Dissertationspreise für exzellente Forschung vergeben
Am Freitag, 9. Juli 2021 fand an der Universität Salzburg die feierliche Verleihung der Dissertationspreise statt. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Isabella Scheibmayr wurde für ihre Analysen des weiblich stereotypisierten Berufsfeldes Personalwesen (Human Resource Management) mit dem Dissertationspreis für Geisteswissenschaften 2020 ausgezeichnet. Matthias Niedermaier erhielt für seine materialwissenschaftlichen Untersuchungen den Dissertationspreis für Naturwissenschaften 2020. Die Jury schätzte bei den prämierten Arbeiten nicht nur die wissenschaftliche Qualität sondern auch die praktische Bedeutung als außerordentlich hoch ein.
Der Preis für Naturwissenschaften wird von Merck Darmstadt gesponsert, der Preis für Geisteswissenschaften wird zu gleichen Teilen vom Rotary Club Salzburg Nord und vom Verein Forschungsforum an der Universität Salzburg gesponsert. Hauptorganisator der jeweils mit 2.000 Euro dotierten Preise ist Professor Michael Breitenbach.
Isabella Scheibmayr hat sich in ihrer Dissertation mit dem Berufsfeld und der Funktion des Personalwesens (Human Resource Management, HRM) in Bezug auf geschlechtergerechtes Arbeiten beschäftigt. „Der Preis bedeutet sehr viel für mich, weil er nicht nur meine Arbeit sondern auch das Forschungsfeld und das Thema auszeichnet und einem nicht-akademischen Publikum zugänglich macht“, sagt die Preisträgerin.
„Was mich an meinem Forschungsfeld fasziniert, ist, dass Human Resource Management für das Verstehen von Arbeitskontexten und damit für eine Reihe von sozialen Phänomenen wie zum Beispiel Arbeitsbedingungen, Segregation oder Digitalisierung von großer Bedeutung ist.“
Isabella Scheibmayr zeigt unter anderem, dass Unternehmen auf den steigenden gesellschaftlichen und politischen Druck, Frauen in die Chefetagen zu bringen (z.B. durch eine Quote), oft insofern reagieren als sie den Frauen in Vorständen überdurchschnittlich oft das als weiblich konnotierte Personalressort (Human Resource Management) übertragen. Nach dem Motto: Wenn schon Vorstandspositionen mit Frauen besetzt werden müssen, dann betraut man sie mit „weiblichen“ Aufgaben. Eine Vergleichsstudie am Beispiel von 172 börsennotierten Unternehmen in fünf europäischen Ländern hat das belegt. Die Folgen sind – wider Erwarten – teilweise doppelt positiv „So bringt der institutionelle Druck sowohl Frauen als auch das Human Resource Management als Funktion in Top-Management-Positionen, was wiederum positive Effekte auf Status und Einkommensniveau im Berufsfeld Human Resource Management hat“, sagt Scheibmayr.
Ihre Hauptbetreuerin Professorin Astrid Reichel bekräftigt. „Das Aufdecken dieses Mechanismus ist von hoher Relevanz für die Geschlechtergleichstellung, weil es einen Weg aufzeigt, wie weibliche dominierte Berufsfelder an Status gewinnen können. Eine zentrale Rolle spielen dabei die gesellschaftlich kontrovers diskutierten Frauenquoten. Sie fördern nicht nur die Karrieren einzelner Frauen, sondern scheinen weitreichende Gleichstellungseffekte über Berufsfelder zu haben.“
Isabella Scheibmayr, 37, absolvierte 2009 das Diplomstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, ein Jahr verbrachte sie an der Universität Skövde in Schweden. Danach war sie als Universitätsassistentin und Lektorin am Institut für Frauen und Geschlechterforschung an der JKU Linz tätig. Von April 2016 bis März 2020 war sie Universitätsassistentin am Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Facheinheit Human Resource Management an der Paris Lodron Universität Salzburg. Dort hat sie im Juli 2019 im Fach Wirtschaftswissenschaften mit Auszeichnung promoviert. Der Titel ihrer Dissertation lautet „HRM’s gendered agency: How gender informs the double agency of Human Resource Management and influences its position.“ Seit 1. Oktober 2020 verstärkt Isabella Scheibmayr als PostDoc die HRM Group.
Scheibmayr forscht an der Schnittstelle von Status des Human Resource Managements (HRM), dem Geschlechterverhältnis und der Professionalisierung des Berufsfeldes HRM. „In Zukunft möchte ich mich auch stärker mit den Anwendungen der Künstlichen Intelligenz im Human Resource Management beschäftigen“, so Scheibmayr.
Kontakt:
Dr. Isabella Scheibmayr
Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften
Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS)
Kapitelgasse 5
A-5020 Salzburg
t.: +43 662 8044-3724
Matthias Niedermaier wird für seine materialwissenschaftliche Arbeit – nach dem Erhalt des renommierten Dissertationspreises der Gesellschaft der Österreichischen Chemiker (GÖCH https://www.goech.at) für das Jahr 2020 – nun bereits das zweite Mal ausgezeichnet, mit dem Merck Dissertationspreis für Naturwissenschaften.
„Die Forschung in Salzburg ist für mich besonders faszinierend, weil man hier versucht, Festkörper auf der technisch kleinstmöglichen Skala zu modifizieren und damit die Eigenschaften entscheidend zu beeinflussen“, so der Preisträger.
Thema seiner Dissertation, die er bei Professor Oliver Diwald am Fachbereich „Chemie und Physik der Materialen“ geschrieben hat, waren Punktdefekte in Metalloxid Nanopartikeln. Diese spielen bei der Neuentwicklung von Materialien eine tragende Rolle, da sie die Funktionseigenschaften von Metalloxiden maßgeblich beeinflussen können. Anwendungsbeispiele sind die Erzeugung neuer Katalysatoren für die Synthese organischer Stoffe oder die Herstellung von Halbleitern.
Für die Universität Salzburg war die Arbeit Niedermaiers, der inzwischen als Chemieingenieur zu BASF SE Ludwigshafen gewechselt ist, ein großer Gewinn, sagt Oliver Diwald. „Dank ihm passierte in Salzburg besonders viel. Er entwickelte einen Herstellungsprozess, der es ihm erlaubt, fremde Ionen in kleinen Metalloxid-Nanokristallen einzusperren und die sich dadurch ergebenden Materialeigenschaften zu untersuchen und zu optimieren. Da ging es zum Beispiel viel um eingesperrte Eisenatome und die Frage, wie wohl sich die Eisenatome im Inneren eines Nanokristalls fühlen, oder ob sie doch nicht lieber flüchten, d.h. in die Oberfläche der Nanokristalle wandern wollen, oder nicht. Von entsprechendem Verhalten der Fremdionen hängt viel ab, nämlich ob die Materialien, die aus diesen Nanokristallen gebaut werden, dann magnetisch sind oder nicht, oder ob sie in der heterogenen Katalyse von Katalysatoren zur Erzeugung hochwertiger Kohlenwasserstoffe eingesetzt werden können oder nicht.“
Als besonders an Herrn Niedermaier und seiner wissenschaftlichen Herangehensweise hebt Oliver Diwald hervor, dass er sich zugetraut hat, sich mit verschiedenen physikalisch sehr anspruchsvollen Untersuchungsmethoden auseinanderzusetzen sowie Kooperationen mit Experten sehr verschiedener Disziplinen einzugehen, um so neue wissenschaftliche Einsichten an vorderster Front zu gewinnen. Neben seiner materialwissenschaftlichen und physikalisch-chemischen Kompetenzen, die er sich während seines Doktoratsstudiums erarbeitet hat, war und ist Matthias Niedermaier Verfahrenstechniker, der Prozesse entwickelt und Reaktoren auslegt, „also auch ganz große Dinge macht“ (Zitat Diwald). Auch Professor Jörg von Hagen, Forschungsleiter bei Merck Darmstadt, betont die große Praxisrelevanz von Niedermaiers Arbeit.
Matthias Niedermaier, 34, hat an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg von 2007 bis 2014 Chemie- und Bioingenieurwesen studiert (Bachelor und Master). Das Doktoratsstudium absolvierte er von 2014 bis 2019 an der Universität Salzburg und schloss es mit der Dissertation zum Thema „Defekte in Metalloxid Nanopartikeln: Eigenschaften und Stabilität“ ab („Nature and stability of point defects in vapor grown metal oxide nanoparticle systems“). 2018 verbrachte er drei Monate für einen Forschungsaufenthalt an der University of Michigan, wo er an der Herstellung von nanopartikelbasierten, keramischen Filmen arbeitete. Seit Juli 2019 ist er als Chemieingenieur bei BASF SE Ludwigshafen im Bereich Forschung und Entwicklung beschäftigt, wo er durch seine Arbeit die Effizienz bestehender Prozesse steigert und versucht neue, nachhaltige Herstellungsverfahren zu entwickeln.
Kontakt:
Dr. Matthias Niedermaier
Johannes-Frech-Straße 14
67069 Ludwigshafen a.R.
t.: +49 160 8413541
Email:
Foto v.l.n.r.: Georg Amthauer (Verein Forschungsforum), Astrid Reichel (Diss. Betreuerin der Preisträgerin), Michael Breitenbach (Verein Forschungsforum), Isabella Scheibmayr (Preisträgerin des Geisteswissenschaftlichen Preises), Christian Blaschke (Rotary Club Salzburg Nord), Matthias Niedermaier (Preisträger des Merck-Preises für Naturwissenschaften), Jörg von Hagen (Forschungsleiter Merck Darmstadt), Oliver Diwald (Diss. Betreuer des Preisträgers) und Alois Lametschwandtner (Verein Forschungsforum) | Foto: © Simon Haigermoser