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Dynamische Preisgestaltung bei Hotelzimmern: Wie interagieren Mensch und KI?

Der Verhaltensökonom Alexander Wagner vom Fachbereich Volkswirtschaftslehre der PLUS untersucht theoretisch und empirisch wie Algorithmen und Menschen bei ökonomischen Entscheidungen interagieren, im Speziellen etwa wie Hotelmanager:innen in ihrem Preissetzungsverhalten auf automatisierte Preisempfehlungen einer KI reagieren und umgekehrt. Es handelt sich um Grundlagenforschung mit hoher Relevanz für die Praxis. Der Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (OeNB) fördert das Projekt „Mensch-Algorithmus Interaktionen bei ökonomischen Entscheidungen“ mit 250.000 Euro. 

Organisationen verlassen sich bei Entscheidungsfindungen zunehmend auf Algorithmen, die quasi als digitale Berater fungieren. Das letzte Entscheidungsrecht liegt meist noch bei Managern und Managerinnen aus Fleisch und Blut. Beratung kann klarerweise nur dann erfolgreich sein, wenn die Ziele und Anreize des menschlichen Entscheidungsträgers und des digitalen Beraters gut aufeinander abgestimmt sind. Inwieweit dies der Fall ist, dazu gibt es bisher kaum empirische Belege.

Alexander Wagner, Stiftungsprofessor für Verhaltensökonomie und Digitalisierung am Fachbereich Volkswirtschaftslehre der Paris Lodron Universität Salzburg hat zusammen mit Kollegen Daniel Garcia (Universität Wien) und Juha Tolvanen (Universität Rom Tor Vergata) die Wechselwirkungen zwischen algorithmischen Preisempfehlungen und dem tatsächlichen Preissetzungsverhalten von Hotelmanagern bei der dynamischen Preisgestaltung von Hotelzimmern untersucht.

Zur Umsatzsteigerung werden Hotelpreise bekanntlich dynamisch angepasst. In allen größeren Hotels erledigt das eine Software, sie schlägt Preise vor. Hotelmanager übernehmen die Empfehlungen aber oft nicht, weil die Preisanpassungen für sie mit Kosten verbunden sind. „Der daraus resultierende strategische Interessenkonflikt kann zu verzerrten Empfehlungen des Algorithmus und zu suboptimalen Preisentscheidungen menschlicher Manager führen. Wir glauben, dass unsere Studie die erste ist, die den Interessenskonflikt in der Kommunikation modelliert, der sich aus den Unterschieden bei den Anpassungskosten ergibt. Dieser Konflikt dürfte weit verbreitet sein bei algorithmischen Empfehlungssystemen,“ sagt Wagner.

Für ihre empirische Analyse nutzen die Forscher einen Datensatz, der dreierlei enthält: Einerseits Millionen algorithmische Preisempfehlungen eines Revenue-Management Unternehmens, andererseits Hunderttausende von Hotelmanagern festgelegte Preise und schließlich die tatsächlichen Buchungen von Hotelzimmern. „Das heißt, diese Forschung ist nur durch Kollaborationen mit Unternehmen möglich, die uns ihre Entscheidungen von Managern und KI-Empfehlungen zur Verfügung stellen. Wir analysieren diese Daten und überlegen dann, welche Art von Theorie passt auf die Interaktion, die wir in den Daten sehen, d.h. wie können wir das, was wir in der echten Welt anhand von Daten über das Verhalten sehen, spieltheoretisch und entscheidungstheoretisch durch ein Modell erklären. Das ist Grundlagenforschung, aber sobald ich verstehe, welche theoretischen Modelle reale Interaktionen erklären, können wir dieses Wissen für praktische Verbesserungen in der Software und in Unternehmen verwenden. Das ist sehr wertvoll.“

Und was haben die Analysen der Interaktion zwischen KI und Hotelmanagern etwa im Einzelnen gezeigt?  „Wenn die KI zum Beispiel eine Preisänderung von 5 Euro für ein Zimmer vorschlägt, ignorieren die Hotelmanager und Hotelmanagerinnen oft die Empfehlung. Denn die Anpassungskosten wären für sie zu hoch im Verhältnis zur erhofften Umsatzsteigerung. Rät die KI hingegen zu einem Preisaufschlag von 20 Euro, übernehmen die Manager in der Regel die Empfehlung, weil andernfalls der erwartete Umsatzentgang zu hoch wäre. Dieses menschliche Verhalten führt jedoch dazu, dass die KI einen strategischen Anreiz hat, Preisempfehlungen zu übertreiben.“

Ein zentrales Ergebnis dieser Modellierung der strategischen Interaktion zwischen Preisempfehlungsalgorithmen und Hotelmanagern ist, dass die vollständige Delegation an die KI mehr Umsatz bringt, als wenn Verantwortliche Preise festlegen. Wagner schränkt aber ein. „Noch besser wäre es, wenn die Manager und Mangerinnen ihre Informationen, die an sich sehr wertvoll sind, effizient mit in die Entscheidungen einfließen ließen. Wie das optimal gehen könnte, ist Gegenstand unserer aktuellen Forschung.“

Der zweite Bereich im Forschungsprojekt „Mensch-Algorithmus Interaktionen bei ökonomischen Entscheidungen“ ist die Nachfrageplanung in der High-Tech Industrie. Jedes produzierende Unternehmen muss vorausplanen, welche Pr

odukte es in welchen Mengen erzeugt, entsprechend der erwarteten – unsicheren – Nachfrage. Ein Pfeiler der Nachfrage-Vorhersage sind KI-Prognosen. „Wir modellieren, wie man Informationen aus KI-Systemen und von Firmenmitarbeitern so kombiniert, dass optimale Entscheidungen der Nachfrageplanung getroffen werden,“ erklärt Wagner und ergänzt. „Das Neue an unserer Forschung ist, dass wir nicht über die Gefahren der KI philosophieren, sondern die ökonomischen KI-Mensch Interaktionen mathematisch-statistisch erfassen können und so existierende Systeme verbessern – indem wir theoretische Überlegungen mit den empirischen Einsichten, die wir aus den Echtdaten gewonnen haben, optimal kombinieren.“

Das vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank mit 250.000 Euro geförderte Projekt „Mensch-Algorithmus Interaktionen bei ökonomischen Entscheidungen“ (Human- algorithm interactions in economic decision making“) läuft fünf Jahre lang (2023 bis 2027).

Die Studie zu dem Teilaspekt KI und dynamische Preisgestaltung bei Hotelzimmern wurde kürzlich vom Top-Journal „Management Science“ zur Publikation angenommen.

 Strategic Responses to Algorithmic Recommendations: Evidence from Hotel Pricing by Daniel Garcia, Juha Tolvanen and Alexander K. WagnerManagement Science, December 14, 2023, accepted for publication.  (pdf)

Alexander K.Wagner, Phd

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Alexander K. Wagner, PhD

Professor für Verhaltensökonomie und Digitalisierung

Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS)

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