Visuelle Kommunikation auf Social Media


Person hält Smartphone vor buntem Hintergrund

Bilder von der flauschigen Babykatze, dem üppigen Sonntagsfrühstück und vom schnellen Wochenend-Trip nach London. Auf Social Media werden Alltags- und Urlaubsmomente stark inszeniert – jede*r zeigt den eigenen „Followern“ meist nur die crème de la crème des eigenen Lebens. Wir haben mit Kommunikationsexpertin Mag. Dr. Maria Schreiber vom Fachbereich Kommunikationswissenschaft der PLUS über visuelle Kommunikation auf Social Media gesprochen – was Menschen dazu antreibt Ausschnitte ihres Lebens online zu teilen, wie sich die Bildsprache durch Corona verändert hat und was für die Zeit nach Corona zu erwarten ist.

Generell teilen Menschen all jene Dinge auf Social Media, die ihnen am Herzen liegen und auf die sie stolz sind. Und auch in Corona Zeiten gab es genug teilenswerte Momente – von Bananenbrot bis zu DIY-Projekten. Mehr zur visuellen Kommunikation auf Social Media vor, während und nach Corona erfahrt ihr in diesem Interview.

Visuelle Kommunikation auf Social Media: Interview mit Kommunikationsexpertin Mag. Dr. Maria Schreiber

Wie kommunizieren Menschen normalerweise ihr Leben visuell auf Social Media? Und was treibt sie dazu an?

Menschen zeigen in den sozialen Medien das, was in ihrem Alltag, ihrer Lebensphase, ihrer Situation gerade relevant ist – das ist natürlich je nach Alter oder Milieu sehr unterschiedlich und kann von der lustigen Teetasse über das süße Haustier bis zur neuen Yacht alles Mögliche sein. Auch die Motivation, etwas zu posten, ist sehr unterschiedlich: Bilder können etwa in Messaging-Programmen die Funktion haben, etwas mitzuteilen, also z.B. „Ich bin gerade an der Uni!” oder „Welche Schuhe soll ich kaufen?”.

Bilder dienen aber auch dazu, besondere Momente (Urlaube, Parties, Geburtstage usw.) in Erinnerung zu behalten und diese Erinnerung mit einer Halböffentlichkeit, z.B. auf Facebook oder Instagram, zu teilen. Über Bilder wird auch die Zugehörigkeit oder gewünschte Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe markiert, also z.B. „Ich bin jemand, die Sport macht.” oder „Ich fahre einen Mercedes.”

Smartphone mit Instagram App

Inwiefern hat sich durch Corona die visuelle Kommunikation auf Social Media verändert?

Auch während des Lockdowns haben Menschen das gezeigt, was in ihrem Alltag wichtig war. Das waren natürlich durchaus andere und neue Bilder als zuvor: Da sich das Leben großteils innerhalb von Wohnungen abgespielt hat, wurden viele Wohnzimmer-Ansichten und Jogginghosen gezeigt und auch das, womit man sich beschäftigt hat, also z.B. besondere Gerichte, sportliche Betätigung, Do-It-Yourself-Aktivitäten, aber auch Bilder von den immer wiederkehrenden Pressekonferenzen der Regierung und natürlich diverse Maskenmodelle.

Tipp: Von Maria Schreiber ist vor Kurzem das  Buch „Digitale Bildpraktiken” erschienen. Dort analysiert sie aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive, auf welch vielfältige und komplexe Weise vernetzte visuelle Kommunikation stattfindet.

Geteilt werden gerne jene Dinge, von denen man weiß, dass sie anschlussfähig sind, also mit denen sich andere auch identifizieren können, z.B. der wilde Haarwuchs, wenn man nicht zum Friseur gehen kann oder das fünfte Bananenbrot, das für jeden einfach zu backen ist. Was auch vorgekommen ist, war, dass die „Blockwart-Mentalität” auch als Reaktion auf Bilder stattgefunden hat. Das bedeutet, dass manche User*innen Bilder von Treffen mit Freund*innen während des Lockdowns gepostet haben und andere darauf sehr irritiert oder verärgert reagiert haben, dass sich hier jemand nicht an das Social Distancing hält. Hier dienen Social-Media-Bilder quasi als Beweismaterial für „asoziales Verhalten”.

Frau mit Maske und Klopapier

Wie zeigt sich der Rückzug ins Häusliche in Bildern? Welche „Trends“ konnten Sie erkennen?

Interessant ist hier zu beobachten, dass „das Häusliche” für unterschiedliche Menschen natürlich sehr Unterschiedliches bedeutet: das Haus mit Garten, in dem die Kinder herumtollen können und genug Platz für mehrere Home-Office-Arbeitsplätze ist, ist genauso ein Zuhause wie die 40qm-Wohnung, in der die Alleinerziehende sich den Küchentisch mit dem Home-Schooling-Kind teilen muss. Mit wem man Einblicke in das eigene Zuhause teilt, kommt darauf an, wie nahe man diesem Publikum steht und wie sehr man Einblick gewähren will. So wird etwa das frisch bepflanzte Hochbeet auf der Dachterrasse gerne auf Instagram gezeigt, während das quengelnde Kind, das sich quer über den Arbeitslaptop legt, wahrscheinlich eher die beste Freundin auf WhatsApp erreicht.

Insgesamt ist aber klar, dass wenn sich das Leben nicht mehr draußen oder auch an öffentlichen Orten abspielt, wir vor allem Bilder aus den Wohnungen der Menschen sehen. Fotografinnen und Fotografen haben auch spezielle  Lockdown-Serien produziert, etwa  Menschen vor ihren Haustüren oder Menschen, die aus ihren Fenstern rausschauen.

Es gab auch eine Menge Memes rund um Corona und Home-Office, in denen sich ausdrückt, dass bestimmte Erfahrungen kollektiv geteilt werden oder die sich einfach auch nur über die Situation lustig machen, um diese erträglich zu gestalten.  Viele gute Beispiele findet ihr zum Beispiel hier.

Wie hat sich die visuelle Kommunikation nach dem Lockdown entwickelt?

Auch hier gilt wieder, dass wir das sehen, was aktuell relevant ist, also z.B. der erste Supermarkt-Besuch, das erste Treffen mit Familie oder Freund*innen, Erlebnisse die früher eher banal waren, werden jetzt zu speziellen Ereignissen: der Besuch eines Restaurants, ein Kurzurlaub oder eine Reise oder auch einfach eine Bahnfahrt. Vermutlich wird sich die Bilderwelt auf Social Media wieder relativ schnell normalisieren bzw. wie vor dem Lockdown aussehen. Zu erwarten ist, dass diesen Sommer sehr viele Urlaubsbilder aus Österreich kommen und auch die Masken-Fashion noch ein wenig erhalten bleibt.

Euer commUNIty Redaktionsteam

Photo-Credits:
Titelbild: Rodion Kutsaev via Unsplash
Smartphone: Kate Torline via Unsplash
Frau mit Maske: Anna Shvets via Pexels