Forschungsprojekt: Ängste Jugendlicher vor Umweltzerstörung

Leitung

Laufzeit

1988 – 1991 (1994 – 1996)

Kurzbeschreibung

Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen wurden im Zeitraum von 1988 bis 1990 mit insgesamt 1100 Jugendlichen im Alter von 13 bis 19 Jahren erhoben. Ca. 300 dieser Jugendlichen machten eine „Fantasiereise“ in eine Welt in 20 Jahren, die mittels Ausdrucksmalen und Tonbandprotokollen dokumentiert und inhaltsanalytisch ausgewertet wurde. 1100 Mädchen und Jungen erhielten einen Fragebogen, mit dem ihre Wünsche und Ängste hinsichtlich ihrer persönlichen und der gesellschaftlichen Entwicklung eruiert wurden (vgl. Unterbruner, U.(1989): Umwelterziehung und die Ängste Jugendlicher vor Umweltzerstörung. Habilitation, Universität Salzburg; Unterbruner, U. (1991): Umweltangst – Umwelterziehung. Veritas Verlag, Linz). 

In den Jahren 1994 bis 1996 wurde mit mehreren Schulklassen (14 bis 16jährige) die Fantasiereise wiederholt. Auch in einer Schweizer Untersuchung wurde mit dieser Fantasiereise mit ca. 500 17- bis 20jährigen gearbeitet (vgl. Hirsch Hadorn, G./Klaedtke, A./Arnold, J./Rigendinger, L./Werner, K. (1996): Die Welt in 20 Jahren – eine qualitativ-deskriptive Studie bei Jugendlichen in der Schweiz. In: Bildungsforschung und Bildungspraxis, 18, 3, S.392-419).

Es zeigte sich – wie auch in anderen europäischen Untersuchungen -, dass Jugendliche eine große Sensibilität für Umweltthemen besitzen. Bemerkenswert ist die große Emotionalität, die mit diesen Themen einhergeht. Das Ausmaß, in dem Jugendliche Sorgen und Ängste auf Grund gegenwärtiger und vor allem zukünftiger Umweltzerstörung äußern, ist beträchtlich.

1988/89 erzählten 55% der Mädchen und Burschen gleichermaßen von pessimistischen Visionen. Sie äußerten primär Sorgen bzw. Ängste wegen Naturzerstörung und Umweltverschmutzung. Ihre „Szenarien“ waren dominiert vom Rauch der Fabriken und Kraftwerke, Wiesen waren Asphalt und Beton gewichen, Wälder gestorben, Autos verpesteten Stadt und Land und die Luft zum Atmen war knapp geworden. Die Menschen dieser Welt sind des öfteren ein Spiegelbild dieser Situation: gestresst, abweisend, kontaktlos. „Keine Welt zum Leben!“ resümierten viele von ihnen. In den letzten Jahren hat sich dieser Anteil auf etwa ein Drittel der Jugendlichen verringert. Interessanterweise blieb der Anteil der Optimisten mit etwa einem Viertel der österreichischen Jugendlichen aber gleich. Zugenommen hat somit der Teil derjenigen Jugendlichen, die ambivalente Welten mit intakten wie auch zerstörten Elementen geschildert haben. Diese Ergebnisse entsprechen den Zukunftsbildern der Schweizer Jugendlichen: ein Drittel der Mädchen und Burschen ist pessimistisch, ein Viertel optimistisch und ein weiteres Viertel ambivalent.

Auch bei den Optimisten ist auffallend, dass Natur einen zentralen Stellenwert hat: Hier ist die Welt grün, üppig, manchmal verwildert, oft gleicht sie einem Stück des „Garten Eden“. Die Flüsse und Seen sind sauber, die Luft klar und rein, Wiesen und Wälder laden zum Verweilen ein. Die darin lebenden Menschen sind häufig fröhlich und freundlich, manchmal haben sie wieder gelernt, mit der Natur in Harmonie zu leben und nutzen moderne, umweltgerechte Technologien. In manchen dieser „Szenarien“ aber gibt es keine Menschen (mehr).

Konsequenzen für die Umweltbildung

Ein konstruktiver Umgang mit Umweltängsten muss ein deklariertes Ziel der schulischen wie ausserschulischen Umweltbildung sein. Sorgen, Ängste und andere Gefühle der Kinder und Jugendlichen sind ernst zu nehmen und nicht zu deren „Privatsache“ zu degradieren. Es gilt zu fragen und gemeinsam zu beantworten: Was lösen Informationen über Umweltprobleme bei jedem von uns aus? Welche Gefühle rufen sie hervor und wie gehen wir mit diesen Gefühlen, im speziellen mit diesen Ängsten um? 

Ein Ignorieren dieser Ängste kann einen abwehrenden, verleugnenden Umgang und alle damit verbundenen problematischen Auswirkungen vorantreiben wie auch den Heranwachsenden ein zusätzliches Problem bereiten: Sie fühlen sich in einer existentiellen Frage allein gelassen und können neben dem möglichen Verlust gesellschaftlicher Sicherheit auch zu einem Teil den Verlust sozialer Sicherheit und Geborgenheit erleiden. Abwehr ist damit programmiert. Wird hingegen Angst vor Umweltzerstörung konstruktiv gehandhabt, kann sie eine wichtige Triebfeder für umweltbewusstes Handeln und Verhalten sein. 

Zahlreiche Beispiele wie mit Ängsten in der schulischen Umweltbildung konstruktiv umgegangen werden kann, finden sich in:

  • Unterbruner, U. (1999): Umweltängste Jugendlicher und daraus resultierende Konsequenzen für die Umweltbildung. In: Kaufmann-Hayos, R., Künzli, Ch. (Hrgs.): „… man kann ja nicht einfach aussteigen.“ Kinder und Jugendliche zwischen Umweltangst und Konsumlust. Vdf – Hochschulverlag an der ETH, Zürich, S.153-174
  • Unterbruner, U., Giesinger, T. (1998): Träume von der Zukunft – oder: die Angst vor dem Ozonloch. In: Kinder & Umwelt. Globus spezial. BUND-Themenheft 3, S. 8-14
  • Unterbruner, U., Pilshofer, W.: Ein Blick in die Zukunft mit Folgen für die Gegenwart. In: Unterricht Biologie 1997, Heft 223, S. 35-39
  • Unterbruner, U.: Wider die Angst – Das kann die Pädagogik tun. In: Giebeler, K., Kreuzinger, S., Loewenfeld, M., Winterer-Scheid, M. (Hg.): Aufstand für eine lebenswerte Zukunft. Ökologische Kinderrechte: Bestandsaufnahme – Ermutigung – Wege zum Handeln. München (Ökologie&Pädagogik) 1996, S.93-105
  • Unterbruner, U. ( 1996): Spielraum für Emotionen. Das Thema Legebatterien in der Orientierungsstufe. In: Praxis Geographie Heft 7/8, S.14-17
  • Unterbruner, U. (1996): Wider die Angst – Das kann die Pädagogik tun. In: Giebeler, K., Kreuzinger, S., Loewenfeld, M., Winterer-Scheid, M. (Hg.): Aufstand für eine lebenswerte Zukunft. Ökologische Kinderrechte: Bestandsaufnahme – Ermutigung – Wege zum Handeln. München (Ökologie&Pädagogik), S.93-105
  • Unterbruner, U. (1991): Umweltangst – Umwelterziehung. Vorschläge zur Bewältigung der Ängste Jugendlicher vor Umweltzerstörung. Veritas Verlag (Linz)
  • Scheiblhofer, S., Unterbruner, U. (1991): „… da krieg´ ich es mit der Angst zu tun!“ In: Unterricht Biologie Heft 162, S.22-31