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Annam-Stabschrecke – Medauroidea Extradentata

Annam-Stabschrecke

Einige biologische Daten:

Vorkommen: Die Annam-Stabschrecke kommt ursprünglich aus den Tropenwäldern der Region Annam in Vietnam. Verwandtschaft: Medauroidea Extradentata nimmt innerhalb der Klasse der Insekten folgende systematische Stellung ein:
  • Überordnung: Geradflügler (Orthopteroidea)
  • Ordnung: Stab- und Gespenstschrecken (Phasmida)
  • Familie: Stabheuschrecken (Phasmidae)
  • Gattung: Medauroidea

Körpermerkmale:

Typische 3-Gliederung eines InsektesDer Körper der Annam-Stabschrecke ist stabförmig, schlank und meist hell-grünlich-braun bis dunkelbraun gefärbt. Die Körperoberfläche ist teilweise dicht mit kleinen warzenartigen oder dornigen Auswüchsen bedeckt. Während die Weibchen bis zu zirka 9,5 cm groß werden, bleiben die Männchen mit zirka 7 cm Körpergröße etwas kleiner. Am Kopf der Weibchen sind zudem Höckerchen zu erkennen (siehe Foto), die als Merkmal der Geschlechtsbestimmung dienen können. Der Körper der Annam-Stabschrecke zeigt die typische 3-teilige Gliederung eines Insektes: Kopf (Caput), Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen). Am Kopf befinden sich kleine, seitlich angeordnete Komplexaugen, ein Fühlerpaar sowie auch nach außen verlagerte, kauend-beißende Mundwerkzeuge. Wichtig für die Nahrungsaufnahme sind auch die Unterkiefer- und Oberkiefertaster. Die Maxillen sind noch deutlich beinartig gegliedert (ein Primitivmerkmal). Am Thorax setzen die drei Beinpaare an (5-gliedrige Beine). Medauroidea Extradentata sind sekundär ungeflügelt. Klick aufs Bild für mehr Informationen: Dornartige Fortsätze am Kopf des Weibchens

Nahrung

Annam-Stabschrecken sind ausschließlich Pflanzenfresser, die in der Regel nachts auf Nahrungssuche gehen. Sie fressen bevorzugt Brombeer- und Himbeerblätter, gewöhnen sich allerdings auch an das Laub anderer Pflanzen (z.B. Hainbuche, Liguster, Efeu, Brennessel, Tradescantia u.a.).

Fortpflanzung & Entwicklung

Annam-Stabschrecken können sich eingeschlechtlich sowie auch zweigeschlechtlich fortpflanzen. In der Zucht sind die etwas dünneren und kleineren Männchen der Annam-Stabschrecken durchaus zu finden. Bei Abwesenheit von Männchen vermehrt sich die Art aber auch parthenogenetisch („Jungfernzeugung“). Die Eier sind hartschalig und erinnern in Form und Farbe an Pflanzensamen. Weibchen lassen die Eier in der Regel nachts einzeln zu Boden fallen. Je nach Temperatur schlüpfen nach 3 bis 6 Monaten die Larven aus den Eiern. Die Entwicklung vom ersten Larvenstadium bis zum Imago dauert 3 bis 8 Monate und läuft über 4 bis 5 Häutungen.

Lebensweise & Verhalten

Die meisten Phasmiden sind mehr oder weniger träge Busch- und Baumbewohner, die nachts aktiv werden und in ihren Nahrungspflanzen umherklettern. Sie zeigen als Anpassung an das Nachstellen durch Fressfeinde eine  perfekte Tarnung durch Phytomimese (=Nachahmung von Pflanzenteilen). Wie man auf dem Foto erkennen kann, ist die Annam-Stabschrecke in einem Geäst kaum erkennbar. Dieses Phänomen nennt man Zweigmimese. Tagsüber ruhig in den Pflanzen sitzend (starres sitzen = Katalepsie), sind sie nur schwer zu entdecken und verlassen sich zum Schutz vor Fressfeinden völlig auf die gute Tarnung. Tagsüber hängen die Tiere meist an den Krallen des nach vorn gestreckten ersten Beinpaares im Geäst; die Fühler sind ebenfalls eng zusammen nach vorn und die beiden hinteren Beinpaare nach hinten gestreckt. Die Tiere sehen so einem Ästchen täuschend ähnlich. Werden sie doch entdeckt, so lassen sie sich bei Berührung zu Boden fallen und sind dort nur schwer wiederzufinden. Dieser Schutz ist offensichtlich so erfolgreich, dass weder Flügel noch schnelle Fortbewegung notwendig sind.

Zuchtbedingungen

Annam-Stabschrecken benötigen wenig Licht, doch sollte ein Tag-Nacht-Lichtwechsel eingehalten werden. Temperaturen von 18 bis 22°C lassen die Zuchten gut gedeihen (stärkste Vermehrung bei 28°C). Auch unter 18°C ist die Haltung noch möglich, doch sollte man versuchen diesen Grenzwert nach Möglichkeit nicht zu unterschreiten. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte nicht unter 40% fallen. Man erreicht das am besten durch tägliches leichtes Besprühen. Es muss darauf geachtet werden, dass besonders der Boden nicht zu feucht wird, da es sonst zu Schimmelbildung kommt. Frisch geschlüpfte Tiere sind meist aktiver als adulte. Nach dem Schlüpfen kann es jedoch sein, dass sie nicht sofort fressen – dies kann mehrere Stunden oder Tage dauern. Da sich die Tiere mitunter sehr rasch vermehren können empfiehlt es sich bei einem Zuchtstopp die Eier aus dem Terrarium zu entfernen und vor dem Entsorgen über Nacht einzufrieren. Weitere Haltungs-und Pflegehinweise finden Sie hier.

Bezugsquellen

Phasmiden (Stab- und Gespenstschrecken) werden häufig schon im Zoohandel angeboten. Ansonsten kann man über entsprechende Internetseiten (z.B.http://www.terraristik.com/) Termine von Insektenbörsen oder Adressen von Insektenliebhabern erfahren und dort Tiere erwerben.

Einsatz im Unterricht

Annam-Stabschrecken lassen sich ohne große Probleme und mit relativ geringem Raum- und Zeitaufwand in der Schule halten und züchten. Die folgenden, ausgewählten Beispiele für den Unterrichtseinsatz sollen einige Anregungen geben. Genauere Unterlagen und Informationen über den Unterrichtseinsatz sind im SBZ erhältlich. Barrierefreiheit: Kurzbeschreibung des Bildes
  • Abbau von Ekel gegenüber Insekten (durch den persönlichen Umgang und die Pflege der Tiere)
  • Biologie von Insekten: Anatomie (Körperbau; bei den recht inaktiven Stabschrecken gut beobachtbar; lassen sich auch gut zeichnen), Beobachtungen zur Entwicklung eines hemimetabolen Insekts, Ablauf und Funktion der Häutung
  • Verhaltensbeobachtungen: Versuche mit Strauchattrappen, Herausarbeitung der Auslösemechanismen, Anpassung an Fressfeinde in Form und Verhalten
  • Fortbewegung eines Insekts, Koordination der Beinbewegungen (gut beobachtbar da langsame Bewegung)
  • Unterschiede von verschiedenen Stab- und Gespenstschrecken
  • Parthenogenese, Bedeutung für die Arterhaltung, genetische Betrachtungen
Handhabung: Um das Tier hochzuheben, führt man am besten die Hand unter den Körper des Tiers und hebt es dann hoch. Dabei kann man vier Finger unter dem Tier behalten und den Daumen auf das Brustsegment legen. Vermieden werden sollte das Anfassen der Extremitäten, da es in diesem Fall zu einer Abwehrreaktion bzw. zum Abwerfen der Beine (Autotomie) kommen kann.

Literatur

  • APEL, J (1988): Stab- und Gespenstschrecken im Unterricht, Schulverwaltungamt, Biologische Station, Botanischer Garten, Kassel.
  • BYRON, M.S. (1988): How to keep stick insects, Fitzgerald Publishing, London.
  • FRIEDRICH, U. & W.VOLLAND (1981): Futtertierzucht, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • FRITSCHE, I. (2009): Stabschrecken, Carausius, Sipyloidea & Co., Natur und Tier Verlag GmbH, Münster.
  • KUNCHINTZKI, U. (2001): Stabheuschrecken und Gottesanbeterinnen im Terrarium. Edition ZooVilag, Budapest & München.
  • LÖSER, S. (1991): Exotische Insekten. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
  • SEILER, C., S. BRADLER & R. KOCH (2000): Phasmiden. bede Verlag, Ruhmannsfeld.

Zusammengestellt von Klaus Kalas & Lisa Virtbauer, Fotos von Lisa Virtbauer. Footer
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