswelten. Daten vor allem aus PISA und PIRLS werden ebenso integriert wie aus Studien mit bildungsfernen Gruppen in Wien. In methodischer Hinsicht besonders innovativ sind multimodale Analysen z.B. der Medienpräferenzen der Beforschten oder von ihnen gemachten Fotos. Information zu verwenden dezidiert als „Lernen“ zu verstehen, ermöglicht es, dieses für die gesellschaftliche Makro-, Meso- und Mikroebene zentrale Konzept auch in die Kommunikationswissenschaft zu integrieren. Die demokratiepolitische Bedeutung dieser Disziplin wird dadurch aus einer neuen Perspektive akzentuiert.

Margit Böck ist seit 2005 Assistentin am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg. Sie hat in Wien Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Theaterwissenschaft studiert und 1999 mit einer Repräsentativstudie über Lese- und Mediennutzungsgewohnheiten in Österreich promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind soziale Ungleichheit und Kommunikation sowie Mediennutzung und -sozialisation mit dem Schwerpunkt Schriftlichkeit. Sie ist unter anderem für das nationale Zusatzprogramm „Lesegewohnheiten und Leseförderung“ von PISA verantwortlich und hat zuletzt für das BM:UKK ein dreiteiliges Projekt zur geschlechtersensiblen Förderung der Lesemotivation durchgeführt („Gender & Lesen“, 2007, „Förderung der Lesemotivation“ 2008, „Praxismappe Lesen“, in Druck).

Dr. Monika Neuhofer (Romanistik)

Ein weiteres Habilitationsstipendium wurde an die Romanistin Frau Dr. Monika Neuhofer. Sie verfasst Ihre Habilitation zur „Poetik des Hauses im Eheroman des 19. und 20. Jahrhunderts“.Die literarische Gestaltung von Häusern steht im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses von Monika Neuhofer. Die Salzburger Romanistin untersucht Romane des 19. und 20. Jahrhunderts hinsichtlich ihrer Konzeption von Wohnraum, der sich – so die These der Literaturwissenschaftlerin – als gesellschaftlicher Knotenpunkt des Übergangs zwischen Privatheit und Öffentlichkeit fassen lässt: Mit der Thematisierung des Hauses werden Fragen nach dem sozialen Status, den Geschlechterrollen oder der Macht bürgerlicher Konventionen aufgeworfen. Insbesondere in den Erzählungen über Ehe und Familie spielt das Haus eine zentrale Rolle. Es erweist sich dort als ebenso persönlicher, ja intimer wie gesellschaftlicher, mitunter politisch dominierter Raum.

Die Bedeutung des Hauses als Ort des Wohnens kann, so Neuhofer, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden – nicht umsonst wurde es auch als ‚dritte Haut‘ des Menschen bezeichnet. In der Literatur werde die Komplexität dieses Raumes in seiner geographischen, architektonischen, sozialen und persönlichen Dimension ausgeleuchtet und darüber hinaus mit einer symbolischen Bedeutung versehen.

Neben französischsprachigen und italienischen widmet sich das Forschungsprojekt auch deutschsprachigen Romanen. Die komparatistische Ausrichtung erlaubt es, so unterschiedliche Faktoren wie die deutsche Besatzung Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs, die Stellung der Frau in Algerien oder das politische System der DDR der Wohnsituation von Paaren und Familien gegenüberzustellen und so die Poetik des Hauses in ihren verschiedenen Facetten zu untersuchen.Monika Neuhofer hat in Salzburg und Bordeaux Französisch und Germanistik studiert. Ihre 2006 veröffentlichte Dissertation über Jorge Semprúns literarische Auseinandersetzung mit Buchenwald wurde mit dem Herbert Steiner-Preis des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands ausgezeichnet. Nach mehreren Jahren als Assistentin in Salzburg und Mannheim ist sie derzeit Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg. Der Schwerpunkt von Monika Neuhofers bisheriger Forschung liegt im Bereich der KZ- und Shoah-Literatur sowie der französischen Gegenwartsliteratur.

Marie Andeßner Dissertationsstipendium

Mag. Christine Schurz (Philosophie)

Die ambitionierte Jungwissenschafterin arbeitet seit 2007 an ihrem Dissertationsprojekt „Noncompositional Theories of Truth and the Liar Paradox“, das dem Gebiet der philosophischen Logik zugeordnet wird. Eine wesentliche Voraussetzung für die Lügnerparadoxie ist, dass von einem kompositionalen Wahrheitsbegriff ausgegangen wird. Die Wahrheit eines Aussagesatzes hängt demnach nur von der Wahrheit seiner Teilaussagesätze und davon, wie dieser Aussagesatz aus seinen Teilaussagesätzen strukturell zusammengesetzt ist, ab. Frau Schurz untersucht in ihrer Arbeit nicht-kompositionale Wahrheitstheorien und deren Anwendung auf die Lügnerparadoxie. Sie versucht dadurch neue Möglichkeiten zur Vermeidung der Lügnerparadoxie aufzuzeigen und Erkenntnisse über den Zusammenhang von Wahrheit und Kompositionalität zu gewinnen.

Marie Andeßner Diplomarbeitspreise für Abschlussarbeiten aus den Naturwissenschafterinnen.

Die Marie Andeßner Diplomarbeitspreise für ausgezeichnete Abschlussarbeiten aus dem Bereich der Naturwissenschaften erhielten Frau Mag. Petra Füreder und Frau Mag. Stefanie Kritzinger.

Frau Mag. Petra Füreder erhielt die Auszeichnung für ihre Magisterarbeit „Topographische Korrektur zur verbesserten Landnutzungsklassifikation in Hochgebirgen. Fernerkundungsgestützte Analyse eines Untersuchungsgebietes in Tibet“. Die Abschlussarbeit, die am Zentrum für Geoinformatik verfasst wurde, beschäftigt sich mit Methoden zur computergestützten Landnutzungsklassifikation basierend auf Fernerkundungsdaten. Das Untersuchungsgebiet, das sich als Teileinzugsgebiet des Brahmaputra in Tibet befindet, ist durch extreme Höhenunterschiede gekennzeichnet. Diese führen zusammen mit dem jahreszeitlich bedingt niedrigen Sonnenstand zu erheblichen Verschattungsbereichen, die in weiterer Folge eine automatisierte Bildklassifikation erschweren. In der gegenständlichen Arbeit werden topographische Korrekturmethoden getestet, um diese Beleuchtungsunterschiede auszugleichen und die Qualität der darauf folgenden Klassifikation zu verbessern.

Frau Mag. Stefanie Kritzinger