Sexismus und Sexualisierung in der Werbung- Was geht da ab?

Barrierefreiheit: Kurzbeschreibung des BildesWas sagt man zu Bildern wie diesen?  In der Wissenschaft und den Medien kursieren viele Meinungen und Definitionen zum Thema Sexismus. Besonders zentral ist dabei die Art und Weise, wie Geschlechter in den jeweiligen Medien und damit auch in der Werbung dargestellt werden. In Werbungen geht es hauptsächlich darum, die jeweiligen Produkte möglichst ‚sexy‘ darzustellen, damit die Leute sie auch wirklich kaufen wollen. Dazu werden alle möglichen Tricks angewandt.
Häufig werden Bilder von Frauen und Männern in aufreizenden Posen, die sexuelle Verfügbarkeit und Begierde vorgaukeln sollen, verwendet (Sexualisierung). Ein anderer Trick besteht darin, mit Rollenklischees in scheinbar witziger Art und Weise zu spielen, damit das Produkt den Leuten in Erinnerung bleibt (Sexismus) . Eine Kombination aus Sexismus und Sexualisierung liegt dann vor, wenn eine Person beispielsweise als rein sexuelles Objekt ohne Bezug zum Produkt dargestellt wird.
Soweit zu den Begriffen. Viel wichtiger als diese Definitionen ist aber, wie Leute bestimmte Werbungen dann tatsächlich wahrnehmen. Daher haben Lena und ich einen kurzen Fragebogen mit ein paar Bildern erstellt. Diese waren entweder sexistisch, sexualisierend oder beides. Anschließend galt unser Interesse der Frage,  welche Bilder die Leute jeweils konkret sexistisch/sexualisierend/beides fanden. Dann fragten wir danach, was Sexismus generell für die Teilnehmenden bedeutet, ob Frauen und Männer gleich betroffen sind  und ob denn diese Art von Werbung überhaupt was bringt. Nun wollen wir die interessantesten Ergebnisse der Befragung mit euch teilen.

Was ist denn eigentlich Sexismus?

Eine spannende Frage. Unsere Teilnehmer*innen hatten hier ganz unterschiedliche Antworten parat. Für manche war Sexismus sehr deutlich mit Sexualisierung verbunden. Sie betonten, dass eine aufreizende Darstellung per se sexistisch sei. Andere gaben an, dass Sexismus vor allem dann vorliegt, wenn Personen auf Grund ihres Geschlechts bestimmte Eigenschaften zu- oder abgesprochen werden. Wieder andere gaben eine sehr breite Definition, indem sie Sexismus mit Diskriminierungen und Benachteiligungen in Teilbereichen der Gesellschaft verbanden.
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Zu diesen beiden Bildern  gab es besonders unterschiedliche Meinungen. Einige sahen die Smoothie-Werbung als ausschließlich sexualisierend, während andere diese direkter mit Frauen assoziierten und dadurch als sexistisch interpretierten. Auch die Duschgel-Werbung löste unterschiedliche Reaktionen aus. Einerseits wurde die Darstellung des Mannes als ‚ästhetisch‘ erlebt. Andere Befragte meinten dagegen, dass die Werbung durch ein bestimmtes männliches Schönheitsideal durchaus sexistisch sei.
Wir können hier sehr gut sehen, dass es wohl nicht ‚den Sexismus‘, sondern eher ‚die Sexismen‘ gibt. Was für wen wann sexistisch ist, hängt stark von den Einstellungen und Vorerfahrungen der jeweiligen Personen ab. Das sollten wir uns auch bewusst machen, wenn wir über das Thema diskutieren , um Missverständnisse zu vermeiden. 

Welche Unterschiede gibt es in der Wahrnehmung von Sexismus?

In unserer Befragung stellten wir, wie gesagt, fest, dass es verschiedene Vorstellungen von Sexismus gibt. Männer und Frauen haben hier in vielfacher Weise ähnliche Einstellungen. Beide Geschlechter gaben circa gleich häufig an, dass Frauen generell häufiger von sexualisierten und sexistischen Darstellungen betroffen sind. Einige Unterschiede sind uns dann aber doch aufgefallen.
Die weiblichen Teilnehmer*innen gingen verstärkt auf die Verbindung von weiblichen Stereotypen mit der Darstellung als Sexobjekt ein. Das Bild unten  zeigt ein solches Beispiel. Auch waren deren Reaktionen auf diese Darstellung negativer als bei männlichen Befragten. Auch denen schienen derartige Darstellungen von Frauen als reine ‚Dekoobjekte‘ weniger gut zu gefallen. Allerdings gingen die männlichen Teilnehmer*innen mehr auf Sexismus im Sinne der Zuschreibung von geschlechterstereotypen Persönlichkeitseigenschaften ein. Die Frau, die nicht Autofahren kann oder der Mann, der knallhart ist und keine Gefühle zeigt, fallen in diesen Bereich. Diese Unterschiede könnten mit der unterschiedlichen Betroffenheit der beiden Geschlechter in der Werbung zusammenhängen.
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Was können wir hier lernen? In der breiteren Wahrnehmung scheinen Frauen wohl nach wie vor häufiger von sexistischer, sexualisierter Darstellung betroffen. Bei der Frage aber, was genau wann und in welcher Art sexistisch ist, gibt es deutliche Unterschiede in der Art, wie Personen dies auffassen.  Außerdem setzen Personen bei der Bewertung von Sexismus unterschiedliche Akzente. Manche verbinden Sexismus vielfach mit abwertender Sexualisierung, während andere Sexismus mehr mit der Zuschreibung oder Aberkennung von Eigenschaften und Fähigkeiten verbinden.
Auch hier gilt: Genau hinschauen und genau hinhören! Wahrnehmungen von Frauen und Männern und von verschiedenen Personen unterscheiden sich hier oft deutlich voneinander. Hier ist wichtig, diese Unterschiede wahrzunehmen und anzusprechen, um einen konstruktiven Dialog führen zu können.

Ja, bringt denn diese Art von Werbung wenigstens etwas?

Aus wissenschaftlicher Sicht ist diese Frage mit einem ‚Jein‘ zu beantworten. So zeigte eine groß angelegte Studie zu sexualisierender, teils sexistischer Werbung Folgendes: Versuchsteilnehmer*innen erinnern sich bei Sexualisierung zwar mehr an den Inhalt der Werbung, aber nicht mehr an die Marke.
Das gilt vor allem dann, wenn die sexualisierte Darstellung nichts mit dem Produkt zu tun hat. Die leichtbekleidete Dame neben einer Kettensäge oder die nackten Frauen mit Bier in der Hand bringen anscheinend nicht allzu viel. Eine weibliche Befragte brachte das mit folgendem Satz gut auf den Punkt: ‚Vorsicht, vielleicht gerät die Biermarke aber in Vergessenheit, wenn alle mal gucken müssen, wie viel man da von der Brust der Rothaarigen sieht.‘ Unsere anderen Teilnehmer*innen schwanken von Unsicherheit bis zu der Idee, dass diese Art von Werbung wohl nur wenig bringt.
Aus unserer Sicht ist diese mangelnde Wirksamkeit ein guter Grund, auf sexistische oder unnötig sexualisierende Werbung zu verzichten. Der wichtigere Grund bleibt aber, dass diese Art von medialer Bewerbung dabei hilft, Rollenklischees aufrecht zu erhalten und Menschen generell auf wenige, unzureichende Eigenschaften zu reduzieren. Hier passen Forschung und Meinung der Befragten gut zusammen: Finger weg!

Genauer hinschauen und offen bleiben!

Barrierefreiheit: Kurzbeschreibung des BildesWas können wir nun aus unseren Ergebnissen lernen?   Einerseits kann man sehen, dass Sexismen in der Werbung nicht immer mit Sexualisierung zusammenfallen. Manchmal nehmen sie auch subtilere Formen an, indem etwa bestimmte Stereotype und Rollenklischees bedient werden. Andererseits sieht man, dass objektifizierende, sexistische Bewerbung die Leute nicht unbedingt dazu bringt, die Produkte zu kaufen. Sie lenken vom eigentlichen Produkt ab oder lösen direkt Abneigung aus, wenn sie als sexistisch eingestuft werden!
Außerdem scheint die Wahrnehmung von Sexismus vom persönlichen Standpunkt beeinflusst zu werden. Das kann in Diskussionen zu schnell zu Unstimmigkeiten führen, wenn man die eigenen Standpunkte nicht überdenkt und darlegt. Solltet ihr also in eine Diskussion zu dem Thema geraten, bleibt und ruhig und versucht, die Ideen der anderen Personen zu verstehen!
Liebe Grüße, Florian 🙂

Literatur und Bildquellen

  • https://jup.berlin/ChiaSamenErregenDieMenge
  • https://pinkstinks.de/kennt-ihr-den-unterschied-zwischen-sexy-und-sexismus/
  • https://stock.adobe.com/at/images/enlarged-eye-of-tax-inspector-looking-through-magnifying-glass/111306529
  • http://www.genuss-fee.at/wp-content/uploads/Neues-Bild269.png
  • https://www.flickr.com/photos/tine_stone/4814397211
  • http://www.purpurr.at/wp-content/uploads/2016/12/1244494968712.jpg

  • Wirtz, J. G., Sparks, J. V., & Zimbres, T. M. (2018). The effect of exposure to sexual appeals in advertisements on memory, attitude, and purchase intention: a meta-analytic review. International Journal of Advertising, 37(2), 168–198.