Salzburger Hochschulwochen: Positive Motivation gegen Angst
Angst war ein gewichtiger Impuls für die Vorträge und Gespräche an den Tagen Drei und Vier der Salzburger Hochschulwochen. Kuratoriumsmitglied der Paris Lodron Universität Gabriel Felbermayr und die Dekanin der Natur- und Lebenswissenschaftlichen Fakultät Eva Jonas betrachteten sie von unterschiedlichen Perspektiven.
„Wissenschaftliche Wirtschaftspolitik – geht das?“ fragte sich Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und Kuratoriumsmitglied der Paris Lodron Universität Salzburg. Und um es vorwegzunehmen: Seine Antworten fallen nicht gerade rosig aus. „Es gibt in dieser komplexen Welt keine einfachen Lösungen“, sagte er. Deshalb sei die Wissenschaft umso mehr gefragt, durch Erklärungen einer breiten Masse die Chance zu geben, sich zu orientieren. „Unser Erfahrungsschatz reicht bei weitem nicht mehr aus, um uns selbst eine eigene Meinung zu bilden. Deshalb muss Expertenwissen mobilisiert werden.“
Die Themen der heutigen Zeit haben eine hohe Eigendynamik. Klimawandel, Pandemien oder die Digitalisierung machen deutlich, dass es nicht weniger als die Zukunft der Menschheit geht. Das in ein wirtschaftliches System zu integrieren, sei alles andere als trivial: „Wir sind uns einig, dass der Treibhausgas-Ausstoß reduziert werden muss. Doch wie lässt sich das tatsächlich umsetzen?“ fragte Felbermayr. Denn es gebe stets mehrere Handlungsakteure, deren Bedürfnisse zu berücksichtigen seien. Jene der PendlerInnen beispielsweise seien andere als jene der Industrie. Auch die Politik werde von unterschiedlichen Interessensgruppen bestürmt. „Die handelnden AkteurInnen fragen sich meistens, was ihnen in den Kram passt. Das wird umgesetzt, der Rest wird prokrastiniert.“
Prokrastination – also das Verschieben von Aufgaben – ist seiner Meinung nach auch der Grund, warum sich in der Klimakrise zu wenig bewegt. „Die Vorliebe für kleine, schnelle Vorteile ist weitaus größer als jene für die Zukunft, weil sie zu weit weg scheint.“ Da könne die Wissenschaft noch so darauf dringen, gewisse Vorkehrungen zu treffen, um für künftige Generationen zu sorgen. Deshalb sei es umso wichtiger, dass Wissenschaft nicht nur die Politik berät, sondern auch eine Allgemeinverständlichkeit entwickelt, um die breite Masse dort abzuholen, wo sie sich informationsmäßig befindet.
Wenn es um die Zukunft der Menschheit geht, schwingt ein Thema mit: die eigene Sterblichkeit. Diesem Thema widmete sich Eva Jonas, Dekanin der Natur- und Lebenswissenschaftlichen Fakultät der PLUS. Sie zeigte in verschiedensten Studien, wie man mit Bedrohungen umgehen kann, die alle ihre Wurzel in eben dieser Angst vor der eigenen Sterblichkeit haben. „Das Leben ist voller unauflösbarer Diskrepanzen. Die Reaktion darauf kann einerseits die Verdrängung und die Verzerrung von Informationen sein. Andererseits können sich Werte und Gruppenzugehörigkeit als Kraftspender erweisen.“ Religion sei eine Möglichkeit, enge Beziehungen ebenfalls, um mit den fünf existenziellen Bedrohungen der heutigen Zeit umzugehen: Sterblichkeit, Kontrollverlust, persönliche Unsicherheit, Gewalt gegen die eigene Überzeugung und existenzielle Isolation. „Hier geben vor allem Gruppen Halt, um den eigenen Selbstwert wieder herzustellen und in weiterer Folge zu stabilisieren.“
Ihrer Ansicht nach gibt es zwei Wege, um der Angst zu entkommen, nämlich Orientierung zu finden oder Lösungsstrategien zu entwickeln. „Angst hilft dabei, Angst zu reduzieren“, sagte sie in der Diskussion am Donnerstag, die von Hedwig Kainberger, Leiterin des Ressorts Kultur bei den Salzburger Nachrichten, moderiert wurde. Deshalb plädierte sie dafür, die Motivation von Menschen auch im wirtschaftlichen Kontext mehr zu berücksichtigen. Sich anzuschauen, welche Phasen Menschen durchlaufen, wie sie mit Konflikten umgehen. „Unterschiedliche Reaktionen müssen über die dahinter liegenden Bedürfnisse betrachtet werden“, riet die Dekanin. Der Angst könne nur eine positive Aktivierung entgegengesetzt werden. Eine davon ist in ihren Augen Menschen wieder dazu anzuhalten, Utopien zu verwirklichen und sie dazu zu bringen, daraus konkrete Erfahrungen zu lukrieren. Um das tun zu können, brauche es vor allem eines: Vertrauen in die handelnden AkteurInnen. „Man schafft Vertrauen durch Kompetenz, Integrität und Benevolenz, also eine optimistisch-offene Haltung gegenüber anderen Menschen und Beziehungen.“ Inkonsistenz in diesen drei Punkten führe automatisch zu Enttäuschungen.