Sexism is not sexy – Sexismus in der Werbung erkennen und verstehen

Woran erkennt man Sexismus in der Werbung? Betrifft das wirklich nur Frauen? Und vor allem: Beeinflusst diese Strategie wirklich unser Kaufverhalten? Genau das haben wir uns auch gefragt. Wir? Das sind Florian & Ich (Lena). Im Rahmen des Seminars „Feminismus, Sexismus & Ich“ wollten wir gemeinsam mit Euch diesen Fragen auf den Grund gehen und haben dafür eine kleine Feldstudie konzipiert. Unser Fazit? Lest selbst!
Barrierefreiheit: Kurzbeschreibung des BildesWerbung ist allgegenwärtig. Sie umgibt uns in verschiedensten Formen und ist längst fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Sie verfolgt mit Fernseh- und Radiospots, Zeitungsannoncen oder Werbeplakaten auf Litfaßsäulen stets ein und denselben Zweck, nämlich gewünschte Zielgruppen um jeden Preis zu erreichen. Das erfordert eine stetige Anpassung an die kulturellen Muster, Werte und Ideen des Publikums. Gewissermaßen kann die Werbung als „Spiegel der Gesellschaft“ interpretiert werden. Sie möchte bei uns Adressaten etwas bewirken und beeinflusst uns maßgeblich in unserem Denken und Handeln.  1,2
Eine Werbeweisheit, die in den 60er Jahren ihre Hochphase erlebte, ist uns allen bekannt. Wir sprechen von Sex Sells. In den 60er und 70er Jahren erlebten freizügige Darstellungen von Frauen und erotische Anspielungen erstmals Ihren Höhepunkt als Folge der propagierten sexuellen Freiheit. 3
Nicht jede Werbung, die leicht bekleidete Männer und Frauen zeigt, ist immer diskriminierend.  Genau deshalb ist es erforderlich unsere Wahrnehmung zu schulen, um zu erkennen, wo die Grenze zwischen Seriosität, Humor und Sexismus liegt.

Sexismus – Was ist das eigentlich genau?

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Der Begriff Sexismus ist in aller Munde – und doch hat unsere kleine Feldstudie zum Thema Werbemarketing & Sexismus gezeigt, dass nicht jeder eine konkrete Vorstellung hat, was Sexismus eigentlich bedeutet.
Sexismus beschreibt eine Form der Diskriminierung und Abwertung aufgrund des zugeschriebenen Geschlechtes und den damit verbundenen Stereotypen und Rollen. Qualitäten und Kompetenzen werden Personengruppen abgesprochen, da Sie nicht dem aktuellen oder klassischen gesellschaftlichen Bild entsprechen. Obwohl der Begriff häufig ausschließlich mit einer herabwürdigenden Haltung gegenüber Frauen assoziiert wird, betrifft Sexismus keineswegs nur das weibliche Geschlecht. Auch Männer, Transgender oder andere Personengruppen können von der Ungleichbehandlung betroffen sein.  4,5
Die Problematik sexistischer und von Stereotypen geprägter Werbung liegt auf der Hand. Neben der offensichtlichen Herabwürdigung tragen sexistische Werbekampagnen dazu bei, dass sich heteronormative Rollenbilder in den Köpfen des Publikums verfestigen.

Woran erkennt man sexistische Werbung?

Leicht bekleidete Frauen, muskulöse Männer, verführerische Gesten – mit genau diesen Reizen versuchen große Firmen eine Illusion bezüglich der Qualitäten ihres Produkts zu erschaffen, die zum Kauf anregen soll. Von Sexismus ist laut einer Schweizer Initiative für Menschenrechte für Frauen („Terre des femmes“) dann die Rede, wenn…

  • Geschlechter bzw. Personengruppen auf bestimmte Rollen & Eigenschaften reduziert werden
  • Bilder oder Texte das Geschlecht in abwertender &/ diskriminierender Form darstellen
  • Sexuell uneingeschränkte Verfügbarkeit suggeriert wird
  • Keinerlei Zusammenhang zwischen der sexualisierten Darstellung und dem Produkt festzustellen ist
  • Die Beziehung von Mann & Frau durch Unterwürfigkeit und Abhängigkeit geprägt ist
  • Qualitäten einer bestimmten Personengruppe abgesprochen werden 6

All die genannten Aspekte wurden auch von den Teilnehmenden unserer Feldstudie thematisiert.
In der Beauty & Kosmetikbranche wird besonders viel Wert auf eine ästhetische Darstellung gelegt, um in potentiellen Kunden/innen den Wunsch nach genau jenem Schönheitsideal hervorzurufen. Dem Produkt werden unbewusst die Qualitäten zugeschrieben, welche mit seiner Inszenierung assoziiert sind. 
Andere Werbebereiche hingegen greifen zu provokanteren Formen der Darstellung, wie die Werbung eines Pizzalieferservice aus Halle zeigt:
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Während es bei einer gezielten Werbung für Unterwäsche legitim wäre, eine junge Frau ästhetisch in Dessous darzustellen, reduziert „Uno“ das Model lediglich auf seine sexuellen Reize ohne Zusammenhang mit dem Produkt. Das Titelbild der Pink-Stinks-Kampagne zum Thema „Sexy YES – Sexism NO“ verdeutlicht den Unterschied zwischen nicht sexistischer und sexistischer Werbung noch einmal mehr 7
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Sexistische Werbung – Frauen Phänomen?

Sexismus in der Werbung betrifft keineswegs nur Frauen – sondern auch Männer.
Ein Großteil unserer Befragten äußerte, dass basierend auf Ihrer Wahrnehmung Frauen zwar häufiger auf sexistische Weise in der Werbung dargestellt werden als Männer, diese aber keinesfalls davon ausgenommen sind.
Auch Männer werden auf Äußerlichkeiten reduziert und mit Ihrer Maskulinität gezielt für Produktmarketing eingesetzt, aber nicht ausschließlich. Im Gegensatz zu Frauen werden sie weniger häufig als Lust- oder Sexobjekt stigmatisiert. 8
Barrierefreiheit: Kurzbeschreibung des BildesDer Fokus der Werbebranche – bezogen auf männliche Protagonisten – besteht vielmehr in der Darstellung ihrer Verhaltensweisen und Lebensstile. Die Darstellung als starker, eher emotionsloser Mensch, der gerne in einer Männerrunde Bier trinkt und Fußball schaut, sich in den Baumärkten dieser Welt zuhause fühlt, schnelle Autos fährt, aber mit Familie und Haushalt überfordert ist, ist vermutlich den wenigsten fremd. Anstelle eines Sinnes für Individualität werden starre Vorgaben suggeriert, an die Man(n) sich halten soll. 9
Während der Fokus viele Jahre vorrangig auf der Überwindung von Sexismus gegenüber Frauen lag, wandelt sich diesbezüglich allmählich auch die Inszenierung des Mannes in der Werbebranche. Mehr und mehr etabliert sich ein Bild geprägt von Gleichberechtigung, Individualität & Toleranz unabhängig von Geschlecht & Gender. 

Miteinander, nicht gegeneinander!

Oft ist es abhängig von der eigenen Wahrnehmung, ob wir Werbung als sexistisch empfinden oder nicht. Wenn du also das nächste Mal den TV anschaltest, durch die Stadt an den Schaufenstern vorbeigehst oder im Radio den ein oder anderen Spot hörst, denk daran: Achtsamkeit AN – Sexismus OUT!
Liebe Grüße, Lena 🙂

Fußnoten

  •   1. Fröhlich, V. (2015). Geschlechterrollen und-stereotype in der österreichischen TV-Werbung (Doctoral dissertation, uniwien). 
  • 2. Levine, J. (2013). Untersuchung frauendiskriminierender Werbung in den Medien von 1995 bis 2013. 
  • 3. Krebs, F. (2009). Werbeobjekt Frau-Objekt der Begierde?: das Bild der Frau in der Werbung im Wandel der Gesellschaft.
  • 4. Fröhlich, V. (2015). Geschlechterrollen und-stereotype in der österreichischen TV-Werbung (Doctoral dissertation, uniwien). 
  • 5. Levine, J. (2013). Untersuchung frauendiskriminierender Werbung in den Medien von 1995 bis 2013. 
  • 6. Krebs, F. (2009). Werbeobjekt Frau-Objekt der Begierde?: das Bild der Frau in der Werbung im Wandel der Gesellschaft ; https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/frauenfeindliche-werbung/aktuelles/2596-sexism-shouldn-t-sell-handlungsleitfaden
  • 7. https://pinkstinks.de/kennt-ihr-den-unterschied-zwischen-sexy-und-sexismus/ 
  • 8. https://pinkstinks.de/wie-das-soll-sexistisch-sein/ 
  • 9. https://www.deutschlandfunk.de/sexistische-werbung-halbnackte-frauen-und-macho-maenner.2907.de.html?dram:article_id=456389 Stand: 22.05.20

Übersicht: Literatur & Bildquellen
https://pinkstinks.de/kennt-ihr-den-unterschied-zwischen-sexy-und-sexismus/ Stand: 19.05.20
https://pinkstinks.de/wie-das-soll-sexistisch-sein/ Stand: 22.05.20
Levine, J. (2013). Untersuchung frauendiskriminierender Werbung in den Medien von 1995 bis 2013.
Krebs, F. (2009). Werbeobjekt Frau-Objekt der Begierde?: das Bild der Frau in der Werbung im     Wandel der Gesellschaft.
Fröhlich, V. (2015). Geschlechterrollen und-stereotype in der österreichischen TV-Werbung (Doctoral     dissertation, uniwien).
https://www.deutschlandfunk.de/sexistische-werbung-halbnackte-frauen-und-macho-maenner.2907.de.html?dram:article_id=456389 Stand: 22.05.20
Bild 1: https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/frauenfeindliche-werbung/aktuelles/2596-sexism-shouldn-t-sell-handlungsleitfaden Stand: 22.05.20
Bild 2: https://www.sueddeutsche.de/panorama/sexismus-was-in-der-metoo-debatte-bisher-ausgeblendet-wird-1.3840457https://pinkstinks.de/wie-das-soll-sexistisch-sein/ Stand: 22.05.20
Bild 3: https://noizz.de/news/diese-pizza-werbung-ist-jetzt-offiziell-sexistisch/y2w89h9 Stand: 22.05.20
Bild 4 & 5: https://www.n-joy.de/leben/Sexismus-in-der-Werbung-Aufruettelnde-Analyse,werbung214.html Stand: 22.05.20