Bestandserweiterungen
Drei neu erworbene Bände zu Stefan Zweig
Ende Oktober 2025 konnte das Literaturarchiv Salzburg drei Bücher zu Stefan Zweig erwerben.
Zwei der Bände stammen aus der ehemaligen Bibliothek Stefan Zweigs. Sie tragen seine charakteristischen Besitzstempel, eingetragene Bibliotheksnummern sowie eigenhändige Notizen. Es handelt sich um ein Exemplar des Organs für Autographensammler und Autographenhändler (1. Jahrgang, 1859) sowie den umfangreichen Catalogue of the Renowned Collection of Autograph Letters and Historical Manuscripts aus der Auktion der Sammlung Alfred Morrison (Sotheby, Wilkinson & Hodge, 1917). Beide Werke stehen exemplarisch für Zweigs systematische Auseinandersetzung mit dem historischen Autographenmarkt und seine intensive Sammlungstätigkeit.
Ergänzt werden diese Ankäufe durch einen besonderen Band von Stefan Zweigs Nachdichtung der Drei Dramen von Émil Verhaeren (1910). Das Exemplar enthält eine eigenhändige Widmung an den Dramaturgen Heinrich Glücksmann und Aufführungsdaten am Vorsatz sowie einen handschriftlichen Zensurbericht des k.k. Stadthaltereipräsidiums Wien aus dem Jahr 1910. Der Band eröffnet damit einen seltenen Einblick in die dramaturgische Praxis der Zeit.
Neue Autographen Stefan Zweigs
Im Oktober 2025 konnte das Literaturarchiv Salzburg dank der großzügigen Unterstützung eines privaten Spenders und des engagierten Einsatzes von Helga Rabl-Stadler mehrere bedeutende Autographen Stefan Zweigs aus dem Nachlass des kürzlich verstorbenen Sammlers Christian Andree erwerben.
Im Zentrum des Ankaufs steht ein umfangreiches hand- und maschinenschriftliches Typoskript aus Zweigs Exilzeit in Südamerika. Das bislang unveröffentlichte Dokument entstand in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Autor Paul Frischauer und zeigt die gemeinsame Planung eines Films über die historische Figur der Marquesa de Santos, einer brasilianischen Gräfin des 19. Jahrhunderts. Das Material gewährt neue Einblicke in Zweigs kreative Arbeitstechniken im Exil und markiert eine selten dokumentierte Phase seines Übergangs vom Bühnenautor hin zum Medium Film.
Ergänzt wird das Typoskript durch zwei Begleitschreiben Zweigs an Paul Frischauer, in denen Aspekte der Zusammenarbeit sichtbar werden, sowie durch insgesamt zehn weitere Briefe an verschiedene Empfänger:innen aus den frühen und mittleren 1930er-Jahren, darunter Friedrich Matheson und Cyril Lakin. Die Korrespondenzen knüpfen unmittelbar an den bereits in Salzburg verwahrten Briefbestand an und erweitern ihn um wichtige Stücke aus einer für Zweig zentralen Schaffensperiode.
Mit diesem Ankauf wird der Bestand des Literaturarchivs um besonders aussagekräftiges Material zu Zweigs Exilwerk, seinen Arbeitsbeziehungen und seiner Auseinandersetzung mit neuen medialen Formen bereichert. Die Dokumente werden in den kommenden Monaten erschlossen und auf www.stefanzweig.digital zugänglich gemacht.
Vorlass des Autors Erwin Einzinger im Literaturarchiv Salzburg
Im Oktober 2025 konnte das Literaturarchiv Salzburg den Vorlass des Schriftstellers Erwin Einzinger übernehmen. Der Bestand dokumentiert das Werk eines prägenden, stilistisch eigenständigen Autors der österreichischen Gegenwartsliteratur und eröffnet neue Perspektiven auf seine Arbeits- und Schreibprozesse. Der 1953 in Kirchdorf (OÖ) geborene Autor und bildende Künstler hat in Salzburg studiert und ist der Stadt und ihren literarischen Institutionen seitdem eng verbunden. Er gehörte zu den Mitgliedern der Gruppe „projekt-IL“ um Christine und Eberhard Haidegger sowie 1975 zur Gründungsredaktion der Literaturzeitschrift SALZ. Auch den größten Teil seiner Bücher hat Einzinger in Salzburger Verlagen veröffentlicht: sein Debüt Lammzungen in Cellophan verpackt erschien 1977 im Alfred Winter Verlag, bevor er Anfang der 1980er Jahre zum Residenz Verlag, später zum Jung und Jung Verlag wechselte. Für seinen Erzählband Das Erschrecken über die Stille, in der die Wirklichkeit weitermachte erhielt Erwin Einzinger 1984 den Rauriser Literaturpreis. Im vergangenen Jahr wurde er für sein Gesamtwerk mit dem Georg-Trakl-Preis für Lyrik ausgezeichnet.
Der Vorlass umfasst die vollständigen Manuskripte und Typoskripte aller veröffentlichten Bücher, jeweils mit Varianten, handschriftlichen Überarbeitungen und Vorstufen. Einzingers intensive Auseinandersetzung mit amerikanischer Lyrik und Prosa spiegelt sich in den Materialien zu seinen zahlreichen Übersetzungen wider, darunter Arbeiten zu John Ashbery, Robert Creeley und William Carpenter. Einen besonderen Schwerpunkt bilden zudem die Korrespondenzen, gesammelt in neun Ordnern, die Einzingers literarische Netzwerke über mehrere Jahrzehnte hinweg sichtbar machen. Ergänzt wird der Bestand durch eine Sammlung von Rezensionen, verstreute Veröffentlichungen sowie Materialien aus der frühen Schaffensphase und aus dem Umfeld der Literaturgruppe „projekt-IL“. Hervorzuheben ist darüber hinaus das bildnerische Werk: Eine große Zahl von Mal-, Übermalungs- und Collagenbüchern in unterschiedlichen Formaten, in denen Text, Zeichnung und bildnerische Elemente eng miteinander verbunden sind, zeigt, wie Einzingers Schaffen über den Bereich des Schreibens im engeren Sinne hinausweist.
Das Literaturarchiv plant, die Bestände schrittweise zu erschließen und in künftigen Projekten, Ausstellungen und Veranstaltungen sichtbar zu machen.
Nachlass Karoline Brandauer
Im Juni 2025 hat das Literaturarchiv Salzburg den Nachlass der Lyrikerin Karoline Brandauer (1925–1989) als Schenkung erhalten. In Adnet geboren, lebte sie seit frühester Kindheit in Oberndorf bei Salzburg und arbeitete lange Zeit als Gemeindebedienstete. Ihr literarisches Werk umfasst Gedichte und kürzere Prosatexte, die in Anthologien, aber etwa auch in der Zeitschrift Stimmen der Gegenwart publiziert wurden. Mit deren Herausgeber Hans Weigel stand Karoline Brandauer über viele Jahre in intensivem Austausch. 1957 wurde die Autorin mit dem Georg-Trakl-Anerkennungspreis ausgezeichnet. 1969 erschien der Lyrikband Vor einem Haselzweig, der Brandauers Auseinandersetzung mit christlicher Tradition und literarischer Moderne gleichermaßen dokumentiert.
Der Nachlass von Karoline Brandauer wurde dem Literaturarchiv als großzügige Schenkung überlassen und wird nun detailliert erschlossen. Der Nachlass umfasst Werkmanuskripte, Tagebücher aus den Jahren 1940 bis 1964, Briefe und Lebensdokumente, außerdem eine Sammlung von Rezensionen und Zeitungsberichten sowie Audio-Dokumente.
Für den Herbst 2025 ist eine Veranstaltung zu Leben und Werk der Autorin in Salzburg in Planung.
Erwerb von Manuskriptblättern zu Stefan Zweigs Marie Antoinette
Im Mai 2025 konnte das Literaturarchiv Salzburg dank einer großzügigen Spende drei Blätter eines Manuskripts von Stefan Zweig ankaufen. Es handelt sich dabei um eigenhändig bearbeitete Typoskriptseiten aus den Vorarbeiten zur 1932 erschienenen Biographie Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. Die Blätter stammen aus Zweigs Salzburger Schaffenszeit und geben aufschlussreiche Einblicke in seine Arbeitsweise.
Auf der linken Blatthälfte ist jeweils ein maschinenschriftlicher Text zu finden, die rechte Blatthälfte enthält umfangreiche eigenhändige Überarbeitungen durch Zweig in Tinte und Bleistift. Diese Korrekturen gehen über marginale Änderungen hinaus und dokumentieren eine literarische Überarbeitung des Stoffes.
Der Neuzugang stellt eine bedeutende Ergänzung der Stefan-Zweig-Sammlung im Literaturarchiv dar, in der im Bestand des Sammlers Harald Böck schon ein weiteres Blatt des gleichen Typoskripts erhalten war.
Nachlass Hans Witke
Im Mai 2025 hat das Literaturarchiv Salzburg den Nachlass des Deutschlehrers und Literaturvermittlers Hans Witke als Schenkung übernommen. Witke war eine zentrale Figur der Literaturvermittlung in St. Johann im Pongau: Ab 1974 organisierte er Lesungen mit deutschsprachigen Autor:innen, darunter sowohl etablierte als auch aufstrebende Schriftsteller:innen. 1999 wurde das Ehepaar Hannelore und Hans Witke mit dem Salzburger Landespreis für Kulturinitiativen ausgezeichnet.
Seit dem Beginn dieser Aktivitäten gibt es in St. Johann bis heute literarische Veranstaltungen mit Autor:innen. Ein besonderes Anliegen war Witke neben der inhaltlichen Vielfalt der freie Zugang zu allen Veranstaltungen – ein Prinzip, das von Beginn an verfolgt wurde.
Die Kulturvereine Spectrum, Signale und Lesezeichen gehen wesentlich auf Witkes Initiativen zurück, heute gestaltet die Kultur:Plattform ein reichhaltiges Kulturangebot in St. Johann.
Der Nachlass von Hans Witke umfasst Korrespondenzen zwischen ihm und den eingeladenen Autor:innen, Programme und Poster zu den Lesungen und Veranstaltungen, Fotos sowie Widmungsexemplare. Diese Materialien dokumentieren nicht nur die literarischen Aktivitäten in St. Johann, sondern auch Witkes Engagement für die Förderung der Literatur in der Region.
Schenkung der Erben von Stefan und Lotte Zweig: Dokumente aus dem Exil
Die Erben von Stefan und Lotte Zweig hat dem Literaturarchiv Salzburg 2024 rund 500 Briefe und Dokumente aus dem Nachlass des Autors als Schenkung übergeben. Es handelt sich um persönliche Korrespondenzen zwischen Stefan und Lotte Zweig, Briefe an Friderike Zweig, an Familienmitglieder sowie an bedeutende Zeitgenoss:innen aus dem britischen, amerikanischen und brasilianischen Exil.
Die Schenkung ist Ausdruck eines über viele Jahre gewachsenen Vertrauensverhältnisses zwischen den Erben und den Salzburger Stefan Zweig-Institutionen. Grundlage waren die langjährige wissenschaftliche und archivarische Arbeit in Salzburg, das gemeinsam entwickelte Konzept zur nachhaltigen Erschließung und digitalen Zugänglichmachung der Materialien sowie das besondere persönliche Engagement von Dr. Helga Rabl-Stadler und Oliver Matuschek, die den Kontakt zur Familie maßgeblich begleitet haben.
Die übergebenen Dokumente eröffnen neue Perspektiven auf das Exilleben von Stefan und Lotte Zweig – auf ihre Netzwerke, Ängste, Hoffnungen und täglichen Herausforderungen. Sie enthalten bewegende Zeugnisse eines Lebens im Übergang und in der Fremde und ermöglichen einen tieferen Einblick in die privaten Erfahrungen zweier Menschen, die durch die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts zur Flucht gezwungen wurden.
Für das Literaturarchiv Salzburg stellt diese Schenkung sowohl symbolisch als auch materiell die bedeutendste Zuwendung seit seiner Gründung dar. Die neuen Dokumente werden in den nächsten Monaten wissenschaftlich erschlossen und digitalisiert.