Kulturelles Erbe und Tourismus
Der Kommunikationswissenschaftler Kurt Luger erhält am 17. November den UNESCO-Lehrstuhl für Kulturelles Erbe und Tourismus an der Universität Salzburg. Seine Antrittsvorlesung hält er zum Thema Kulturelles Erbe im Spannungsfeld von bewahrender Pflege und touristischer Vereinnahmung.
Foto: Kurt Luger | © PLUS
Mit der Einrichtung von Lehrstühlen will die UNESCO ihre Ziele auch an den Hochschulen verankern. Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen arbeiten in diesem weltweiten Universitätsnetzwerk zusammen. Die UNESCO-Lehrstühle zielen darauf ab, internationale Netzwerke zum Wissensaustausch zu schaffen. Die Universität Salzburg ist nun Mitglied des UNITWIN-Programmes, durch das die Anliegen der UNESCO an den Universitäten verankert werden sollen. Mittlerweile besteht das Netzwerk aus mehr als 600 Lehrstühlen verschiedener Fachrichtungen in über 120 Ländern. In Deutschland gibt es zurzeit acht, in Österreich wird mit dem neuen Lehrstuhl an der Universität Salzburg der fünfte eingerichtet.
Kurt Luger beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit Kulturellem Erbe und Tourismus: „Seit mehr als zehnJahren befasse ich mich mit der Frage, wie Tourismus nachhaltig gestaltet werden kann, wie er dem kulturellen Erbe nützen und dieses auch schützen kann. Meiner Meinung nach kann Tourismus sogar zur Belebung von Traditionen und bewährten Techniken beitragen. Das bedeutet einerseits Grundlagenforschung, aber auch die Anwendung des Wissens in der Praxis“, sagt Kurt Luger.
Das immaterielle Kulturerbe zählt neben dem Welterbe zu Lugers wichtigsten Forschungsgebieten. Dazu zählen etwa Dialekte, Erzählungen, Musik- und Gesangsformen, Tänze, Rituale und Feste, Wein- und Hortikultur, aber auch traditionelle Heilmethoden, Bau- und Handwerkstechniken. Bei immateriellem Kulturerbe geht es um zentrale Elemente von Lebensformen, um Identität und das Selbstverständnis von Menschen einer bestimmten Region.
Mit Schweizer Kollegen von Universitäten und vom Welterbe Aletsch-Gletscher entwickelt Luger ein Instrumentarium zur Selbstevaluierung von Welterbe-Stätten. Die Manager, die für den Erhalt, die Pflege aber auch die Weiterentwicklung eines Welterbes verantwortlich sind, können auf diese Weise von Erfahrungen anderer lernen, sich mit diesen vergleichen, und herausfinden, was woanders besonders gut und erfolgreich war. Es handelt sich um eine Benchmark-Studie, die auch der UNESCO helfen wird, ihre Monitoring Aufgabe besser zu erfüllen. In einem zweiten Projekt geht es zusammen mit der Österreich Werbung und der Österreichischen UNESCO Kommission um die Entwicklung von hochwertigen touristischen Angeboten. Das alte Pinzgauer Heilwissen – seit zwei Jahren als nationales Kulturerbe anerkannt – soll weitergegeben werden, auch an Touristen, die mit den Experten vor Ort zum Beispiel Kräuter suchen und über deren Anwendung und Heilwirkung eine Schulung erfahren.
Zu dem Thema gibt es auch eine aktuelle Publikation:
Kurt Luger/Karlheinz Wöhler, Kulturelles Erbe und Tourismus, Rituale, Traditionen, Inszenierungen.
StudienVerlag Innsbruck 2010.
Beeinflusst der Tourismus den kulturellen Wandel einer Region? Verändert er die Lebensformen der Menschen?
Dieser Band bringt die Erkenntnisse und Meinungen von Praktikern und Wissenschaftlern, von Touristikern sowie von Vermittlern des Kulturerbes zusammen. Er greift den Diskurs um die besondere Qualität des immateriellen kulturellen Erbes im Generellen und für den Tourismus im Besonderen auf. Bis vor kurzem verstellte die Polemik um die Kommerzialisierung von Fronleichnamsprozessionen oder um die spezifische Unterhaltungsfunktion eines Tiroler Abends den Blick auf die analytische Auseinandersetzung über die kulturelle und gesellschaftspolitische Dimension des Erbes. Diese Diskussion ist aber auf einer sachlichen und wissenschaftlichen Ebene zu führen. Umso wichtiger wird sie im Kontext von räumlicher Identitätssuche und -verankerung in einer globalisierten Welt und einem Europa ohne Grenzen.
Programm
Festveranstaltung anlässlich der Verleihung des
UNESCO-Lehrstuhls „Kulturelles Erbe und Tourismus“
17. November 2011
Alte Bibliotheksaula der Universität Salzburg
Hofstallgasse 2-4
18.00 Uhr
Eröffnung und Moderation
Mag. Maria Walcher, Österreichische UNESCO-Kommission
Univ.-Prof. Dr. Sylvia Hahn, Vizerektorin für Internationale Beziehungen und Kommunikation
Kurzpräsentation des immateriellen Kulturerbes
Nationales Verzeichnis
Dr. Karin Buchart, Heilwissen der PinzgauerInnen
MMag. Michael Neureiter, Stille Nacht Gesellschaft
Dr. Ludwig Wiener, Verein IKES-Immaterielles Kulturerbe Salzkammergut
Landesrätin Dr. Tina Widmann
Antrittsvorlesung Univ-Prof. Dr. Kurt Luger
Kulturelles Erbe im Spannungsfeld von bewahrender Pflege und touristischer Vereinnahmung
Musikalische Begleitung: Harfenduo Wiesholler – Plereiter
Im Anschluss laden wir zum Buffet