Publikation_Buchraub

Provenienzforschung

Das berühmte Zitat „Habent sua fata libelli“ – „Bücher haben ihre Schicksale“ des antiken Grammatikers Terentianus Maurus gilt auch für die Werke der Universitätsbibliothek Salzburg. Im Rahmen des Schwerpunkts „Provenienzforschung“ wird die Herkunft sämtlicher Bestände untersucht, dokumentiert und der Forschung zugänglich gemacht.

Dazu zählen die mehr als tausend Jahre alten Handschriften oder die Bücherprachtwerke der Fürsterzbischöfe ebenso wie die Gelehrtenbibliotheken, deren Provenienzen das Wachsen des Wissenschaftsstandortes widerspiegeln. Besitz- und Geschenkvermerke von Leopold Mozart, Stefan Zweig und Hugo von Hofmannsthal bezeugen die Bedeutung Salzburgs als Kulturstandort eindrucksvoll. Nicht zuletzt erlauben Werke aus dem Besitz von Frauen wichtige Aufschlüsse über die Emanzipation im Wissenschaftsbereich.

Doch nicht alle Bestände gelangten rechtmäßig in den Besitz der Universitätsbibliothek. Mit der NS-Provenienzforschung stellt sie sich ihrer Verantwortung. Gezielt wird nach in der Zeit des Nationalsozialismus enteigneten Werken gesucht, um damit die Grundlagen für Restitutionen von NS-Raubgut zu schaffen. Dieser Forschungsbereich wurde von Ursula Schachl-Raber initiiert und zwischen 2009 und 2024 von Irmgard Lahner betreut. Neben der Herausgabe des Werks „Buchraub in Salzburg“ (2012) fanden regelmäßig Restitutionen statt, beispielsweise an das Stift Michaelbeuern (2012), die Erzabtei St. Peter (2016), das Konradinum (2017), das Borromäum (2018) und die Israelitische Kultusgemeinde (2019).

Weiterführende Literatur:
Schachl-Raber Ursula, Embacher Helga, Schmoller Andreas und Lahner Irmgard (Hg.): Buchraub in Salzburg. Salzburg/Wien 2012 (= uni:bibliothek 3).

  • NS-Provenienzforschung

    Im Rahmen eines Forschungsprojekts von 2009 bis 2012, finanziert von der Universität und dem Land Salzburg, untersuchte ein Team der Universitätsbibliothek Salzburg gemeinsam mit Historiker:innen die Rolle der Studienbibliothek in der Zeit des Nationalsozialismus und nach Kriegsende. War die Bibliothek Nutznießerin oder gar Beteiligte an dem Kunst- und Buchraub der Nationalsozialisten, der auch in Salzburg stattfand?
    Als erste Bibliothek Österreichs außerhalb Wiens, hat sich die UBS der kultur- und gesellschaftspolitischen Verantwortung gestellt und sich mit ihrer Rolle währen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt.

    5 Historiker:innen untersuchten 240.000 Bücher, von denen nach Sondierung und Untersuchung, 77.000 Bücher im Detail autopsiert worden sind und rund 1.000 Bücher verdächtigen Ursprungs identifiziert werden konnten. Abschließend wurden die Forschungsergebnisse in einer Monografie zusammengefasst, 50 Bücher als geraubt identifiziert.

    Die vollständige Aufarbeitung aller Besitzfragen war in diesem Zeitraum jedoch nicht möglich, höchstens 30% der infrage kommenden Bücher konnte innerhalb des Projekts überhaupt untersucht werden.
    In der Fortführung des Projekts wird laufend weiter am verdächtigen Bestand geforscht. Taucht der Verdacht auf NS-Raubgut auf, werden nach Möglichkeit die Herkunft dieser Exemplare und die Schicksale ihrer Besitzer:innen erforscht. Werden mögliche Erbberechtige gefunden, sollen Restitutionen ein klares Zeichen der Wiedergutmachung setzen.

    Allerdings finden auch wertvolle Bücher, die in den Wirren der Nachkriegszeit aus dem Lagerstollen in Hallein entwendet worden sind, ihren Weg zurück in die Bibliothek. Bereits 1946 anonym der berühmte Lauten-Codes, 1996 und 2019 das Alte und Neue Testament der Koberger-Bibel.

    Die Publikation „Buchraub in Salzburg“ beleuchtet die Geschichte der Studienbibliothek sowie ihrer Akteure von 1938 bis 1950 und benennt erstmals Opfer, Täter und Profitierende des Buchraubs in Salzburg.

    Restitutionen seit 2012:
    2012: Der Abt des Klosters Michaelbeuern nahm Bücher und Graphiken wieder in den Besitz seiner Stiftsbibliothek
    2014: Schauspieler und Autor Miguel Herz-Kestranek erhielt ein Buch seines Großvaters zurück
    2014: Wiener Technischer Verlag  Brüder Suschitzky
    2016: Erzabtei St. Peter
    2017: Konradinum
    2018: Borromäum
    2019: Israelitische Kultusgemeinde Wien
    2022: AK Bibliothek Wien für Sozialwissenschaften
Ansprechperson:

Dr.in Michaela Essler
E-Mail: