News

Templer-Rätsel lösen

Presseinformation der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) vom Mittwoch, den 20. Juli 2022

Der Salzburger Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli und der Bioarchäologe Jan Cemper-Kiesslich beleuchten seit 2019 die Geschehnisse, die zur Auflösung des Ordens der Tempelritter im Jahre 1312 führten. Nun wurden bereits zum zweiten Mal sterbliche Überreste entdeckt, die wiederum auf eine außergewöhnliche Persönlichkeit hinweisen, und zwar den 18. Großmeister der Templer Guillaume de Sonnac.

Die Auflösung des Templerordens gab stets Anlass für Spekulationen. Die Nachwelt konnte die grausamen Geschehnisse nicht einfach hinnehmen. Zumal den Templern ein aufsehenerregender Prozess mit dem Vorwurf der Gotteslästerung, Ketzerei und Homosexualität gemacht wurde, dessen Zulässigkeit und Korrektheit sowohl Zeitgenossen als auch die Nachwelt in Zweifel zog. Solcherart Vorwürfe mit anschließender Folterung der Beschuldigten, die daraufhin alles gestanden und folgerichtig am Scheiterhaufen landeten, war eine gängige mittelalterliche Methode, um unliebsame Kontrahenten aus dem Weg zu räumen. In diesem Fall war es der französische König Philipp IV., dem die Templer ein Dorn im Auge waren. Nicht nur, dass diese militärisch-geistliche Elitetruppe direkt dem Papst unterstand und ihn damit politisch stärkte, hatten sie es auch seit ihrer Gründung 1118 zu großem Reichtum gebracht. Philipp IV. stand durch einen teuren Krieg, für dessen Durchführung er sich bei den Templern Geld geborgt hatte, tief in ihrer Schuld. Anlass genug, um einen Kampf auf Leben und Tod anzuzetteln, bei dem es auch um die Vorherrschaft von Königtum oder Papsttum ging.

Erster Untersuchungsgegenstand des Bioachäologen Jan Cempler-Kieslich von der Gerichtsmedizin Salzburg waren die Gebeine des 9. Großmeisters der Tempelritter Arnau de Torroja, dessen sterbliche Überreste in einem Grab in der Kirche San Fermo bei Verona entdeckt wurden und der letztlich durch DNA-Analysen identifiziert werden konnte. Nun, drei Jahre später, wenden sich Privatpersonen aus dem westfranzösischen Châtellerault an Daniele Mattiangeli und Jan Cemper-Kieslich, die in der Commanderie d’Ozon Skelette entdeckten, worunter eines auf Guillaume de Sonnac hinweist, den 18. Großmeister des Templerordens. Sollte auch dieser Großmeister identifiziert werden können, bedeutet dies ein weiteres wichtiges Puzzle zur Lösung des Rätsels um die Templer. Zahlreiche Fragen könnten damit beantwortet werden.

Ein Zufall der Geschichte? Österreichische Polizisten, die in ihrem Privatleben den Geheimnissen rund um den Templerorden europaweit nachspüren, entdecken in der Commanderie Skelette und wenden sich prompt an die mit ihnen befreundeten Salzburger Wissenschaftler. Die Commanderie d’Ozon befindet sich im westfranzösischen Châtellerault und war einer der ersten Stützpunkte des Templerordens. Der Gebäudekomplex mit Kapelle diente als Krankenhaus und Unterkunft für Pilger auf ihrem Weg ins Heilige Land. Keine geringere als Éléonore von Aquitanien, eine der einflussreichsten Frauen des Mittelalters, Königin von Frankreich und England, soll sie gegründet haben. Das mittelalterliche Gebäude befindet sich heute in Privatbesitz. In alten Korrespondenzen zwischen dem Templerorden und dem Vatikan sowie dem Königreich und dem Vatikan, fand sich der Name Guillaume de Sonnac. Der französische Adelige war zunächst Meister der Templer- Ordensprovinz Aquitanien, später wurde er der 18. Großmeister des Templerordens. Er starb im Jahr 1250 während eines Kreuzzuges in der Schlacht von al-Mansura, einer Stadt in Ägypten. „Guillaume de Sonnac war in Ozon sehr beliebt“, sagt Mattiangeli. „Deshalb haben die Menschen darauf gedrungen, seine sterblichen Überreste in die Heimat zu überführen, um ihn hier zu begraben.“

Reise nach Châtellerault

Daniele Mattiangeli und die Dissertantin Birgit Brenner machten sich auf die Reise nach Châtellerault, um die drei Skelette zu begutachten und dabei Proben zu entnehmen. Jan Cemper-Kiesslich schaltete sich via Zoom und Videokamera zu, um sie dabei anzuleiten. Sie machten sofort eine spannende Entdeckung: Eines der Skelette lässt auf eine sehr große Person mit einer Größe von 1,80 m schließen. „Diese Größe ist für das Mittelalter und insbesondere für Menschen aus Südfrankreich außergewöhnlich. Zudem wies dieses Skelett sehr starke Knochen auf.“ Dies sei deshalb so interessant, so Mattiangeli, weil Guillaume de Sonnac höchstwahrscheinlich nicht aus Südfrankreich, sondern aus der Normandie abstammte und ursprünglich Wilhelm de Sonay hieß. „Es handelt sich um einen vollkommen unterschiedlichen Typus Mensch, wenn er aus der Normandie, England oder Sachsen stammt anstatt aus Südfrankreich oder Italien.“ Mattiangeli geht davon aus, dass Wilhelm de Sonay aus politischen Gründen seinen Namen in Guillaume de Sonnac geändert hat. Politisch deshalb, da dieser Name südfranzösisch klang und in Südfrankreich die Menschen Alliierte des Papstes waren. Und Karriere konnte man auch schon im Mittelalter nur mit Hilfe der richtigen politischen Verbindung machen. Mit den Nordmännern hatte der Vatikan seit jeher seine Probleme, weshalb es Sonnac tunlich erschien, sich als Südfranzose auszugeben.

Daniele Mattiangeli entnahm aus allen vorgefundenen Skeletten Knochenproben und Bioachäologe Cemper-Kieslich wird sie nun in der Salzburger Gerichtsmedizin auf ihre Genetik hin untersuchen. Außerdem wird deren DNA-Struktur mit jenen anderer Datenbanken verglichen. „Sollte sich herausstellen, dass dieses eine Skelett mit DNA-Strukturen von Sachsen oder Nordmännern vergleichbar ist, wäre es ein wichtiges Indiz, dass es sich tatsächlich um Guillaume de Sonnac handelt.“ Die Chancen, dies eindeutig abzuklären, stehen sehr gut, da sich die Menschen im Norden im Gegensatz zu jenen im Süden, kaum mit anderen Gruppen vermischten und man die DNA-Struktur eindeutiger zuordnen kann. Weiters wird ein Stück Holz des Sarges und ein Sargnagel auf ihr Alter hin untersucht. Wenn auch hier insbesondere das Alter der Gegenstände mit den Geschehnissen zusammenpasst, können die Wissenschaftler mit großer Sicherheit bestätigen, dass der 18. Großmeister des Templerordens identifiziert wurde.

Die Kirche betrachtet die Forschungen um den Templerorden mit Wohlwollen. „Seit wir die Geschehnisse untersuchen, dürfen wir in sonst für die Wissenschaft verschlossenen Archiven arbeiten“, sagt Mattiangeli. Aus diesem Grunde verbrachte Daniele Mattiangeli, Dozent für Römisches Recht und Rechtshistoriker an der Universität Salzburg schon viele Monate nicht nur in der Bibliothek des Vatikans, sondern auch im nur schwer zugänglichen Vatikanischen Apostolischen Archiv, um allerlei schriftliche Dokumente wie päpstliche Bullen oder Korrespondenzen zu sichten. Sie sollen neu übersetzt und bewertet werden. Wichtige Schriftstücke finden sich darüber hinaus in französischen Klöstern und dem Nationalarchiv in Paris. Die Projektmitarbeiterin Mag.a Sophie Kirchgasser untersucht in ihrer Dissertation die Bulle „Vox in Excelso“, jener päpstliche Erlass, in dem die Auflösung des Templerordens beschlossen wurde. Das Interesse an diesem Projekt wurde bereits so groß, dass ein Forschungsverbund gegründet wurde, gestützt von Universität Salzburg, Land und Stadt Salzburg sowie der Erzdiözese, dessen Leitung Daniele Mattiangeli und Jan Cemper-Kieslich innehaben. Sollte sich am Ende herausstellen, dass der Templerorden zu Unrecht aufgelöst worden ist oder gar nicht aufgelöst wurde, könnte die Geschichte der Templer wieder von Neuem beginnen.

Commanderie d'Ozon

Foto: Commanderie d’Ozon | © Universität Salzburg

Mattiangeli Skelett

HR Mag. G. Pfeifer

Leitung Kommunikation und Fundraising

Paris Lodron Universität Salzburg | Abt. Kommunikation und Fundraising

Kapitelgasse 4-6 | A-5020 Salzburg

Tel: +43 662 8044 2024

E-Mail an HR Mag. G. Pfeifer

Foto: Dr. Daniele Mattiangeli untersucht das Skelett | © Universität Salzburg