Unsere Forschung – Soziale Kognition und Motivation

Einfluss motivationaler Prozesse auf soziale Kognition und Interaktion

Wir versuchen Informationsverarbeitungs- und Informationssuchprozesse zu verstehen, die durch die Aktivierung von Wünschen, Bedürfnissen und Anliegen beeinflusst werden (= motivierte soziale Kognition) und das Verhalten in sozialen Interaktionen prägen. Zwei Modelle bieten einen Rahmen für unsere Forschung:

  1. General Process Model of Threat and Defense (Jonas et al., 2014). Dieses beschreibt, wie Menschen auf erlebte Bedrohungen reagieren.
  2. Loop2Loop Modell (Jonas, 2015; Jonas und Bierhoff, 2017; Jonas und Steindl, 2015; Jonas und Mühlberger, 2017): Dieses beschreibt, dass Menschen in sozialen Interaktionen nicht nur aufeinander reagieren, sondern dass diese Prozesse vermittelt werden über motivational-affektive und motivierte kognitive Prozesse.

Wenn sich der Mensch bedroht fühlt… Das General Process Model of Threat and Defense

Motivierte soziale Kognition entwickelt sich häufig in bedrohlichen Situationen. Dementsprechend steht die Erforschung des Einflusses von Bedrohungen auf soziale Kognition und Interaktion im Mittelpunkt vieler unserer Forschungsprojekte. Wenn sich Menschen bedroht fühlen, werden bestimmte kognitive, motivationale und neuronale Prozesse ausgelöst. Diese beeinflussen, wie wir über unsere Umwelt denken und wie wir mit anderen Personen interagieren. Wir versuchen diese Prozesse zu spezifizieren und die Konsequenzen von Bedrohungen für soziale Interaktionen zu verstehen.

Dabei sind für uns v.a. solche Bedrohungen interessant, die als ambivalent erlebt werden bzw. mit inneren Konflikten verbunden sind. Menschen sind dann mit dem Erleben von Diskrepanzen konfrontiert, die nicht immer unmittelbar aufgelöst werden können. Während eindeutige Bedrohungen (z.B. solche der körperlichen Unversehrtheit) meist Furcht, Panik und Fluchtverhalten auslösen (aktive Vermeidung), gilt unser Interesse eher mehrdeutigen Bedrohungen, welche Unsicherheit und Irritation auslösen und Personen in einen Zustand ängstlicher Hemmung und passiver Vermeidung versetzen. Üblicherweise werden diese Bedrohungen als besonders bedrohlich erlebt, wenn fundamentale Bedürfnisse bzw. Motive betroffen sind, wie z.B. Identität (das Bedürfnis zu wissen, wer man ist), Transzendenz (dass etwas von einem zurückbleibt, wenn man stirbt), soziale Eingebundenheit (zu anderen Menschen/Gruppen dazugehören), Kontrolle und Sinn (die Welt um uns verstehen und im Handeln wirksam sein zu können). Während diese Bedrohungen meist in verschiedenen psychologischen Forschungstraditionen einzeln betrachtet werden, streben wir einen integrativen und vergleichenden Blick an.

Da viele der durch Bedrohungen ausgelösten psychologischen Prozesse implizit ablaufen, sind diese uns Menschen häufig nicht bewusst zugänglich. Daher ist ein Verständnis der unbewusst ablaufenden Prozesse besonders interessant. Insbesondere die Verwendung neuropsychologischer Messverfahren hat uns geholfen, eine integrative Bedrohungstheorie zu entwickeln (General Process Model of Threat and Defense Jonas et al., 2014), welche es erlaubt, die Reaktionen von Menschen in bedrohlichen Situationen besser begreifen zu können (siehe: Forschungsbereich Experimental Existential Psychology, Social Neuroscience & Threat Management). Damit lässt sich besser nachvollziehen, warum Menschen nach Bedrohungen häufig zunächst in einen als unangenehm erlebten Hemmungszustand geraten (eine sogenannte „Angststarre“, Behaviorales Inhibitionssystem, BIS), aus dem sie häufig nur mithilfe von Handlungen, die heftiger, überschießender Natur sind, wieder herauskommen (Behaviorales Approachsystem, BAS). Diese können sowohl hilfreich als auch hinderlich sein und den weiteren Verlauf sozialer Interaktionen in funktionaler oder dysfunktionaler Art und Weise beeinflussen. Hierbei liegt ein weiterer Schwerpunkt unserer Forschung auf der Suche nach neuen Informationen, deren Bewertung sowie ihrer Weitergabe an Interaktionspartner:innen.

Abbildung des Prozessmodells der Bedrohung und Verteidigung

Ein Rahmenmodell sozialer Interaktion – das Loop2Loop-Modell

In sozialen Interaktionen treten zwei oder mehrere Personen in einen sozialen Austausch miteinander, der durch die Bedürfnisse, Motive, Kognitionen und Handlungen der beteiligten Austauschpartner:innen geprägt ist. Das Zusammenwirken dieser Faktoren wurde von uns im Loop2Loop-Modell zusammengefasst (siehe Jonas, 2015; Jonas und Bierhoff, 2017; Jonas und Steindl, 2015; Jonas und Mühlberger, 2017), welches beschreibt, wie aus dem Zusammenspiel von Personen- und Situationsmerkmalen (Motive, saliente Gedächtnisstrukturen bzw. kognitiver Fokus, Wahrnehmung der Situation) motivational-affektive Zustände sowie motivierte Kognitionen entstehen, welche zu entsprechendem motivierten Verhalten führen. Für das Gegenüber wird dieses Verhalten in der sozialen Interaktion sichtbar und löst entsprechend der eigenen Personen- und Situationsvariablen wiederum eine Sequenz von motivierten Kognitionen und Handlungen aus (siehe Abbildung, Zeichnung von Vicky König).

Insbesondere in unserem Forschungsbereich „Approach in sozialen Interaktionen“ stützen wir uns auf das Loop2Loop Modell, um mit dessen Hilfe Beratungsprozesse besser zu verstehen.

Loop Model siehe Jonas (2015), Jonas und Bierhoff (2017), Jonas & Steindl (2015), Jonas & Mühlberger (2017); Zeichnungen von Vicky König

 


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