Projekte im Schwerpunktthema Digitalisierung
Soziale Digitalisierung Ansprechpartnerin am Fachbereich: Kornelia Hahn
Diese neue Sozialtheorie kehrt dominante Erzählungen der „digitalen Revolution“ um und argumentiert, dass die heutige digitale Technologie in eine langfristige Entwicklung der sozialen Digitalisierung eingebettet wurde. Soziale Digitalisierung konzentriert sich auf die Implementierung einer digitalen Logik, die zuvor kontingente soziale Prozesse in digitalisierte Prozesse umorganisiert hat, einschließlich der notwendigen Ko-Evolution unserer kollektiven digitalen Kompetenz. Die Theorie der sozialen Digitalisierung ist ein ganzheitlicher Ansatz, der über einen reinen Fokus auf Technologie hinausgeht. Ihre Anwendung auf empirische Projekte ermöglicht es, die volle Komplexität der Digitalisierung zu verstehen, zu analysieren, wie die digitale Transformation unsere Lebensweise dominiert hat, und digitale Prozesse zu bewerten, um ihre ungleichen Auswirkungen auf verschiedene soziale Gruppen zu berücksichtigen.
Buchprojekt: Die ungetragenen Kleider der Mode Ansprechpartnerin am Fachbereich: Kornelia Hahn
Die Geschichte der ungetragenen Kleidung in der Mode wird als eine langfristige sartoriale digitale Transformation erzählt und bietet eine neuartige theoretische Erklärung für den Aufstieg dessen, was vage als „Fast Fashion“ bezeichnet wird. Diese Entwicklung, die lange vor der Einführung digitaler Technologien begann, wird durch die Logik der Digitalisierung angetrieben, die darauf abzielt, Produktivität und Gewinne zu optimieren, indem Kontingenzen und damit verbundene Risiken minimiert werden. Ihre Folgen zeigen sich besonders deutlich in der ökologisch gefährlichen Überfülle an ungetragener und weggeworfener Kleidung, aber auch im paradoxen und bisher unbeachteten Phänomen der „Kleidungsentbehrung“ bei Verbrauchern, die gezwungen sind, sich mit der zeitgenössischen Mode- und Bekleidungskultur auseinanderzusetzen, obwohl sie den Großteil der Produkte der Modeindustrie nicht tragen. Durch die Infragestellung dominanter Erzählungen über Mode und Industrie zielt dieses Buch darauf ab, Initiativen für Veränderungen auf der Grundlage eines alternativen Konzepts von „angemessener Mode“ zu informieren.
Nur ein kleines Rad im Getriebe? Arbeitsbedingungen von Fahrradkurier*innen in der Stadt Salzburg Ansprechpartner:in am Fachbereich: Wolfgang Aschauer
(Digitale) Plattformen (Gig Economy) haben zur Entwicklung neuer Märkte, wie etwa im Segment der Essenslieferdienste, unter scharfer Konkurrenz beigetragen. Ihre Arbeit wird in der Literatur im Spannungsfeld von Bedürfnissen nach Autonomie und Flexibilität sowie Kontrolle, Unsicherheit und intransparenten Prozessen beschrieben. Sie stehen oft prototypisch für eine neue Gruppe prekär Beschäftigter, da ihre Bezahlung oft gering ist, eigene Arbeitsmittel wie das Smart-Phone kommen beansprucht werden und sie körperlich stark gefordert sind. Das Projekt im Auftrag der Arbeiterkammer Salzburg nimmt vor diesem Hintergrund die Arbeits- und Lebenssituation der Fahrradkurier:innen sowie ihr Arbeitserleben unter Einfluss digitaler Technologien genauer in den Blick. Hierfür wurden zwei Gruppendiskussionen sowie 26 Einzelinterviews geführt und anhand der dokumentarischen Methode ausgewertet. Dabei wurden die für die Fahrradkurier*innen erfahrbaren zentralen Dynamiken in der Plattformarbeit analysiert sowie objektive und subjektive Bedingungen prekärer Arbeit herausgearbeitet. Darüber hinaus wurden sechs Typen von Fahrradkurier*innen (die Begeisterten, die Sportlichen, die Unbekümmerten, die Pragmatischen, die Kritischen und die Desillusionierten) identifiziert, die sich entlang unterschiedlicher soziodemographischer und sozialstruktureller Merkmale und Einstellungen zu den Plattformen sowie zu Interessensvertretung bzw. gewerkschaftlicher Arbeit ausformen lassen.
Befunde der Studie (mit Wolfgang Aschauer, Katharina Obenholzner, Katharina Stiebler, Anna Stadler)
Technological Readiness:Telecare (TRTC) Ansprechpartner: Wolfgang Aschauer, Christopher Etter
Der sich aktuell vollziehende demographische Wandel in westlichen Industrienationen erfordert innovative Lösungen im Bereich der Gesundheitsversorgung. Die moderne Pflege greift bereits auf derartige Technologien zurück und implementiert diese beispielsweise heute schon in Versorgungsformen, die allgemein als „Telecare“ bekannt sind. Zu Technologien dieser Art gehören auch virtuelle, KI-basierte Avatare, die pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörige zuhause unterstützen. Von diesen digitalen Tools verspricht man sich eine bessere Versorgung abgelegener Gebiete, Entlastung im Gesundheitssystem, sowie das Empowerment von Patient*innen. Um den Grad der „Technological Readiness“ hinsichtlich der Nutzung von Pflegeavataren für den deutschsprachigen Raum einschätzen zu können, führten wir in Kooperation mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU), drei empirische Studien durch. In einem ersten Schritt wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz zwischen September und November 2021 21 Expert*inneninterviews mit namhaften Wissenschaftler*innen, politischen Akteur*innen und medizinischen Dienstleister*innen durchgeführt. Anschließend designte das Team einen Multimedia-Fragebogen, der an medizinisches Personal aus den D-A-CH-Regionen versandt wurde. Hierdurch konnten wichtige quantitative Einblicke in die Meinungen von Pflegekräften zu Pflegeavataren gewonnen werden. Um auch Aussagen zur Technologiebereitschaft der Bevölkerung im D-A-CH Raum zu ermöglichen, wurde eine umfangreiche ländervergleichende Bevölkerungsstudie über ein Online-Access Panel in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungs-Institut „marketagent“ durchgeführt. Das Methodenteams der PLUS (Wolfgang Aschauer und Christopher Etter) arbeiten aktuell gemeinsam mit der PMU intensiv an der weiteren Dissemination der Ergebnisse.
Aktuelle/geplante Publikationen:
Aschauer, W., Nemetz, F. P., Etter, C., Krutter, S., Osterbrink, J. & Kutschar, P. (2024). Attitudes towards Avatar-solutions in healthcare. An online survey on the main antecedents to explain technological readiness among nurses. Computer Informatics and Nursing (aktuell im Review).
Aschauer, W., Nemetz, F. P., Etter, C., Krutter, S., Osterbrink, J. & Kutschar, P. (2025). Attitudes towards Avatar-solutions in the D-A-CH region. Results of an extensive online survey. (In Vorbereitung).