Erika-Weinzierl-Preise 2025



Anna-Maria PENETSDORFER: „Von ‚der großen Frau*‘ oder ‚der großen Buhlerin‘?! Eine historisch-re-konstruktive Diskursanalyse zur Konstruktion resp. Reproduktion weiblicher* Geschlechternormative in der Schrift ‚Geschlechtsgeheimnis und Erziehung. Psychologie und Anthropologie der Geschlechter als Grundlage einer modernen Sexualpädagogik‘ (1958/1964) des Salzburger (Religions-)Pädagogen Le-opold Prohaska“
  • Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät, Fachbereich Erziehungswissenschaft (Schwerpunkt Sozialpä-dagogik), Masterarbeit
  • Betreuerin: Univ.-Prof.in Dr.in Birgit Bütow

Die Masterarbeit rückt die akademische Pädagogik im Salzburg der Nachkriegszeit (von 1953 bis 1980) als Stätte der Wissens(re)produktion in das Zentrum der Aufmerksamkeit und fragt danach, inwieweit zeitgenössische Lehr-, Forschungs- und Publikationstätigkeiten (weibliche*) Geschlechternormative hervorbrachten und/oder aufrechterhielten. Dabei wird anhand des Wirkens eines zentralen Salzburger Akteurs, des (Religions-)Pädagogen, Priesters, Erziehungsberaters und Dozenten Leopold Prohaska (1905-1980) verfahren und seine Sexualaufklärungsschrift ‚Geschlechtsgeheimnis und Erziehung […]‘ (1958/1964) analysiert. Die in der historischen Frauen- und Geschlechterforschung verortete Forschungsarbeit zeigt auf, wie mithilfe sprachlich-diskursiver Strategien und im Deckmantel einer christlich-sexualpädagogischen Auf-klärungsarbeit an tradierten restaurativen, repressiven hierarchisch-patriarchalen Geschlechtervorstel-lungen festgehalten wird, während Sexualität(en) vielmehr mystifiziert werden und zugleich de-thema-tisiert bleiben. Die Berücksichtigung der Situiertheit Prohaskas in Salzburg wiederum offenbart vielfäl-tige positionelle Verschränkungen, die über die jahrelange (sexual-)pädagogische Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät hinaus auch die Wirkmacht seiner sexualkonservativen Bewahrpädagogik in der (sozial-)pädagogischen Fachpraxis (etwa in der Erziehungsberatung) verdeutlichen und damit auf eine brisante gesellschaftliche Relevanz verweisen. Durch die systematische Hinwendung an die jüngere Vergangenheit findet nicht nur ein bisweilen un-berücksichtigtes, für den Standort Salzburg disziplingeschichtlich aufschlussreiches Forschungsdeside-rat an der Schnittstelle von Geschlecht/Gender, (Sozial-)Pädagogik und Religion/Katholizismus empi-risch Bearbeitung. Nicht zuletzt rückt damit – angesichts erneut zunehmender Gefährdung geschlecht-licher Vielfalt – auch die disziplinäre Verantwortung in den Blick, sich als akademische Instanz der Wis-sens(re)produktion beständig kritisch zu befragen.
Romina Irene Palacios Espinoza: El impacto narrativo del cuerpo humano. Lina Meruane y su “Trilogía de la enfermedad” 
  • Kulturwissenschaftliche Fakultät, Fachbereich Romanistik, Dissertation
  • Betreuer: Univ.-Prof. Christopher F. Laferl (Hauptbetreuer), Assoz. Prof. Agustín Corti (Zweitbetreuer)

Diese Arbeit untersucht die literarische Darstellung des menschlichen Körpers im Kontext von Krankheit, anhand der Romane Fruta podrida (2007), Sangre en el ojo (2012) und Sistema nervioso (2018) der chilenischen Autorin Lina Meruane (1970). Im Zentrum steht die Frage, inwiefern der Eintritt der Krankheit als Hauptereignis die narrative und diskursive Entwicklung dieser Texte prägt und welche körperlichen Ausdrucksformen daraus hervorgehen. Ziel der Dissertation ist es zu zeigen, wie pathologische Ereignisse über sprachliche Strategien der Körperdarstellung die Form, Struktur und Dynamik der Erzählung beeinflussen.Durch einen interdisziplinären Ansatz, bestehend aus der phänomenologischen Unterscheidung von „Leib“ und „Körper“, erzähltheoretischen Analysen und hermeneutischen Interpretationen, wird der Körper nicht nur als narrative Struktur untersucht, sondern auch als Ort sozialer Verhandlung, epistemischer Autorität und als Labor literarischer Gestaltung. Dieser theoretische und methodologische Rahmen ermöglicht es, Krankheitsnarrative als bedeutende Träger von Handlung, Struktur und Subjektkonstitution zu analysieren.Die Dissertation begreift Geschlecht nicht als isolierte Kategorie, sondern untersucht seine Verschränkung mit weiteren Strukturmerkmalen wie Gesundheit, Behinderung, Körperlichkeit, Sprache, Autorschaft und sozialer Position. Die Protagonistinnen der „Trilogía de la enfermedad“ (Trilogie der Krankheit) bewegen sich im Spannungsfeld individueller Krankheitserfahrungen, pathologischer Familienvererbungen und gesellschaftlicher Zuschreibungen, die ihre Handlungsfähigkeit, Wahrnehmung und Stimme prägen. Die dargestellten Krankheitserfahrungen erzeugen nicht nur narrative Dynamik, sondern verweisen zugleich auf Hierarchien im medizinischen, sozialen und literarischen Feld.

Erika-Weinzierl-Stipendium 2025



Anna Mavrikou Post-migrant journalistic voices: Perspectives on inclusion and exclusion in German, Austrian and Swiss newsrooms

  • Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät, Fachbereich Kommunikationswissenschaft, Dissertationsprojekt
  • Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Thomas Birkner

Der Journalismus steckt heute in einer vielfältigen Krise: Finanzierungsschwierigkeiten, Zeitungssterben, die Konkurrenz digitaler Plattformen und eine wachsende Vertrauenskrise weisen auf einen zunehmenden Verlust an gesellschaftlicher Akzeptanz hin. Viele Menschen finden sich und ihre Themen in den Medien nicht wieder. Daher stellt sich die Frage, ob der Journalismus die heutige diverse Gesellschaft überhaupt angemessen repräsentiert. Das Dissertationsprojekt untersucht die Erfahrungen von Journalist:innen mit sogenanntem „Migrationshintergrund“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Obwohl Vielfalt in diesen Ländern zunehmend als zentraler gesellschaftlicher Wert gilt, bleiben Journalist:innen aus Familien mit Einwanderungsgeschichte in Redaktionen und insbesondere in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert.

Die Grundlage der Forschung bilden 43 narrative, stark biographisch ausgerichtete Interviews mit Journalist:innen, die über vielfältige eigene oder familiäre Einwanderungsgeschichten verfügen. Auffällig ist, dass die Stichprobe deutlich mehr Frauen umfasst, ohne dass dies gezielt angestrebt wurde. Derzeit befinde ich mich in der Analysephase. Erste Ergebnisse zeigen, dass viele Journalist:innen häufig subtile Formen der Ausgrenzung erleben und oft auf Migrationsthemen reduziert werden. Gleichzeitig profitieren sie jedoch von ihren spezifischen Perspektiven, Sprachkenntnissen und Zugängen zu verschiedenen Communities. Die bisherigen Erkenntnisse verdeutlichen, dass der Begriff „Migrationshintergrund“ ein intersektionales Konstrukt darstellt, das Herkunft, Geschlecht, Klasse und rassifizierte Wahrnehmungen miteinander verschränkt.

Die Dissertation erweitert die postmigrantische Kommunikationsforschung und soll aufzeigen, wie Journalist:innen dominante Narrative hinterfragen, Diversity Washing entlarven und zu einer diverseren Medienlandschaft beitragen können. Die Arbeit ist an der Schnittstelle von kritischer und kosmopolitischer Kommunikationswissenschaft, Forschung zu postmigrantischen Gesellschaften sowie Gender Studies angesiedelt und stützt sich theoretisch auf Bourdieus Feldtheorie, Ansätze zu journalistischen Rollen und das Konzept symbolischer Grenzen.