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Salzburger Bakterien im All

Heute starten die Experimente mit Salzbakterien aus Bad Ischl. Mikrobiologin Helga Stan-Lotter beteiligt sich am ESA Raumforschungsprogramm auf der Suche nach außerirdischen Lebensformen. Die Universität Salzburg ist als einzige österreichische Hochschule bei dieser Mission dabei.

Gibt es in den Weiten des Universums Leben? Schon seit jeher spekuliert die Menschheit darüber. In der Phantasie stellen wir uns außerirdisches Leben meist in Gestalt von monströsen hochentwickelten Aliens à la Hollywood vor, die die Menschheit bedrohen. Was sagt die Wissenschaft? „Die Wahrscheinlichkeit, dass es außerirdisches Leben gibt, ist groß“, betont Helga Stan-Lotter von der Universität Salzburg. „Wir dürfen unsere Erwartungen allerdings nicht zu hoch schrauben“, fügt sie hinzu und meint, dass man zunächst einmal nicht von hochentwickelten Lebewesen ausgehen sollte, sondern eher von primitiven, mit freiem Auge nicht mehr erkennbaren, etwa Mikroorganismen.

Internationale Raumstation

Überlebenskünstler

Seit rund zehn Jahren beschäftigt sich die Forschung mit Mikroorganismen, die sich extremen Umweltbedingungen – wie sie auch im All herrschen – angepasst haben. Diese so genannten Extremophilen überleben auch bei äußerst niedrigen oder hohen Temperaturen, Umgebungen mit hohem Salzgehalt oder in alkalischen Lösungen. Seit ihrer Entdeckung verstärkten die Weltraumbehörden ESA und NASA wieder ihre Suche nach extraterrestrischem Leben.

Stan-Lotter forschte zwei Jahre bei der NASA an Extremophilen und widmet sich nun auch an der Universität Salzburg diesen widerstandsfähigen Kleinstlebewesen. In Salzlagern in Bad Ischl, Altaussee und auch im Bayerischen Berchtesgaden entdeckte sie lebendige Halobakterien, die der Gruppe der Archaebakterien zugeordnet werden. „Sie stammen aus einer Zeit, als es in unseren Breiten noch riesige Urozeane gab und sind möglicherweise so alt wie das Salz, nämlich rund 250 Millionen Jahre.“ Im Rahmen des internationalen Raumforschungsprogamms Adapt der ESA schickt Stan-Lotter die Halobakterien aus Bad Ischl zur Internationalen Raumstation ISS (International Space Station) ins All. Die Proben werden dort an der Außenwand der Raumstation direkt den Bedingungen des Weltraums ausgesetzt und sechs Monate lang beobachtet. „Wir schauen, ob es zu Mutationen kommt, die die Erbsubstanz (DNA) verändern und welche Konsequenzen sich daraus ergeben“, sagt Stan-Lotter, es sei hochinteressant wie diese Mikroben unter der extremen Weltraumstrahlung zurecht kommen. Außerdem wollen die Forscher wissen, warum diese Bakterien so lange überlebt haben.

Cape Canaveral Air Force Station

Eine weitere Frage, die die Wissenschaft beantworten will, ist jene, ob außerirdisches Leben in unsere Atmosphäre gelangen kann. „Wir wissen, dass pro Jahr mehrere Tonnen Staub und Meteroriten auf die Erde fallen“. Theoretisch könnten bereits lebendige und für den Menschen gefährliche Mikroorganismen aus dem All auf die Erde gelangt sein.

Von Ischl nach Cape Canaveral

Koordiniert wird das ESA-Projekt beim Deutschen Luft- und Raumfahrtszentrum in Köln. Die Ischler Proben wurden auf kleine Plättchen aus Quarz aufgebracht, verteilt und beschriftet und zusammen mit Proben aus anderen europäischen Forschungslabors, wie Blaualgen, Flechten oder Pflanzensamen in einem „Weltraumkoffer“ zusammengestellt. Von Köln ging dann die Reise nach Florida zum Weltraumlabor Columbus. Columbus ist das größte europäische Raumforschungsprojekt und wird insgesamt zehn Jahre das Verhalten von Einzellern und wirbellosen Tieren untersuchen. Ein halbes Jahrhundert wurde am Labor gebaut, die Kosten betragen über 800 Millionen Euro. Das mit einem Piloten und mehreren Ingenieuren bemannte Spaceshuttle Atlantis brachte das Labor im Februar dieses Jahres zur Internationalen Raumstation ins All. Der Start hätte schon im Dezember vergangenen Jahres erfolgen sollen, wurde jedoch wegen technischer Probleme verschoben. Die Sicherheitsvorkehrungen sind seit dem Colombia Unglück im Jahre 2003 enorm streng. „Unsere Proben sind für den Weltraum aufbereitet“, sagt Stan-Lotter. Die erwarteten Forschungsergebnisse aus dem Colombia Labor können die Menschheit bei ihrer Suche nach außerirdischem Leben ein großen Schritt weiter bringen.

Helga Stan Lotter

ist seit vierzehn Jahren als Professorin für Mikrobiologie an der Universität Salzburg tätig. Sie studierte in München Mikrobiologie und Biochemie, schrieb am dortigen Max Planck Institut ihre Doktorarbeit und ging anschließend als Postdoc an die University of Calgary und an die University of British Colombia nach Vancouver in Kanada. Darüber hinaus arbeitete Stan-Lotter zwei Jahre bei der NASA. Schwerpunkt ihrer Forschungsarbeit sind Überlebensstrategien von Mikroorganismen und die Astrobiologie. Sie schätzt die Möglichkeiten, die ein Wissenschafter in den USA hat sehr, „man kann dort sehr schnell selbständig Forschung betreiben“. Andererseits mache die kulturelle Vielfalt das Leben in Europa angenehmer. Sie reist viel, wandert gerne und interessiert sich für Zivilisationsgeschichte.