Consumer and Social Cognition
Leiter: | Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Jochim Hansen |
Doktorandinnen: | Chiara Jutzi |
Studienassistentin: | Johanna Kuhaupt |
PraktikantInnen: | Raphaela Maier Naara Ulmke Maria Habisch Antonia Forster Leon Dominik Mai Tran |
Unsere Forschungsinteressen liegen im Bereich der sozialen Kognition. Hierbei forschen wir zurzeit in zwei wichtigen Bereichen: Zum einen untersuchen wir die Folgen von processing fluency (Verarbeitungsleichtigkeit) auf soziale Urteile und Entscheidungen. Zum anderen beschäftigen wir uns mit den situativen Einflüssen auf das sogenannte construal level (Abstraktionsniveau mentaler Repräsentationen) sowie dessen Konsequenzen für Verhalten, Erleben und soziale Urteile. Dementsprechend bringt unser Forschungsprogramm die Aspekte der kognitiven Verarbeitung (processing fluency) und der mentalen Repräsentation (construal level) zusammen, die beide wichtig sind, wenn Urteile und Entscheidungen im sozialen Kontext getroffen werden.
Processing Fluency
Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt bezieht sich auf die Auswirkungen des Erlebens von Verarbeitungsleichtigkeit auf soziale Urteile. Informationsverarbeitungsprozesse sind häufig von verschiedenen subjektiven Erfahrungen begleitet, wie die erlebte Leichtigkeit des Informationsabrufs oder der Enkodierung, welche die soziale Urteilsbildung beeinflussen. Beispielsweise verändert die Leichtigkeit, mit der man Informationen über sich selbst abruft, Urteile über das Selbst (Schwarz et al., 1991). In unserer Forschung untersuchen wir die Grund-Hypothese, dass Erleben der kognitiven Verarbeitung vor allem dann relevant und informativ für soziale Urteile und Entscheidungen wird, wenn es vom situativen Kontext abweicht. Dieser Kontext kann eine vorhergehende Erwartung bezüglich der Verarbeitungsleichtigkeit sein oder die soziale Situation, in der das Erleben stattfindet. In mehreren Studien konnten wir zeigen, dass die Verarbeitungsleichtigkeit z.B. Wahrheits- oder Mögens-Urteile besonders dann beeinflusst, wenn die fluency vom Kontext abweicht. Unsere derzeitige Forschung konzentriert sich auf die situativen Randbedingungen und die vermittelnden Prozesse dieser Effekte. Zwei Überblicksarbeiten fassen den Stand unserer Forschung zu processing fluency zusammen (Hansen & Wänke, 2013; Wänke & Hansen, 2015).
Construal Level
Ein zweiter Bereich bezieht sich auf die situativen Determinanten und Konsequenzen des construal levels, d.h. des Abstraktheitsniveaus, auf dem Menschen ihre subjektive Realität mental repräsentieren. Denn bei der subjektiven Konstruktion der sozialen Wirklichkeit können unterschiedliche Stimulus-Merkmale fokussiert werden, die von Situation zu Situation und Individuum zu Individuum variieren. Eine wichtige Dimension hierbei ist das Abstraktionsniveau (construal level). Das Verhalten „Klavier spielen“ kann z.B. konkret als „Tasten drücken“ gesehen werden oder abstrakt als „Musik machen“. Als ein wichtiger Faktor, der das construal level beeinflusst, ist psychologische Distanz identifiziert worden (Trope & Liberman, 2003, 2010).
Unsere Forschung untersucht weitere interessante situative Determinanten des construal levels sowie Konsequenzen für Erleben, Verhalten und soziale Urteile. Auf Seite der Determinanten konnten wir z.B. zeigen, dass Gedanken an Geld und/oder Luxus abstraktere Repräsentationen bewirken (Hansen, Kutzner & Wänke, 2013; Hansen & Wänke, 2011). Auch führen bestimmte musikalische Sounds, die psychologisch fern erscheinen (z.B. durch Hall oder neuartige Harmonien), zu abstrakteren Repräsentationen und zu entsprechenden Auswirkungen auf Produkturteile und Konsumentscheidungen (Hansen, & Melzner, 2014).
Auf Seite der Konsequenzen konnten wir zeigen, dass das construal level sich auf Erleben auswirkt, beispielsweise auf das Zeiterleben: Zeit vergeht subjektiv schneller, wenn Situationen konkret repräsentiert werden, als wenn Situationen abstrakt repräsentiert werden (Hansen & Trope, 2013). Construal level wirkt sich auch auf Wahrheitsurteile aus: Konkret formulierte Aussagen werden eher für wahr gehalten als abstrakt formulierte, wobei dieser Effekt durch psychologische Distanz und ein abstraktes Mindset moderiert wird (Hansen & Wänke, 2010). Wir konnten ferner zeigen, dass sich das construal level (manipuliert über psychologische Distanz) auf die Wahrnehmung von Kausalität auswirkt: Bei Ereignissen, die räumlich, zeitlich oder sozial fern stattfinden, fokussieren Personen eher auf Ursachen, während bei Ereignissen, die nah sind, eher deren Effekte im Fokus der Aufmerksamkeit stehen (Hansen, Rim & Fiedler, 2013; Rim, Hansen & Trope, 2013).
Auch haben wir Einflüsse des construal levels auf Verhalten gefunden: In einem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt wurden die Einflüsse von psychologischer Distanz auf die Imitation des Verhaltens anderer Personen untersucht. Hier konnten wir auf breiter Ebene zeigen, dass sich Distanz auf Imitation von Bewegungen und von Zielen, auf behaviorale und emotionale Mimikry sowie auf Imitation im Konsumverhalten auswirkt (für einen Überblick über das gesamte Projekt siehe Hansen & Genschow, 2020).