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Österreichischer Biodiversitätsrat: Fünf Kernforderungen, um „Biodiversitätsverlust bis 2030 zu stoppen“

Im Rahmen des Forums Biodiversität Österreichs am 18. Dezember 2019 veröffentlichen die WissenschafterInnen und ExpertInnen des Österreichischen Biodiversitätsrates fünf Kernforderungen, um das derzeitige Artensterben aufzuhalten. Darunter: Ein Biodiversitätsfonds mit 1 Milliarde Euro, Biodiversität als Priorität im künftigen Regierungsübereinkommen und eine tiefgreifende Ökologisierung der Gesellschaft: „Steuern, Subventionen, Gesetze: Wir müssen alles durchforsten und so umgestalten, dass auch noch unsere Kinder und Enkelkinder hier gut leben können“, sagt die Politikwissenschafterin Alice Vadrot vom Leitungsteam des Biodiversitätsrates.
Die Vielfalt der Arten und Ökosysteme nimmt weltweit, aber besonders auch in Österreich derzeit drastisch ab: „In 20 Jahren sind 42 Prozent der Brutvögel in der heimischen Kulturlandschaft verloren gegangen, jede dritte Art steht auf der Roten Liste, rund 80 Prozent aller Arten und Lebensräume der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand“, fasst Christian Sturmbauer, Zoologe an der Universität Graz, alarmierende Fakten zusammen.
Fakten sind eindeutig
„Diese wissenschaftlichen Fakten zur Bedrohung unserer Biodiversität liegen auf dem Tisch – und sie sind eindeutig“, betont auch Franz Essl, Biodiversitätsforscher an der Universität Wien, „es würde unsere Zukunft nachhaltig zerstören, wenn diese nicht berücksichtig werden!“ Die derzeitigen Gegenmaßnahmen oder auch politischen Zielsetzungen „reichen jedenfalls bei Weitem nicht aus, um Österreichs Biodiversität für die nächsten Generationen zu erhalten“, so Alice Vadrot, die gemeinsam mit Christian Sturmbauer und Franz Essl das Leitungsteam des Biodiversitätsrates bildet.
Fünf Kernforderungen mit konkreten Schritten
Vor diesem Hintergrund hat der Österreichische Biodiversitätsrat, dem 22 renommierte Umweltforschende und ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis angehören, fünf Kernforderungen zum Schutz der Biodiversität in Österreich entwickelt: Sie fordern unter anderem die Ausrufung der „Biodiversity Emergency“ durch den Nationalrat, einen nationalen Biodiversitätsfonds mit 1 Milliarde Euro sowie Biodiversität als Priorität im künftigen Regierungsübereinkommen.
Steuerreform und biodiversitätsfördernde Subventionen
„In der Landnutzung und Raumplanung müssen wir naturschädliche Förderungen und Subventionen durch biodiversitätsfördernde ersetzen, es braucht dringend eine sozial-ökologische Steuerreform, um Klima- und Biodiversitätsschutz gemeinsam und gleichrangig umzusetzen“, erklärt Franz Essl, „und eine wirklich umfassende Ökologisierung der Gesellschaft.“ Ziel ist es, den „Biodiversitätsverlust bis 2030 zu stoppen“.
Bildung und auch die Wissenschaft müssten massiv gestärkt werden, so die ExpertInnen: Es brauche ein verlässlich finanziertes nationales Forschungsprogramm, ein Zentrum zur Erfassung der Artenvielfalt in Österreich und „ein Riesenplus im Bereich Wissenstransfer und Ausbildung“, so Christian Sturmbauer von der Uni Graz.
Verpflichtungen endlich tatsächlich einhalten
Als erster Schritt müssten europäische und internationale Verpflichtungen „endlich tatsächlich eingehalten werden“, sagt die Politikwissenschafterin Alice Vadrot. Darüber hinaus schlagen die ExpertInnen vor, den Schutz der Biodiversität durch ein Bundesrahmennaturschutzgesetz sowie ein Transparenzgesetz zu stärken: „Bei allen Investitionen und Gesetzen sollen die Auswirkungen auf die Biodiversität überprüft werden“, fordert Vadrot.
Die Kernforderungen werden im Rahmen des 2. Österreichischen Forums zu Biodiversität und Ökosystemleistungen am 18. Dezember 2019 präsentiert und mit den TeilnehmerInnen in Arbeitsgruppen diskutiert.
2. Österreichisches Forum zu Biodiversität und Ökosystemleistungen
Mittwoch, 18. Dezember 2019, Wien Videobotschaft von Bundespräsident Alexander Van der Bellen Keynote von Markus Fischer (Forum Biodiversität Schweiz, Universität Bern, Co-Chair IPBES Regional Assessment Europe and Central Asia) zum Thema „Landnutzung, Biodiversität und Ökosystemleistungen“
Weitere Informationen
 http://biodiversityaustria.at/kernforderungen
 https://www.biodiversityaustria.at/biodivrat/
Der unabhängige Biodiversitätsrat des Netzwerks Biodiversität Österreich setzt sich aus derzeit 22 ExpertInnen unterschiedlicher Fachdisziplinen sowie Institutionen aus Wissenschaft und Praxis zusammen. Ziel des Biodiversitätsrates ist es, das Ausmaß und vor allem die Folgen des Biodiversitätsverlusts in Österreich sowie wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze aufzuzeigen. Der Rat konstituierte sich im April 2019; im Juli 2019 wurde ein sechsköpfiges Leitungsteam gewählt.
Das Netzwerk Biodiversität Österreich versteht sich als Open Community, interdisziplinär für die unterschiedlichsten Fachdisziplinen und transdisziplinär für Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft, NGOs und Zivilgesellschaft. Gemeinsames Ziel ist die Stärkung der Biodiversität und deren Ökosystemleistungen in Österreich. Alle, die dieses Ziel unterstützen, sind herzlich eingeladen, im Netzwerk mitzuwirken und das Memorandum of Understanding zu unterzeichnen.
Wissenschaftlicher Kontakt
Ass.-Prof. Mag. Dr. Franz Essl
Univ.-Prof. Dr. Christian Sturmbauer
Ass.-Prof. Mag. Dr. Alice Vadrot
Rückfragen
Dr.in Andrea Höltl

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