Einkaufssamstag

Diplomprüfung aus Strafrecht und Strafprozessrecht
28. September 2006

A.

„Der Einkaufssamstag“

An einem verregneten Samstagnachmittag macht sich zwischen Denise M und ihrem langjährigen Freund Axel P wieder einmal bohrende Langeweile breit. Um den Tag über die Bühne zu bringen, beschließen sie, in ein Einkaufscenter „shoppen” zu gehen. In einem CD-Laden entdeckt Axel P eine Musik-CD, die er zwar schon immer haben wollte, die ihm aber unverschämt überteuert erscheint. Mit einem flinken Griff steckt er sie in seine Jackentasche, um sie ohne zu zahlen mitgehen zu lassen. Denise M sieht dies und findet ihren Freund wieder einmal unmöglich. Als sie beide zur Kassa gehen, stellt sich Denise M an einer anderen Kassa an, um nur ja nicht mit ihrem Freund in Verbindung gebracht zu werden. Als Axel P die Kassa passiert, ertönt ein Warnsignal, da die CD elektronisch gesichert war. Axel P versucht daraufhin, sich raschen Schrittes zu entfernen, um in der einkaufenden Menge unterzutauchen. Nach 20 Metern wird er jedoch von einem Organ des Wachdienstes gestellt und der Polizei übergeben.
Der Polizist Helmut W nimmt alle Daten des voll geständigen und reuigen Axel P auf. Es wird auch ein Protokoll des Organs des Wachdienstes und eines Kunden, der Axel P beobachtet hatte, als er die CD in seine Jackentasche steckte, aufgenommen. Im Zuge der Anzeige an die Staatsanwaltschaft leitet Helmut W nur die protokollierten Angaben von Axel P und dem Wachdienstorgan weiter. Die protokollierte Zeugenaussage des Kunden wird von ihm nicht in den Akt genommen und daher auch nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Helmut W hält dies für entbehrlich, da sich Axel P voll geständig gezeigt hat und man einen Akt immer möglichst schlank halten müsse.
Während sich Axel P bei der Polizei befindet, schlägt Denise M die Zeit an einer Bar des Einkaufscenters tot. Aus Kummer über die Öde ihrer Beziehung und der „Sch…”, die ihr Freund wieder einmal gebaut hat, kippt Denise M rasch hintereinander ein paar Alkoholika in sich hinein, um sich zu beruhigen. Als die beiden auf der Autobahn die Heimfahrt antreten, überkommt die stark alkoholisierte Denise M prompt die Übelkeit. Axel P warnt sie eindringlich, ihm nicht seinen frisch geputzten Opel Manta zu „versauen”. Um dies zu gewährleisten, bittet Denise M, dass Axel P auf dem Pannenstreifen der Autobahn halte und sie kurz hinaus lasse. Aus Eigeninteresse kommt Axel P diesem Verlangen sofort nach. Nachdem Denise M sich am Fahrbahnrand der Autobahn erleichtert hatte, möchte sie nicht mehr in das Auto einsteigen, da sie befürchtet, ihr könnte wieder übel werden. Wankenden Schrittes geht sie zu Fuß am Pannenstreifen weiter. Halbherzig versucht Axel P seine Freundin wieder zum Einsteigen zu bewegen, was diese jedoch mit den Worten „Schleich dich” entschieden ablehnt. Da es bereits dunkel geworden ist, jeder selber wissen müsse, was er tue, und er sich auch nicht beschimpfen lassen wolle, besinnt sich Axel P wieder des Wohles seines Autos und fährt allein weiter. Wenig später wird Denise M von einem nachfolgenden Auto erfasst und getötet, als sie vom Pannenstreifen versehentlich auf die Fahrbahn wankte. In der Dunkelheit hatte ein nachfolgender PKW-Lenker sie zu spät bemerkt und daher nicht rechtzeitig bremsen können.

Beurteilen Sie die Strafbarkeit der beteiligten Personen. 

B.
Der geistig behinderte A findet Gefallen daran, auf Autos, die in seiner Wohngegend parken, mit einem Nagel zu „malen”. Der einzelne Sachschaden beträgt dabei zwischen 100 und 500 Euro, der Gesamtschaden der ihm anlastbaren Taten liegt jedoch über 5000 Euro. Die StA beantragt hierauf die Unterbringung des A in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB, um die Anwohner vor weiteren Vandalenakten zu schützen. Obwohl A vor Gericht beteuert, dass seine „Malphase” bereits beendet sei, hält das Gericht den Antrag auf Unterbringung zum Schutze der Anrainer für gerechtfertigt und entscheidet demgemäß.

1. Zu welchen Rechtsmitteln würden Sie A raten?
2. In der HV legt ein gerichtlicher Sachverständiger dar, dass dem Beschuldigten aufgrund seines geistigen Entwicklungsstandes jegliche Unrechtseinsicht fehle und von diesem jederzeit weitere Taten zu erwarten seien. Der Verteidiger des A hat ein Privatgutachten verfassen lassen, welches diese Schlussfolgerungen des gerichtlichen Sachverständigengutachtens in Zweifel zieht und will damit den gerichtlichen Sachverständigen in der HV konfrontieren.
a) In wie weit halten sie dies für sinnvoll?
b) Das Gericht lehnt die Konfrontation des gerichtlichen Sachverständigen mit den Schlussfolgerungen aus dem Privatgutachten in der HV überhaupt ab. Wie kann dies bekämpft werden?
3. Weiters vertritt der Verteidiger des A die Meinung, dass sein geistig behinderter Mandant gar keinen Sachbeschädigungsvorsatz fassen könne. Das Gericht geht auf diesen Einwand nicht ein und trifft auch im Urteil keine Feststellungen zum Vorsatz. Welche Bekämpfungsmöglichkeiten hat A?