POLIMER II: Neuauflage des Forschungsprojekts zu „Political Literacy und Medienrezeption im Kontext von Flucht und Asyl“

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind Fluchtmigration und Asylpolitik erneut zu einem zentralen Element der politischen und medialen Agenda geworden. Vor diesem Hintergrund ist von Interesse, ob sich Rezeptionsmuster und Positionierungsstile gegenüber unterschiedlichen medialen Repräsentationen des Themas seit dem sogenannten „langen Sommer der Migration 2015“ quantitativ und qualitativ verändert haben. Dieser Frage nimmt sich die Neuauflage des PoLiMer-Projekts an.

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Political Literacy und Medienrezeption

im Kontext von Flucht und Asyl

"Mare Nostrum" by Massimo Sestini, 2014 (Verwendung unter Erlaubnis des Urhebers)

„Mare Nostrum“ by Massimo Sestini, 2014 (Verwendung der Abbildung unter Erlaubnis des Urhebers)

 
 

Zur Studie

Flucht und Asylpolitik nehmen in der aktuellen medialen Berichterstattung einen zentralen Stellenwert ein. Dabei ist davon auszugehen, dass die Art und Weise, wie globale Fluchtbewegungen und politische Reaktionen auf selbige in den Medien dargestellt werden, in einem Zusammenhang mit subjektiven Sinngebungsprozessen seitens der Rezipient*innen steht.  Aus Perspektive der (migrations-)politischen Bildungsforschung wirft sich die Frage auf, unter welchen Bedingungen der medialen Repräsentation politische Artikulationen evoziert werden, die im Sinne von political literacy Flucht als Spielart von Migration nicht als individuelles Schicksal deuten, sondern als Reaktion auf transnational wirkende politische und ökonomische Entwicklungen.

Methodik

Zu zwei Zeitpunkten (2015/2016) nahmen insgesamt 1.146 Studierende der Universitäten Augsburg und München an einer Online-Befragung teil. Über die Messung des Faktenwissens der Teilnehmer*innen rund um die Thematik Flucht und Asyl sowie die Erfassung ihrer sozialen Kompetenz und ihres Regelbewusstseins auf Basis zweier Skalen der revidierten Fassung des 16-Persönlichkeits-Faktoren-Tests hinaus, wurden die Befragten mit stimulusgestützten offenen Fragen zur freien Texteingabe konfroniert. Zunächst wurden alle Teilnehmer*innen mit der obigen Fotografie eines Flüchtlingsbootes auf hoher See konfrontiert und gebeten, ihre Eindrücke dazu niederzuschreiben. Daran anschließend wurde jede/r Teilnehmer*in per Randomisierung zur Lektüre einer von vier Variationen einer Pressemitteilung aufgefordert. Die unterschiedlichen Variationen beschäftigen sich allesamt mit politischen Reaktionen auf den geplanten Neubau von Flüchtlingsunterkünften in einer bayerischen Gemeinde, unterscheiden sich aber inhaltlich und semantisch. In Anlehnung an W. Kempfs Friedensjournalismus-Ansatz wurden die Versionen als ‚pro‘, ‚deeskalierend‘, ‚eskalierend‘ und ‚kontra‘ eingestuft. Aufgabe der Teilnehmer*innen war es, den Inhalt der jeweiligen Mitteilung wiederzugeben und sich selbst dazu zu positionieren.
Die quantitative Inhaltsanalyse mittels statistischer Item-Response-Modelle ermöglicht die Identifikation typischer Muster im Positionierungsverhalten zu unterschiedlichen medialen Repräsentationen von Flucht als exemplarische Momente des asylpolitischen Diskurses.

Im Zuge der neuen Erhebungswelle in PoLiMer II wurde der Test zum Faktenwissen aktualisiert und neue Variationen einer Pressemitteilung in das Survey integriert, die sich auf je eigene Weise mit politischen Reaktionen auf die steigende Zahl ukrainischer Geflüchteter befasst. Weiterhin wird mittels einer 5-stufigen Skala erfasst, welchen inhaltlichen Aspekten der Berichterstattung zu Flucht und Asylpolitik in welchem Maße Relevanz beimessen.

Projektteam 

Polimer II:  Univ.-Prof. Dr. Wassilios Baros, Univ.-  Prof. Dr. Maximilian Sailer (Univ. Passau),  Dr. Thomas Theurer (Univ. zu Köln), Corinna Christmann MEd, Annika Wastl BA

Polimer I:  Univ.-Prof. Dr. Wassilios Baros, Univ.-   Prof. Dr. Maximilian Sailer (Univ. Passau), Dr. Thomas Theurer, Dr. Ricarda Gugg, (unter Mitarbeit von Carina Raml BA, Heidi Wimmer BA)

 

Projektpublikationen

 

  • Baros, W./Sailer, M./Mulliez, G.: Subjektive Positionierungen von Rezipient*innen zur medialen Berichterstattung über Asylpolitik. In: Zeitschrift Conflict and Communication Online, Vol. 19, No. 1. Online abrufbar unter: http://www.cco.regener-online.de/2020/pdf/baros-et-al2020.pdf
  • Baros, W./Theurer, Th./Gugg, R. „Bisschen voll die Nussschale, könnten Flüchtlinge sein oder eine Bootsparty…“ Studentische Positionierungsmuster zur medialen Repräsentation von Flucht. In: Politische Psychologie – Journal of Political Psychology, 7/2, 2019, S. 200-218.
  • Baros, W./Theurer, Th./Gugg, R. Studentische Positionierungsmuster gegenüber der visuellen Darstellung von Flucht in den Medien. In: Braches-Chyrek, R./Kallenbach, T./Müller, Ch./Stahl, L. (Hrsg.):   Bildungs- und Teilhabechancen geflüchteter Menschen. Kritische Diskussionen in der Sozialen Arbeit. Opladen: Barbara Budrich 2019, S. 211-230.
  • Sailer, M./Baros, W./Theurer, Th. Studierende als RezipientInnen des aktuellen medialen Diskurses über Flüchtlinge und Asylpolitik – Ergebnisse einer Experimentalstudie. In: Manfred Oberlechner, Christine W. Trültzsch-Wijnen, Patrick Duval (Eds.). Migration bildet. Migration educates. Baden: NOMOS 2017, S. 337-356.
  • Sailer, M/Gugg, R./Theurer, T. Das Projekt Political Literacy und Medienrezeption (PoLiMer) im Kontext von Flucht und Asyl. Perspektiven für die Politische Bildung in der Migrationsgesellschaft. In: Baros, W./Jobst, S./Gugg, R./Theurer,T. (Hrsg.), Bildungsherausforderungen in der globalen Migrationsgesellschaft. Kritische Beiträge zur erziehungswissenschaftlichen Migrationsforschung. Berlin: Peter Lang Verlag 2020, S. 253-272.