Frische Ideen kommen immer öfter von Kunden. “Open Innovation“ weiter im Aufwind
Der Trend zu „Open Innovation“ breitet sich von Großunternehmen auf Klein- und Mittelbetriebe aus. Das beobachtet die vor kurzem an die Universität Salzburg berufene Professorin für Marketing und Innovation Katja Hutter.
Die 34jährige Forscherin arbeitet parallel als Research Fellow an der Harvard University. Ständig steigender Wettbewerb und immer kürzere Produktlebenszyklen erhöhen für Unternehmen den Innovationsdruck. Viele Organisationen öffnen daher die Innovationsprozesse und beziehen Kunden und externe Kreative in die Ideenfindung mit ein.
Not macht erfinderisch. Als die NASA, die US- amerikanische Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft, vor drastischen Budgetkürzungen stand, von bis zu 40 Prozent im Bereich Forschung und Entwicklung, – bei gleichbleibenden Anforderungen an die Innovationsprozesse – erfolgte der Schwenk zu „Open Innovation“. Die Weltraumbehörde öffnete den Innovationsprozess von der herkömmlichen geschlossenen Form über die Unternehmensgrenzen nach außen. Seitdem laufen regelmäßig Innovationswettbewerbe, mit denen die Weltraumbehörde versucht, Forschungs- und Entwicklungssaufgaben mit kreativen Köpfen von außen, der Crowd, zu lösen.
Dieser Kulturwandel wurde und wird von der Harvard University wissenschaftlich begleitet, vor allem vom renommierten Open Innovation Forscher Karim Lakhani, mit dem Katja Hutter seit 2013 in verschiedenen Projekten zusammenarbeitet.
Open Innovation zahlt sich für die Unternehmen aus, sagt Katja Hutter. Die Vorschläge von externen Kreativen übertrumpfen oft die Lösungsansätze von Mitarbeitern. Hutter nennt dafür ein NASA Beispiel. „Es ging um die internationale Weltraumstation ISS und die optimale Ausrichtung der Paneele zur Sonne. Das ist wichtig für die Energieversorgung der ISS. Für solche hoch komplizierten Berechnungen hat die NASA Spezialisten. Dazu gibt es Verträge mit Boeing. Aber externe Programmier- und Algorithmus- Experten, die sich auf der Plattform „Topcoder“ zusammenfinden, haben die Status quo Boeing Lösungen zum optimalen Energie Output der Paneele deutlich getoppt, outperformed, wie es im Wirtschaftsjargon heißt.“
Damit externe kreative Köpfe interne Unternehmens-Lösungen toppen können, müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen vorhanden sein, betont Hutter. „Es muss eine klare Aufgabenstellung geben und das Problem muss korrekt formuliert werden.“
Open Innovation ist nicht nur in den USA, sondern inzwischen längst auch schon im deutschsprachigen Raum angekommen, sagt Katja Hutter. Sie selbst war etwa für Siemens bei der Öffnung der Innovationsprozesse involviert. Wobei es in diesem Fall sowohl um die externe als auch um die interne Crowd ging. In dem Unternehmen mit seinen 400.000 Mitarbeitern, das sehr stark in Business Units strukturiert ist, hat man versucht auch die interne Crowd zur Zusammenarbeit über die Bereiche und Hierarcheebenen hinweg zu vermengen.
Neben Großkonzernen funktioniert Open Innovation mittlerweile auch schon bei Klein- und Mittelbetrieben. Ein Musterbeispiel ist für Katja Hutter „Open Innovation Südtirol“, eine Innovationsplattform für Handwerker in Südtirol, mit der Betriebe ihre Kunden in die Produktentwicklung einbinden und so vom Wissen der Masse profitieren können. Hutter hat die Plattform während ihrer Tätigkeit an der Universität Innsbruck mitentwickelt. „Die Handwerker-Plattform gibt es seit 2009 und die Ideenwettbewerbe laufen immer noch. Da geht es zum Beispiel um kreative Souvenirs aus Holz, um Speck einmal anders oder um die Zukunft des Kinderbetts.“
Hutter nennt einige Produkte, die erfolgreich aus Wettbewerben hervorgegangen sind. „Ein Tischler hat so zum Beispiel das „Weinscheit“ kreiert, ein Holzscheit, das man öffnen kann und in dessen Inneren sich eine Weinflasche befindet. Oder ein Steinmetz hat lichtdurchlässige Leuchten aus Marmor entwickelt“. Einzigartig an der Plattform ist, dass hier das Crowdsourcing, also die Ideenfindung, mit dem Crowdfunding, der Finanzierung, kombiniert ist, betont Hutter. „So ist zum Beispiel die Entwicklung des Weinscheits oder der Wunderlampe aus Marmor voll finanziert worden.“
Katja Hutter wurde 1982 in Rauris/Salzburg geboren. Sie absolvierte das Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften sowie der Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck. Auslandsstudien führten sie nach New Orleans/USA und Waterloo/Kanada. Seit Juni 2013 ist Hutter an der Harvard University (im NASA Tournament Lab) tätig, derzeit als Research Fellow. Seit März 2016 ist sie Professorin für Marketing und Innovation am Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Salzburg. Mit 34 Jahren ist Katja Hutter neben der Philosophin Charlotte Werndl die jüngste Professorin an der Universität Salzburg.
Foto: Katja Hutter | © Kolarik
Associate Harvard IQSS, NASA Tournament Lab, Crowd Tournament Lab, 1737 Cambridge Street, Cambridge, MA 02138, USA