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Bei Schlafstörungen hilft ein Placebo-Training gleich gut wie Neurofeedback-Training

Schlafgestörte Menschen profitieren von einem Pseudo-Neurofeedback-Training in gleichem Maße wie von einem echten Neurofeedback-Training. Zu diesem Ergebnis sind Salzburger Schlafforscher um Manuel Schabus nun in einer Studie gekommen.

Neurofeedback ist eine Trainingsmethode, bei der Patienten und Patientinnen lernen, ihre Gehirnaktivität besser zur regulieren und so bestimmte Störungen zu mindern. Die bisher berichtete Wirksamkeit von Neurofeedback-Behandlungen bei Schlafstörungen dürfte ausschließlich auf unspezifischen Faktoren wie etwa der Zuwendung durch den Versuchsleiter beruhen, schlussfolgern die Salzburger Forscher.

Die Studie ist heute, am 21. Februar 2017, in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift BRAIN erschienen.

Neurofeedback hat in den letzten Jahrzehnten stark an Bedeutung gewonnen. Es gilt als wissenschaftlich fundierte und effektive Behandlungsmethode bei Aufmerksamkeits- Hyperaktivitätsstörungen (ADHS), Ängsten, Depressionen, Epilepsien oder Schlafstörungen. Neurofeedback ist eine computergestützte Trainingsmethode, bei der dem Patienten die eigene Gehirnaktivität, über die man für gewöhnlich keine Wahrnehmung hat, wahrnehmbar gemacht wird. Dafür werden Elektroden auf die Kopfhaut aufgeklebt. Diese zeichnen die Gehirnaktivität mittels EEG auf und machen sie auf einem Monitor sichtbar. Durch dieses Feedback lernen die Patienten fehlgeleitete Gehirnaktivitäten zu regulieren. 

Frühere Studien hatten gezeigt, dass für eine bessere Schlafqualität (wie leichteres Einschlafen, besseres Durchschlafen) bei jungen Probanden zehn Neurofeedback Sitzungen reichen, in denen die Probanden einen bestimmten Aufmerksamkeits- bzw. Bewusstseinszustand (Gehirnoszillationen zwischen 12 und 15 Hertz) trainieren. Eine vielversprechende nichtmedikamentöse Behandlungsoption für das weit verbreitete Phänomen der Schlafstörungen schien gefunden. Immerhin ist ungefähr jeder Dritte von Insomnie – so der Fachterminus für Schlafstörungen – betroffen.

Die Salzburger Psychologen und Psychologinnen wollten die positiven Neurofeedback-Effekte an einer klinischen Stichprobe überprüfen und wählten dafür das aussagekräftigste Studiendesign, das es gibt: eine randomisierte Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie. Bei einer Doppelblindstudie wissen weder die Testpersonen noch die Versuchsleiter/innen, welche Gruppe das echte Medikament (bzw. in diesem Fall das echte Training) erhält und welche das Placebo. Doppelblindstudien dienen dazu, Verzerrungen zu vermeiden. Frühere Studien waren nicht doppelblind, sondern nur einfach verblindet. Es wusste zwar nicht die Versuchsperson, in welcher Bedingung sie sich befindet, aber dem Versuchsleiter/ der Versuchsleiterin war die Bedingung bekannt.

Bei der jüngsten Salzburger Studie erhielten 30 Personen mit primärer Insomnie 12 echte Neurofeedback-Trainings-Sitzungen (im Bereich 12 -15Hz Oszillationen) bzw. 12 Sitzungen, in denen ihnen ein Neurofeedback-Training (im Bereich 12 -15Hz Oszillationen) nur vorgespielt wurde: Es gab zwar ein EEG Feedback, aber über ständig variierende Frequenzen. Der Unterschied zwischen dem echten und dem Placebo/Sham Training war in der Untersuchung weder für die Probanden noch für die Wissenschaftler erkennbar. Die Tests erstreckten sich über je zwei bis vier Wochen, mit je 2 Schlaflabornächten vor und nach den beiden Bedingungen im Schlaflabor der Universität Salzburg; um die Bedingungen sauber trennen zu können wurde zwischen beiden Bedingungen eine 3-monatige Pause eingelegt.

Das überraschende Ergebnis: Beide Gruppen profitierten gleichermaßen. Das ging zumindest aus den subjektiven Probanden-Berichten zur Schlafqualität hervor. Einerlei ob echtes Neurofeedback-Training oder Pseudotraining, alle Teilnehmer schliefen danach leichter ein und besser durch, sie hatten subjektiv mehr Lebensqualität. „Die Studie zeigt, dass das Neurofeedback-Training mitunter reine Placebo-Effekte widerspiegelt. Die Testpersonen erleben Zuwendung, Vertrauen, es kümmert sich jemand um sie und ihre Probleme – darauf scheint es für einen besseren Schlaf anzukommen, nicht auch das Neurofeedbacktraining“, resümiert Projektleiter Universitätsprofessor Dr. Manuel Schabus vom Centre for Cognitive  Neuroscience der Universität Salzburg. 

An der Studie beteiligt war auch die Salzburger Schlafforscherin Assistenzprofessorin Dr. Kerstin Hödlmoser vom Centre for Cognitive Neuroscience, die sich seit ihrer Dissertation intensiv mit Neurofeedback beschäftigt. „Die Studie zeigt, dass 12 Einheiten Neurofeedbacktraining im Vergleich zu 12 Einheiten Sham/Pseudoneurofeedbacktraining keine besseren Effekte erzielt, was die Effektivität zumindest dieses speziellen Neurofeedbacktrainings im Frequenzbereich zwischen 12-15Hz für die Behandlung von Einschlaf- und Durchschlafstörungen speziell bei älteren Patienten massiv in Frage stellt.“

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die Verbesserungen, von denen die Probanden subjektiv berichteten, spiegelten sich nicht in objektiven Daten wider. Weder die Probanden aus der echten Neurofeedback Gruppe noch die aus der Placebo Gruppe wiesen etwa bessere Schlafqualität oder schlafstabilisierende EEG Muster auf (zum Beispiel sogenannte „Schlafspindeln“).

Und was bedeutet das für die Praxis? „Da laut unserer Studie die Wirkung von Neurofeedback bei der Behandlung von Schlafstörungen auf reinen Placebo-Effekten beruht, können wir die Methode nicht empfehlen“, sagt Schabus und ergänzt: „Es wäre sehr wichtig, dass die Neurofeedback-Forschung nun mit weiteren randomisierten Placebo-kontrollierten Doppelblind-Studien intensiviert wird, zum Beispiel bei ADHS und anderen Störungen. Nur so können die bisherigen Neurofeedback-Ergebnisse entweder seriös bestätigt oder eben widerlegt werden. Grundsätzlich ist der Neurofeedback Ansatz natürlich interessant, aber es stellt sich die Frage ob Patienten oder ältere Probanden die oft Probleme mit Lernen und Aufmerksamkeit haben diese Methode überhaupt ausreichend erlernen können.“ 

Die Studie der Salzburger Schlafforscher wurde vom Fond zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (FWF) sowie dem Doktoratskolleg „Imaging the Mind“ finanziell unterstützt.

Publikation: Manuel Schabus, Hermann Griessenberger, Maria-Teresa Gnjezda, Dominik P.J. Heib. Malgorzata Wislowska, Kerstin Hoedlmoser: „Better than sham? – A double blind placebo-controlled neurofeedback study in primary insomnia“, in: BRAIN (21.2.2017).

Foto: Professor Manuel Schabus und Ass.Prof. Kerstin Hödlmoser | © Kolarik

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