Der Donau Limes – römische Militärgrenze und Handelszone
Von 15 v. bis 500 n.Chr. prägten die Römer den Lebensraum entlang der Donau von Bayern bis zur Mündung ins Schwarze Meer. In einem umfangreichen EU-Projekt wird die große römische Militärgrenze, der Donau Limes erforscht. 19 Projektpartner, mit dabei auch die Paris Lodron Universität Salzburg, gehen den Spuren der römischen Eroberer anhand der Grenzbefestigungen entlang der Donau nach. Die Wissenschaftler wollen damit eine wichtige europäische Kulturroute lebendig werden lassen.
Der Donau Limes erstreckte sich entlang der Donau von Bayern über Österreich in die Slowakei, Ungarn, Serbien, Rumänien und Bulgarien bis zur rumänischen Stadt Sulina, wo die Donau in einem breiten Flussdelta schließlich ins Schwarze Meer mündet. Nach dem Hadrians- und Antoninuswall in Großbritannien sowie dem Obergermanisch-Raetischen Limes in Deutschland stellt der Donaulimes den dritten großen Grenzbereich des Imperium Romanum dar. Alle Länder, die an den Donau Limes angrenzen, sind an diesem Projekt beteiligt. Die Leitung des Gesamtprojektes liegt bei der Donau Uni Krems, weiters sind aus Österreich das Ludwig Boltzmann Institut sowie die Paris Lodron Universität Salzburg beteiligt.
Die Römer legten zur Grenzbefestigung zahlreiche Wachtürme, Legionslager und Kastelle zu beiden Seiten der Donau an. Spuren der römischen Befestigungslager in Österreich finden sich in Linz, Enns, Traismauer, Mautern, Tulln, Zwentendorf, Klosterneuburg, Wien, Schwechat und Carnuntum, letzteres stellte das größte und bedeutendste Militärlager dar. Carnuntum wurde im 2. Jh. n.Chr. auch Verwaltungsmittelpunkt der römischen Provinz und neben dem Militärlager errichteten die Römer eine große zivile Stadt. „Wir wollen die Geschichte des Limes neu und umfassend aufbereiten“, sagt Dr. Rupert Breitwieser vom Fachbereich Altertumswissenschaften, der das Projekt seitens der PLUS gemeinsam mit den beiden Assistentinnen Maria Erker und Anna Windischbauer leitet. Geplant sei ein einheitliches museumspädagogisches Konzept sowie eine Museums-App und ein Guide. „Die Menschen sollen eine Anleitung bekommen, um den Donaulimes ganzheitlich erleben zu können“, so Breitwieser. Es gehe einerseits um die touristische Erschließung des gesamten Raumes, aber auch um Aktivitäten für den Kulturgüterschutz und um eine museale Belebung der römischen Überreste rund um den Limes. „Wir wollen die Geschichte sicht- und erlebbar machen“, meint Breitwieser.
Die Wissenschaftler gehen zahlreichen Spuren römischen Lebens entlang der Donau nach. Sie untersuchen die Reste von Befestigungen oder Flussmündungen, wo sich ein Hafen oder eine Brücke befunden haben könnte. Der Donau Limes soll in seiner Gesamtheit beschrieben werden, dazu zählen die Geschichte der Schifffahrt ebenso wie die Lebensumstände rund um den Limes. Zunächst werden alle vorhandenen Quellen systematisch erfasst und in eine Datenbank eingegeben. „Wir schauen auch, was wir in den Museen vorfinden“, betont Projektassistentin Maria Erker. Einerseits soll alles vorhandene Wissen über die römische Zeit an der Donau zusammengefasst und andererseits Neues entdeckt und erforscht werden. Antiker Alltag am Donau Limes.
Von besonderem Interesse ist für die Wissenschaft auch welche Beziehungen sich an der römischen Grenze entwickelten. „Wir untersuchen die Lebensumstände der Menschen rund um den Limes“, so Erker. Besonders interessant seien die privaten Beziehungen der römischen Besatzer zur heimischen Bevölkerung. Die Legionäre lebten mit ihren Familien rund um die Lager, teils gingen die Römer auch Verbindungen mit keltischen Frauen ein. „In vielen Lebensbereichen entfaltete sich ein gutes Miteinander zwischen römischen Besatzern und Einheimischen“, erzählt Anna Windischbauer, die die Datenbank betreut. Von Verbindungen zwischen Römern und Einheimischen zeugten beispielsweise Reliefs, worauf der Mann in römischer Tracht und die Frau in keltischer Tracht abgebildet ist, sagt Windischbauer. Auch in Salzburg habe man Grabmedaillons mit Abbildungen von Frauen in norischer Tracht gemeinsam mit Römern, gefunden. „Im Grunde genossen die Einheimischen die Vorteile römischer Zivilisation“, so Dr. Breitwieser. Umgekehrt hatten die Römer stets ihre Vorteile im Auge und suchten in dieser Region speziell nach Bodenschätzen. Sie fanden Buntmetalle und vor allem das von ihnen sehr geschätzte, hochwertige Eisenerz in den östereichischen Alpen. Das Ferrum Noricum galt als ideal zum Schmieden von Waffen und anderen Gerätschaften aus Eisen. „Die Provinz Noricum war vor allem wegen des hervorragenden Eisens in der gesamten römischen Welt geschätzt“, betont Breitwieser. Zuvor betrieben die Römer zunächst Handel und tauschten u. a. Wein gegen Eisen. Später eroberten sie das Gebiet, um noch effizienter an die begehrten Buntmetalle, neben Eisenerz auch Kupfer und Gold zu gelangen. Das mittels einer speziellen Verhüttungstechnik hergestellte norische Eisen besaß eine unglaublich hohe Qualität, ähnlich der von modernem LED-Stahl oder den Schwertern der Samurai in Japan.
„Die gesamte Okkupation des heute österreichischen Alpen- und Donauraumes durch die Römer muss man sich eher friedlich vorstellen“, sagt Breitwieser. Vereinzelt habe es Kämpfe gegeben, im Großen und Ganzen war für die einheimische Bevölkerung der Schutz durch die Römer sowie gute Handelserträge aber eher von Vorteil. Die Eroberung des keltischen Regnum Noricum habe vielmehr einer erweiterten Integration geglichen. Die römischen Legionen boten nun Schutz vor plündernden Germanen. Generell waren die Römer der heimischen Bevölkerung gegenüber in vielen Lebensbereichen tolerant. Solange der römische Kaiser als oberste Instanz akzeptiert wurde, und auch die wichtigsten römischen Staatsgötter von den Provinzbewohnern anerkannt wurden, konnte die Bevölkerung ihre eigenen religiösen Kulte ausüben. Die Ergebnisse der Forschungen sollen auch in die Lehre einfließen. Es wird spezielle Lehrveranstaltungen geben, auch Exkursionen sind geplant. Darüber hinaus wird das Projekt auf verschiedenen wissenschaftlichen Tagungen vorgestellt. Die Paris Lodron Universität erhält 190.000,- Euro für eine Projektzeit von zweieinhalb Jahren.