Umweltverschmutzung: Vom Allergen zum Super-Allergen
Wissenschaftler der Universität Salzburg haben einen möglichen Mechanismus aufgeklärt, wie durch Luftverschmutzung ein Allergen zum Super-Allergen wird. So wurde erstmals ein Zusammenhang zwischen Allergie und Umweltverschmutzung nachgewiesen. In Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien und der Firma F. Hoffman-La Roche in Basel, die die Arbeit auch finanzierte, wurden die Ergebnisse in einer Dissertation zusammengefasst und in Public Library of Science ONE (PLoS ONE) publiziert.
Foto: Univ.-Prof. Dr. Albert Duschl, Fachbereich Molekulare Biologie der Universität Salzburg.| © Scheinast
Allergien nehmen weltweit immer mehr zu. Als Ursache für diese Krankheit wird vielfach unser moderner Lebensstil in Verbindung gebracht. Für Allergien sind unterschiedliche Faktoren wie Vererbung, Ernährung oder Hygiene verantwortlich. Dass Umweltverschmutzung ebenfalls zur Auslösung von Allergien führt, wird vielfach angenommen, ist jedoch noch wenig erforscht. „Wir wissen, dass Luftverschmutzung mit Ozon und NOx (typisch für Sommersmog) Proteine, auch Allergene, chemisch verändern können“, betont der Leiter der Arbeitsgruppe Albert Duschl, vom Schwerpunkt Biowissenschaften und Gesundheit an der Universität Salzburg. Diese Veränderung ist chemisch gesehen gering. „Ein Nitrat hängt sich an die Proteine an und beschädigt sie dadurch“, erläutert Duschl. In der neuen Studie wurde nun erstmals aufgezeigt, wie diese Veränderung durch Umweltverschmutzung die Allergie möglicherweise verstärkt.
Im Rahmen der Untersuchung wurde ein Allergen aus Birkenpollen verwendet und in nitrierter oder normaler Form zu Zellen des Immunsystems gegeben. Die Wissenschaftler zeigten auf, dass nitrierte Allergene wesentlich effizienter gespalten und an die Oberfläche der dendritischen Zellen befördert werden können – ein Prozess der für die Immunaktivierung erforderlich ist und somit allergische Reaktionen hervorruft. Immunzellen von zehn Patienten mit Birkenpollenallergie zeigten in allen Fällen eine effektivere Spaltung des nitrierten Proteins und bei allen zehn Spendern wurden mehr unterschiedliche Teile des Proteins an die Oberfläche befördert.
Die Ergebnisse zeigen, dass bereits der allererste Kontakt des Allergens mit dem Immunsystem darüber entscheidet, ob es als Super-Allergen wahrgenommen wird. Durch die Nitrierung des Allergens wurde dessen feste Struktur gestört. Es entstand ein weniger stabiles Allergen, das von den Immunzellen wiederum leichter gespalten werden konnte. „Wir haben also gezeigt, dass die von uns veränderten Allergene wirklich stärkere Allergien auslösen“, so Duschl.
Da man in verschmutzter Stadtluft bereits nitriertes Allergen aus Birkenpollen nachgewiesen hat, haben die meisten von uns diese Substanz schon eingeatmet. Trotzdem wird nicht jeder allergisch dagegen, weil dafür zusätzliche Faktoren erforderlich sind. Luftverschmutzung spielt aber eine Rolle.
Aufgrund dieser Studie sind die Wissenschaftler nun in der Lage, den Mechanismus des Immunsystems zu verfolgen. Sie wissen, wie das Super-Allergen wirkt und wollen in weiteren Untersuchungen herausfinden, ob auch andere Allergene stärker wirken, wenn man deren Struktur destabilisiert.
Die Arbeit ist ein Beispiel für eine gelungene Zusammenarbeit von Universität und Industrie, bei der die Universität Salzburg die Untersuchungen zu den veränderten Allergenen beigetragen hat, die MedUni Wien spezielle Zell-Tests und die Firma F.Hoffmann-La Roche ein aufwendiges Verfahren zur Identifizierung der Allergen-Bruchstücke.
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Albert Duschl
Fachbereich Molekulare Biologie
Tel: +43 662 8044-5731