Arbeitswelten, Altern, Stress etc. Hochaktuelle Forschungsthemen in 15 neuen Doktoratskollegs
Zur frühzeitigen Förderung von Nachwuchswissenschaftlern und zur Qualitätssteigerung der Doktoratsausbildung richtet die Universität Salzburg 15 neue strukturierte Doktoratskollegs ein. Doktoratskollegs sind interdisziplinäre Ausbildungszentren für Dissertanten.
Die Themenkomplexe der neuen Doktoratskollegs reichen von den modernen Arbeitswelten über gesundes Altern, Big Data bis zur Stressphysiologie. 200 Dissertant/innen werden ab dem Wintersemester 2016/17 die neue Betreuungsinfrastruktur nutzen, in der ihnen 180 Wissenschaftler/innen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das für die Promotionsphase klassische „Meister-Schüler“- Modell gehört der Vergangenheit an. Es wird von einer intensiven Teambetreuung ersetzt.
Ein Doktortitel auf der Visitenkarte. Was früher manchen Studierenden zu einer Dissertation bewogen hat, damit ist es heute vorbei. Mit möglichst einfachen Mitteln in möglichst kurzer Zeit einen Doktortitel zu erlangen, dem schiebt die Europäische Studienarchitektur („Bologna-Prozess“) einen Riegel vor. Mindestens drei Jahre dauert inzwischen ein Doktoratsstudium. Zudem müssen Dissertanten eine ihrem Thema entsprechende wissenschaftliche Ausbildung absolvieren. Kern des neuen Doktorats-Konzepts ist mehr Wissenschaftlichkeit und Forschungsnähe.
Die neue Qualität des Doktoratstudiums mit den gestiegenen Anforderungen an die Studierenden erfordert auch Initiativen aufseiten der Universität, vor allem eine bessere Betreuung und fundiertes Feedback. Mit der Einrichtung von 15 neuen strukturierten Doktoratskollegs kommt die Uni Salzburg – einem Trend im europäischen Hochschulraum folgend – diesem Erfordernis nach, sagt der für das neue Doktoratsprogramm zuständige Vizerektor Universitätsprofessor Dr. Erich Müller. „Die Rolle der Doktoranden hat sich in den letzten Jahren sehr stark vom Studierenden hin zum Nachwuchswissenschaftler gewandelt. Diesem geänderten Rollenverständnis tragen wir mit strukturierten Doktoratskollegs Rechnung. Dort erhalten die Studierenden in regem Austausch mit Kollegen sowie mit arrivierten Wissenschaftlern aktive Unterstützung auf dem Weg zur wissenschaftlichen Karriere.“
Wurde bisher ein Dissertant von einem einzigen Doktorvater (oder einer Doktormutter) betreut, so wird er in einem Doktoratskolleg von einem Team beraten. Das soll einerseits die Abhängigkeit von dem einen Promotionsbetreuer reduzieren und andererseits den Blick auf ein gewähltes Thema weiten, sagt Müller.
In Salzburg stehen ab Herbst den 200 interessierten Dissertanten in den 15 neuen Doktoratskollegs 180 Salzburger Wissenschaftler/innen aus den verschiedensten Fachbereichen, ergänzt durch externe Experten, mit ihrem Know-how zur Seite. „Die Kollegs gewährleisten eine deutliche Qualitätssteigerung der Doktoratsausbildung. Die klassische Meister-Schüler-Variante hat keine Zukunft. Für die Lösung der immer komplexeren globalen Probleme ist interdisziplinäre Teamarbeit angesagt“, betont Müller.
Mag. Nina Grabner von der zentralen Koordinationsstelle Doctorate School PLUS nennt ein konkretes Beispiel für die intensive Vernetzung unter den Fachbereichen: „Ab Herbst arbeiten etwa im Rahmen des Doktoratskollegs „Gesund Altern“ (Leitung von Prof. Dr. Günter Lepperdinger) Doktoranden und Forscher aus der Biologie, Psychologie, Computer-, Erziehungs-, Kommunikations-, Rechts- und Sportwissenschaft gemeinsam daran, zukunftsweisende Lösungen für die Herausforderungen der immer älter werdenden Gesellschaft zu entwickeln. So wollen wir die Doktoranden für den internationeln Wissenschaftsbetrieb fit machen.“
Die neuen Doktoratskollegs zeichnen sich in ihrer Thematik durch große gesellschaftliche Brisanz aus, etwa bei der Frage nach der modernen Arbeitswelt. Gegenwärtig stehen wir an der Schwelle der industriellen Revolution 4.0. Ausgelöst durch immer leistungsfähigere IT-Systeme, hochentwickelte Robotik und Sensorik, 3-D Drucker, Clouds und Big Data wird sich laut Zukunftsforschung das Leben und Arbeiten grundsätzlich wandeln. Im Rahmen des Doktoratskollegs „Bestehen in modernen Arbeitswelten“ (Leitung Universitätsprofessorin Dr. Eva Traut-Mattausch) ist es das Ziel, Probleme dieser modernen Arbeitswelt interdiziplinär aufzugreifen und mögliche Lösungen zu erarbeiten.
Hochaktuell sind weiters Dokoratskollegs-Themen wie beispielsweise „Interdiziplinäre Stressphysiologie“ (Leitung Universitätsprofessor Hubert Kerschbaum), „Statistics and Applied Data Science“ (Leitung Universitätsprofessor Arne Bathke), „Dynamic Mountain Environment“, wo es um den Einfluss des Menschen auf die alpine Landschaft geht (Leitung Prof. Andreas Lang, Prof. Franz Neubauer und St. Stephan Wickham) oder „Kompetenzentwicklung in der Lehrer/innenausbildung“ (Leitung Dr. Ulrike Greiner und Prof. Dr. Hubert Weiglhofer). Die Teilnahme an Doktoratskollegs ist freiwillig.
Aktuell sind an der Universität Salzburg von den 18.000 Studierenden ungefähr 1300 für ein Doktoratsstudium eingeschrieben. Wieviele es ernsthaft betreiben, lasse sich nicht sagen, betont Müller. Gewisse Rückschlüsse könne man aus einer kürzlich durchgeführten Analyse ziehen, wonach es in den letzten 10 Jahren 1200 Doktoratabschlüsse gegeben hat. Das ergäbe eine realistsche Zahl von 120 Abschlüssen pro Jahr.
In Salzburg schließt die Doktoratsausbildung nach dem neuen Konzept weiterhin mit dem alten akademischen Grad eines Doktors ab, bewusst, wie Müller betont, nicht mit dem international üblichen „PhD“ (Doctor of Philosophy).
Pressespiegel:
09.08.2016 – science.apa.at – Arbeitswelten, Altern, Stress etc. Hochaktuelle Forschungsthemen in 15 neuen Doktoratskollegs
27.08.2016 – Salzburger Nachrichten/Wochenende (Print) – S. 26 – Neue Doktoratskollegs in Salzburg