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Sebastian Forster: „Big“ und „Fast“ Data. Forschung an den Algorithmen für die Zukunft

Der Informatiker Sebastian Forster von der Universität Salzburg erhielt vor kurzem für seine exzellenten Forschungen zu neuartigen Big Data Algorithmen eine hochdotierte Förderung, einen mit 1, 5 Millionen Euro dotierten „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrates (ERC). Die herausragende Informatik-Karriere des vielseitig interessierten 34jährigen ließ sich schon bei einem ungewöhnlichen Programmierkurs in der Schulzeit erahnen.

Forsters Arbeiten zu „Big“ and „Fast“ Data sind für die Universität Salzburg und die geplante neue Fakultät für digitale und analytische Wissenschaften von großer Relevanz.  

Eigentlich ging alles schief, als Sebastian Forster (geborener Krinninger) mit 12, 13 Jahren im Gymnasium seines bayrischen Heimatortes Simbach einen Programmierkurs belegte. „Kein einziger Schüler hat bei dem Lehrer programmieren gelernt, er konnte sein Wissen nicht rüberbringen.“  Trotzdem: Mit einer Hilfe-Datei hat sich Forster, der von klein auf ein Faible für Computer hatte, das Programmieren in dem Kurs selber beigebracht. Auch danach hat er sich In Sachen Computer sehr vieles selber erarbeitet, und das so erfolgreich, dass das Bachelorstudium der Computerwissenschaft in Passau für ihn zunächst ein Kinderspiel war. „Schwer wurde es für mich erst mit der theoretischen Informatik und beim Doktorat, wo es darauf ankommt, eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit zu produzieren.“ 

Nach dem Masterstudium an der TU Wien schloss Forster im Jahr 2015 sein Doktoratsstudium an der Universität Wien mit einer Dissertation bei Monika Henzinger ab. Für diese Arbeit wurde er mit dem Heinz Zemanek Award (OCG) und dem Award of Excellence (BMWFW) ausgezeichnet. Davor forschte er ein halbes Jahr bei Microsoft Research in Mountain View im Silicon Valley und an der Universität Berkeley /USA. Nach weiteren Stationen als Postdoc am Max Planck Institut für Informatik, dann an der Universität Wien ist Forster seit September 2017 Assistenzprofessor an der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS).

„Meine Vorbilder in der Informatik sind Größen, die auch intellektuell hervorragen wie Noam Chomsky, der aus der Sprachwissenschaft kommt, oder Joseph Weizenbaum oder Alan Turing. Ein Vorbild auf der persönlichen Ebene ist meine Doktormutter Monika Henzinger, die ich nicht nur wegen ihrer exzellenten Forschung sondern auch menschlich sehr schätze.“

Forster betreibt Grundlagenforschung zu Algorithmen, mit einem starken Fokus auf theoretischen und mathematischen Aspekten. Konkret geht es um die Entwicklung neuartiger Big Data Algorithmen, deren Eingabedaten regelmäßig verändert werden. Ein bekanntes Beispiel für solche dynamischen Algorithmen sind Navigationssysteme, die bei Stau- oder Unfallmeldungen die Route aktualisieren. Dieses Prinzip der Aktualisierung nach einer Veränderung will Forster nun in komplexen Arten von Netzwerken untersuchen. Ziel ist es, neuartige effiziente Berechnungsmethoden für Netzwerke zu finden. Stichwort „Big“ and „Fast“ Data, also schnelle Verarbeitung großer Datenmengen. Das dazugehörige Projekt mit dem Titel „Dynamic Algorithms Against Strong Adversaries“ wird vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem „Starting Grant“ in der Höhe von 1, 5 Millionen Euro für fünf Jahre gefördert.

„Standardmäßig gibt es Algorithmen, die kann ich bei Veränderungen der Eingabedaten von vorne laufen lassen und eine komplett neue Berechnung durchführen. Das machen die statischen Algorithmen. Dieses ständig neue Berechnen durch statische Algorithmen ist aber sehr ressourcenintensiv, das heißt es braucht viel Rechenkapazität, viel Kommunikation zwischen den verteilten Computern, viel Speicherplatz und Strom, das alles ist teuer und dauert lange. Dynamische Algorithmen wollen das vermeiden. Die Forschung dazu entwickelt sich aber erst. Ich gehe davon aus, dass man, wenn diese Tools erst einmal vorhanden sind, dann Dinge machen kann, an die man davor nicht einmal gedacht hat, etwa im Bereich soziale Netzwerke, interaktives Planen, Transportlogistik oder Bioinformatik. Es ist eine Aufgabe für die Zukunft, diese Dinge praxistauglich zu machen.“ 

Forster hat im Bereich dynamische Algorithmen und generell im Bereich Algorithmen einige Probleme gelöst, die bisher ungelöst waren. Letztes Jahr hat er zum Beispiel den schnellsten Algorithmus zur Lösung der Frage entwickelt, wie viele Rechner ausfallen müssen, damit irgendwo in einem Netzwerk zwei Rechner nicht mehr verbunden sind, wie wenn Straßenkreuzungen so verstopft sind, dass es keinen Umweg mehr gibt. 

In der Strukturreform der Universität Salzburg (PLUS 2030) ist die Gründung einer neuen Fakultät für digitale und analytische Wissenschaften vorgesehen. Einen bedeutenden Teilbereich könnten die Forschungen Forsters bilden. „Wie man mit vielen Daten flexibel, schnell und zuverlässig umgeht, das ist relevant für Echtzeitsysteme. Ich glaube, dass unsere diesbezügliche Forschung innerhalb einer neuen Fakultät für digitale und analytische Wissenschaften ein wichtiges Element ist“, sagt Forster und verweist in diesem Zusammenhang besonders auch auf die Arbeiten des Salzburger Informatikprofessors Robert Elsässer. Elsässer ist stellvertretender Leiter des Fachbereichs Computerwissenschaften und Leiter der Gruppe „Efficient Algorithms“, zu der auch Sebastian Forster gehört. Elsässer ist an einem 8 Millionen EU-Großprojekt („HIDALGO“) zu Big Data Technologien beteiligt. Ein Schwerpunkt dieses Großprojekts ist die Informationsausbreitung in sozialen Netzwerken und die Identifizierung von Fake News. Gerade in Corona-Zeiten ein relevantes Thema. Wüsste man mathematisch genau, wie sich echte Nachrichten verbreiten, könnte man sie klar von Fake News unterscheiden, so die Hypothese der Forscher.

Die Salzburger Computerwissenschaft zählt – gemessen an ihrer Größe – generell in der Forschung zu den Top-Universitäten. Im U-Multirank der EU nimmt sie bei den „top cited publications“ in ihrem Fach international einen der vordersten Plätze ein. Die in Salzburg vertretenen Forschungsgebiete waren ein wesentlicher Grund, warum sich Forster 2017 für eine Laufbahnstelle (Tenure-Track Professur) an der Universität Salzburg bewarb. Dass seine Familie und die Familie seiner Frau aus der Region sind (seine Frau kommt aus Braunau), war ein weiterer Grund für seine pro-Salzburg Entscheidung, so Forster, der sich auch als Familienmensch sieht. Ein Zeichen dafür ist, dass er in Kürze sieben Monate lang in Väterkarenz geht.

Er und seine Frau, eine Sozialwissenschaftlerin und Statistikerin, die in Wien tätig ist, haben eine einjährige Tochter. „Wir wollen uns die Kinderbetreuung möglichst fair aufteilen. Ich möchte zudem ein Vorbild sein in der Informatik, einem Bereich wo es ohnehin schlecht um die Geschlechtergleichheit steht.“

Generell möchte Forster mehr Mädchen motivieren, Informatik zu studieren. Die Befürchtung vieler Jugendlicher, dass man in dem Bereich zu wenig mit Menschen zu tun habe, habe auch er vor der Wahl des Studiums gehabt. Tatsache sei aber, dass die moderne Software-Entwicklung sehr stark auf Teamorientierung  angelegt ist. Und noch ein Aspekt spreche für das Informatikstudium: Anders als in manch anderen Studienfächern spiele für den Erfolg in der Informatik das Elternhaus bzw. die soziale Herkunft keine Rolle, so Forster. Er sei ist auch froh, dass heute gute Noten in Mathematik bei Mädchen nicht mehr als uncool gelten.

Und wo findet er – neben der Familie – einen Ausgleich zur Wissenschaft? Zum Beispiel beim Lesen (Paul Auster) oder sportlich beim Bouldern und Slacklinen, so der Informatiker.

Fotonachweis: Kolarik

Kontakt
Assist.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Sebastian Forster
Fachbereich Computerwissenschaften
Universität Salzburg
Jakob-Haringer-Straße 2
5020 Salzburg
t.: +43 662 8044-6421

https://www.cs.sbg.ac.at/~forster/ 

 

Bild: Sebastian Forster – Fotonachweis: Kolarik

Bild: Sebastian Forster - Fotonachweis: Kolarik